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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Was für eine Flüsterstadt? Was für ein Marquis? Ole log. Er musste lügen. Es konnte einfach nicht sein, dass sie erwartet wurden.
    Jonas’ Gesicht fühlte sich plötzlich an, als wäre es aus Holz. Ob Grimbert gerade prüfte, ob er auch wirklich wahrscheinlich aussah? In der Dämmerung würden Jonas’ verschiedenfarbige Augen hoffentlich nicht auffallen. Und selbst wenn – er war doch wahrscheinlich, durch und durch.
    »Und das soll ich dir glauben?« Der General starrte auf Oles wirren roten Haarschopf hinab. »Kannst du beweisen, was du da sagst?«
    Ole sprach immer noch leise, aber seine Stimme hatte nun etwas Trotziges, beinahe Drohendes. »Der Marquis wird es beweisen«, presste er heraus. Ole versuchte seinen Unwillen zu verbergen, aber Jonas spürte ihn doch. Es fiel Ole schwer, dem Blick des Generals auszuweichen. Jonas fiel es leicht. Er war nicht stolz, jedenfalls nicht so wie Ole.
    »Das«, sagte Grimbert, »werden wir ja sehen.« Seine Hand schwebte schon über Oles schmaler Schulter, aber sie packte nicht zu.
    Über die Allee in ihrem Rücken kamen eilige Schritte. Jonas hörte ein atemloses Keuchen.
    »Was willst du hier?«, fragte Grimbert über ihre Köpfe hinweg. Er klang überrascht. Seine Hand hielt er immer noch ausgestreckt.
    Jonas drehte sich um, gerade als der Trabant zum Stehen kam. Er sah wie einer von Leopolds Spielgefährten aus, nur trug er statt des schmucken Rocks über den weißen Strümpfen und Schnallenschuhen eine große, mit Flecken übersäte Küchenschürze. Sogar seine Perücke zierte ein großer, brauner Saucenfleck.
    »Ich bitte untertänigst um Vergebung, General. Ganz untertänigst um Vergebung. Ich bin untröstlich, Euch zu stören! Ich bin zerknirscht!« Der Trabant katzbuckelte unaufhörlich.
    »Ja, ja. Schon gut«, knurrte Grimbert. »Was bringst du?«
    Der Trabant richtete sich zögerlich auf, schaute einmal vorsichtig in die Runde und strich sich dann die schmutzige Schürze glatt. »Ich …«, fing er an.
    »Jetzt red schon!«
    »Ich bringe ein Bi… ein Bi… ein Bi-Bi-Bi…«
    »Ein Billet ?« Grimberts Blick durchbohrte den Trabanten förmlich. Am liebsten hätte Jonas den armen Tropf bei der Hand genommen.
    »Genau!«, stieß der Trabant hervor.
    »Von wem?«
    »Von … also …« Der Trabant warf Jonas einen Hilfe suchenden Blick zu. »Also, das Billet ist gar nicht für Euch, Herr General … Generalissimus. Bitte untertänigst um Verzeihung. – Vergebung. – Nachsicht. Das Bi-Bi-Bi…« Er ruckte mit dem Kopf wie ein pickendes Huhn. »Also, der Brief ist für den jungen Herrn hier.« Er verbeugte sich vor Ole.
    Der hielt den Kopf zwar immer noch gesenkt, grinste aber schon wieder sein Ole-Grinsen.
    »Aha«, sagte Grimbert verstimmt. »Und wer schickt dich?«
    »Der Marquis de Lunette«, antwortete der Trabant eifrig. »Er nennt mich seinen Hermes. Seinen Hermes. Ich erledige die Botengänge für ihn.« Er verbeugte sich wieder, diesmal allerdings nicht ohne Stolz.
    »Dann mal her mit dem Billet!« Grimberts kräftige Hand wanderte von Oles Schulter bis vor die bekleckerte Brust des Trabanten. » Ich werde es öffnen.«
    Der Trabant sah zu Ole hinüber, und erst, als der nickte, pulte er unter seiner Schürze nach einem vielfach gefalteten, winzigen Brief. »Bitte sehr, General … Generalissimus. Ich bitte noch einmal untertänigst, ergebenst um Verzeihung. Wegen der Störung … Ich bin zerknirscht !« Vor lauter Verlegenheit griff er nach seiner Perücke und langte genau in den großen Saucenfleck. Die schmutzige Hand wischte er an der Schürze ab.
    Grimbert brach das kleine rote Siegel und entfaltete den Brief. Stirnrunzelnd las er, erst leise, dann laut. » Lieber O «, las er und verzog dabei abfällig die Mundwinkel. »Was für eine schöne Überraschung! Habe dich durchs Fernrohr gesehen. Erwarte dich. Dein Freund Lunette .« Grimbert ließ den Brief sinken. »Wer ist O?«
    »Ich«, sagte Ole. Er schaute noch immer nicht auf.
    »O?«, knurrte Grimbert.
    »Ottokar«, log Ole. Warum nannte er nur einen falschen Namen?
    »Aus der Flüsterstadt, sagst du?«
    »Ja.«
    »Und dein Freund?« Das Misstrauen in Grimberts Stimme war unüberhörbar.
    »Auch«, sagte Ole.
    »Hm.« Grimbert reichte Ole den Brief. »Von mir aus könnt ihr gehen. Los! Geht schon!«
    Der Trabant verbeugte sich noch einmal. Ole war schon zwei, drei Schritte weit auf der Allee Richtung Schloss, da fiel Grimbert offensichtlich noch etwas ein.
    »Warte mal!«, brummte er und fasste

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