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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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fragte Ruben.
    Peregrin Aber nickte erneut. Er wollte Ruben den kleinen Mönch zeigen, er barg ihn ja immer noch an der Brust, aber seine Hände waren wie vom Starrkrampf befallen.
    »Wo ist er hin?« Ruben machte jetzt einen äußerst entschlossenen Eindruck.
    »I… ich habe diese Figur!«, stieß Peregrin Aber hervor und streckte Ruben unter äußerster Anstrengung die Hand hin.
    Rubens Augen blitzten, als er den kleinen Mönch entdeckte. »Großartig«, murmelte er und über seine verhärmten Züge huschte ein Lächeln. »Prinz! Doktor! Klettern Sie auf den Tisch! Wir dürfen keine Zeit verlieren!«
    Der Advokat gehorchte unmittelbar. Auf steifen Beinen stakste er zum Tisch und ließ sich von Ruben hinaufhelfen. Leopold hockte sich auf die Tischplatte, als bestiege er einen Thron.
    »Trut?«, rief Ruben.
    Quietschend setzte sich das höllische Gerät in Bewegung. Mit zitternder Hand stülpte sich Peregrin Aber den Zylinder über. Erst als seine Nase auf Höhe des Fußbodens war, fiel sein Blick auf Alma. Lang auf das Parkett gestreckt lag sie da, Irmingasts letzte, leblose Gefangene.

Das 41. Kapitel
Der Spinnenpalast
    Die Spinne war bis zum äußersten Ende des zitternden Halms geklettert. Dort oben streckte sie sich, als stünde sie auf Zehenspitzen. Ein ganzes Bündel hauchfeiner Fäden trat aus ihrem winzigen Körper aus, bis ein durchscheinendes Seidenband wie ein Schleier im Wind wehte. Die unmerkliche Brise kam vom Wasser her. Zwei-, dreimal prüfte die Spinne ihr flüchtiges Segel, dann ließ sie los. Die warme Luft trug sie himmelwärts und trieb sie schließlich auf den Spinnenpalast zu. Bloß für einen Augenblick war Jonas von dieser Winzigkeit gebannt.
    »Es ist Zeit«, knurrte der Wieflinger und stemmte die Hände in die Hüften. »Worauf wartest du?«
    »Auf nichts.« Jonas stand auf – der Grashalm, der eben noch eine ganze Welt bedeutet hatte, wurde zu einem unter unendlich vielen.
    Der Spinnenpalast grüßte mit hauchdünnen Fahnen. Alle Netze, die ihn überspannten, bebten im Wind. Kein noch so schmaler Pfad führte zu diesem rätselhaften Gebäude, ringsum war bloß die tiefgrüne Wiese. Niemand, dachte Jonas, ist je von hier bis dort gegangen, kein Weg führt zu keiner Tür.
    Einen Torbogen gab es zwar noch, dort aber, wo die Torflügel hätten sein müssen, spannte sich ein gewaltiges Spinnennetz, rund wie ein Rad. Eine Weile betrachtete Jonas die langen, glitzernden Fäden, dann schob ihn der Wieflinger weiter.
    Schließlich standen sie am Eingang.
    »Jetzt liegt es an dir«, sagte der Räuber.
    Jonas sah an der Ruine hinauf. Wie Haut spannten sich die feinen Netze über die Mauern. Zerstörte, vom Wind verwirbelte Spinnweben baumelten herab wie Zöpfe aus Staub. Heerscharen winziger Spinnen huschten kreuz und quer über den Stein.
    »Du kommst nicht mit?«, fragte Jonas.
    Der Wieflinger schüttelte den Kopf. »Das ist deine Sache.«
    »Was soll ich dort?« Jonas wies auf das riesige Rad zwischen den Torpfosten. Eine große Spinne hockte reglos auf einem der Fäden.
    Der Wieflinger blies die Backen auf. »Was für eine Frage, Jonas Nichts!«, stöhnte er. »Antwort sollst du bekommen! Was sonst?«
    »Antwort von wem?« Vom Torbogen seilte sich eine nächste Spinne ab, klein, an einem haarfeinen Faden.
    »Weiß ich es?«, sagte der Wieflinger ungehalten. »Ruben hat dich hergeschickt. Und da bist du.«
    »Aber …«
    »Aber was zum Teufel? Als Ruben gefangen genommen wurde, hat er seine letzten Worte dafür ausgegeben, dich hierherzuschicken. Ist ohnehin eine Schande, dass du dir so viel Zeit gelassen hast. Er wird sich etwas dabei gedacht haben, oder?«
    Jonas nickte mit gesenktem Kopf.
    »Ab mit dir!« Der Wieflinger gab ihm einen Schubs und Jonas stolperte auf das große Spinnenrad zu. »Jetzt geh schon!«, rief er, als Jonas vor dem großen Netz zögerte. »Geh!«
    Jonas überwand sich. Er tat den einen Schritt. Das Rad riss. Gleich klebten ihm die Spinnfäden im Gesicht. Er spuckte, Spinnweben klebten an seiner Lippe. Viel zu spät riss er schützend die Arme hoch.
    »Nicht so zimperlich!«, rief der Wieflinger.
    Jonas wischte sich über das Gesicht, schüttelte die klebrigen Fäden von den Fingern und ging weiter.
    Nackte, harte, kaum bewachsene Erde im Hof. Dort, noch ein ganzes Stück entfernt, stand die Blutbuche. Zwischen ihren dicken Ästen spannten sich dichte, glitzernde Fangnetze.
    Rings um den Stamm des Baums lagen Mauerreste, manche dunkel bemoost, alle durch dichte, vor

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