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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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allem Anfang an zusammen. Die Sieben , Jonas – es war eine schöne Zeit. Core, könnte man wohl sagen, war die Seele unserer Gemeinschaft. Oder das Herz? Einerlei, wie man es sagt.« Lunette lächelte.
    Jonas schloss die Augen und sank in sein Kissen zurück. Lunettes Stimme war jetzt ganz nah.
    »Die anderen waren Fiet Finger, ein kleiner Junge; Suleman Mond, ein tapferer Krieger aus dem Morgenland; Faramund, ein Mönch; Grimbert und Leopold sowie meine Wenigkeit. Ich hab es noch vor Augen, wie Faramunds Kutte damals über das Gras schleifte. Oft sprengte Suleman voran und kam zurück, um Bericht zu erstatten. Offiziell war Leopold unser Anführer – damals war er noch König –, aber eigentlich war es immer Core, die weiterwusste. Mein Gott! Das ist Jahrzehnte her!«
    Jonas hörte Lunette den Stuhl verrücken, aber er sah nicht hin. Ihn beschäftigten andere Bilder. Er sah Grimbert, Leopold und den Marquis über die Wiesen streifen, über die auch er gelaufen war. Und seltsamerweise konnte er sich auch Suleman Mond und Fiet Finger vorstellen. Nur von Faramund und Core hatte er kein Bild.
    »Wie auch immer.« Lunette seufzte. »Wir zogen durch Kanaria und immer weiter und schließlich gründeten wir Callamaar. Unsere Stadt. Unsere Haupt stadt. Wir bauten einen Palast für Leopold, viele, viele Häuser und eine Sternwarte für mich. Viele Jahre habe ich dort gelebt. Und wir wurden immer mehr. Wir wuchsen ! Alben, Fängge, Faune, Monokel und Wichte zogen in die Stadt. Ich erinnere mich noch an den Tag, als Krempel kam.«
    Jonas riss die Augen auf. Er wusste nicht, was Alben, Fängge, Faune waren. Aber … Krempel!
    »Ja, ja«, sagte der Marquis. »Ich habe seinen Steckbrief in deiner Jacke gesehen. Aber damals gab es noch keine Kaiserin, und dieses hässliche Gerede, ob jemand wahrscheinlich ist oder nicht, das gab es auch nicht. In Callamaar wurden keine Prozesse geführt, Jonas. Und wenn einmal ein Unglück geschah, dann griffen die Schutzgeister ein.«
    »Die …?«
    »Die Schutzgeister – damals hatten sie uns noch nicht verlassen. Wir hatten Tempel für sie gebaut, einen für Ai und einen für Cai. Heute liegen die Tempel in Schutt und Asche.«
    »Was sind Schutzgeister?« Jonas hatte das Wort schon einmal gehört. Ole hatte es erwähnt, im Zusammenhang mit dem Hirten. Er biss sich auf die Lippen.
    Lunette zuckte mit den Schultern. »Das geht weit über meinen Horizont hinaus, Jonas. Schutzgeister sind gute Geister, im Großen und Ganzen. Manchmal zürnte Ai, so sagten jedenfalls die Leute, aber den Schaden, den Ai anrichtete, machte Cai wieder gut. Insbesondere Core war von Ai bedroht, aber Core sei, hieß es, Cais Liebling, und deshalb konnte Ai ihr nichts anhaben. Wir lebten also in Frieden. Bis Ai und Cai stritten – bis der einen nicht mehr gefiel, was die andere tat. So zumindest haben wir es uns erzählt. Du musst verstehen, Ai und Cai sind – waren – eine Sache des Glaubens. Man konnte sie nicht sehen, und doch wachten sie über Callamaar. Und ich glaube, Cai wachte auch noch über die Ferne.«
    »Die Ferne?«
    »Du hast noch nicht von ihr gehört?«
    »Nein.«
    Der Marquis schloss für einen Moment die Augen. »Ein wildes, weites Land«, sagte er. »Dorthin brachen sie auf, sobald Ai und Cai einander zürnten und sich nach und nach alles zum Schlechten wendete. Nicht nur die Götter stritten, musst du wissen, auch wir Sieben. Oder vielleicht stritten nur wir Sieben und gaben Ai und Cai die Schuld. Jedenfalls trennten wir uns. Und Core, Suleman und Fiet zogen in die Ferne.«
    Jonas dachte an den eingefriedeten Grabstein unter der Weide vor seinem Fenster in Wunderlich. Schau in die Ferne , stand darauf. Clara war nicht nur in Callamaar gewesen. Sie war überall gewesen! Bestimmt auch in Kanaria.
    Lunette sprach weiter. »Leopold, Grimbert, Faramund und ich wiederum gingen nach Kanaria. Ich weiß nicht einmal, warum ich mitging. Core war mir so viel näher als Leopold, und obwohl ich den alten Grimbert eigentlich ganz gern mag, konnte ich Faramund doch nie leiden. Damals schon nicht. Aber ich ging eben doch. Vielleicht, weil ich bequem war. Wildnis ist nicht gerade nach meinem Geschmack. Ich weiß es nicht.« Der Marquis war ganz in seine Erzählung versunken. »Wir bezogen das Schloss und die Kaiserin setzte sich selbst die Krone auf. Leopold hat sehr darunter gelitten – er tut es noch.«
    »Woher kam die Kaiserin?« Es war jetzt taghell. Jonas lauschte mit wachsendem Unbehagen. Es war die

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