Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts
Absätze 3 bis 9347 durch Höchsten Kaiserlichen Beschluss bis auf weiteres fest. «
Lunette drehte sich zu Jonas um, seine Schminke war makellos, ein Panzer aus Puder und Rouge. »In dem Buch da«, raunte der Marquis, »stehen alle 9347 Dinge, die unwahrscheinlich sind. Alles, was nicht sein soll.«
Jonas nickte, ohne wirklich zu verstehen, und ließ Lunettes sorgenvollen Blick an sich abperlen. Er knetete seine Hände. Wo blieb Ruben? Würden sie ihn nicht herbringen?
Der Oberste Richter klappte sein dickes Buch geräuschvoll zu.
Alma sah befriedigt auf ihn hinab. »Man schaffe den Angeklagten herbei«, bellte sie dann.
Ganz am anderen Ende der Traube teilte sich die Menge. Rufe wurden laut, hässlich verzerrte Trabantenstimmen.
»Strauchdieb!«
»Bandit!«
»In den Kerker mit dir!«
Jonas reckte den Hals, bis er Ruben endlich sah. Die Tränen, die ihm jetzt in die Augen stiegen, waren alles zugleich – Trauer, Wut und Glück. Er hatte ihn gefunden, Ruben war ganz nah – und doch ferner vielleicht als je zuvor. Aber er war heil! Rubens Hände, sogar seine Füße lagen in Ketten, was seine Schritte kurz machte, doch er ging aus eigener Kraft, sehr aufrecht, den Kopf hoch erhoben. Das halblange, jetzt wirre Haar hatte er hinter die Ohren gestrichen und sein Hemd war schmutzig. Aber es war der alte Ruben, einen Kopf größer als die beiden Soldaten, die ihn begleiteten.
Oles Hand hatte sich fest um Jonas’ Arm geschlossen, sogar der Hermes drehte sich jetzt zu ihm um. Doch Jonas nickte bloß, mit hartem Mund, den Blick fest auf seinen Freund gerichtet.
Ich beschütze dich.
Der Oberste Richter betrachtete den Angeklagten, als wüsste er auf einmal nicht mehr recht weiter. »Name?«, krächzte er schließlich.
Ruben sah ihn unverwandt an – ohne zu antworten.
Der Richter legte beide Hände auf sein dickes Buch. Er räusperte sich. »Ist Er ein Fängge? Albe? Faun?«
Keine Reaktion von Ruben.
Alma saß jetzt wie versteinert auf ihrem Thron, nur ihre Mundwinkel zuckten.
»Der Angeklagte spricht nicht«, krähte einer der beiden Soldaten.
Der Oberste Richter nahm das ausdruckslos zur Kenntnis. »Ich rufe als Zeugen den General Grimbert«, fuhr er mechanisch fort.
Die Menge teilte sich wieder, als Grimbert nach vorn drängte, aber Jonas hatte nur Augen für Ruben. Wieso sprach er nicht? Er konnte doch sprechen! Jonas hatte seine Stimme doch gehört!
Grimbert hatte jetzt den Platz erreicht, warf einen vorsichtigen Blick auf Ruben und baute sich dann vor den Richtertischen auf. Jonas sah nicht viel mehr als sein breites Kreuz, über das sich der Uniformstoff spannte, und den kantigen Schädel des Generals.
»Ist das Euer Gefangener, General?«, fragte der Oberste Richter.
»JAWOHL!«, donnerte Grimbert.
»Und sein Name?« Der Oberste Richter beugte sich vor.
»UNBEKANNT«, gab Grimbert zurück. »Wir haben ihn vor drei Nächten aufgegriffen. Er hat versucht zu fliehen.«
»Aha«, sagte der Oberste Richter. »Und dabei hat er die Höchste Kaiserliche Majestät beleidigt?«
Grimbert zögerte einen Moment. »Nun …«, sagte er.
»Hat er? Oder hat er nicht?«
»Also …«
»Ja oder nein?«
Grimbert senkte den Blick. »Nein«, sagte er schließlich mit gedämpfter Stimme. »Der Mann ist wahrscheinlich.« Er stockte. »Würde ich sagen.«
Jonas sah zu Alma hinauf. Ihre Augen funkelten vor Zorn. »Unsinn«, keifte sie dann los. »Unsinn!« Das Blut war ihr ins Gesicht gestiegen. »Frag Er doch, ob der Angeklagte gesprochen hat«, zischte sie dann dem Obersten Richter zu. » Gesprochen! Hat der Angeklagte gesprochen? Frag Er das! Los! Los!«
Der Oberste Richter duckte sich wie unter Peitschenhieben. »Ha-Ha-Hat …«, stotterte er dann los, »ha-ha-hat der Angeklagte gesprochen , General?«
»JAWOHL!« Grimbert hatte seine Kaiserin verständnislos beobachtet. »Bei seiner Festnahme hat er etwas gerufen. Danach aber nichts mehr. Keinen Ton. Schweigt wie ein Grab, der Mann.« Er sah verunsichert zum Thron hinauf.
Alma hielt es jetzt nicht mehr auf ihrem Platz, sie stemmte sich hoch, das Gesicht verzerrt. »Hört ihr?«, rief sie in die Menge. »Der Angeklagte hat gesprochen ! Es sind Worte aus seinem Mund gekommen.« Sie machte eine bedeutungsschwere Pause. »Und jetzt hört eure Kaiserin!« Sie hob den Arm, Speichel regnete aus ihrem Mund, als sie fortfuhr. »Denn dieser Mann …«, geiferte sie. »Dieser Mann …« Mit einem zitternden Zeigefinger wies sie auf Ruben. »… ist stumm ! Schäbige
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