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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Faschinger
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nach Gras, nach Laub.
    Stefan neigte das Glas und roch am Wein. »Wie grüne Äpfel, das Bouquet«, sagte er, nahm einen Schluck und behielt die Flüssigkeit lange im Mund. »Wirklich nicht schlecht für einen Amateur, ich bin stolz darauf.« Dann hielt er mir das Glas entgegen. »Trinken wir auf unser Wiedersehen, Sissi.« Emma ignorierte er.
    Wir stießen miteinander an. Wie ein Heiligenschein umrahmten die vielen Fotos, die an der Wand hinter ihm hingen, Stefans Kopf. Regina und er in dicken weißen Pullovern und mit Sonnenbrillen vor einer ausgedehnten Eisfläche, dahinter ein schneebedeckter Vulkan. Das musste auf der Reise nach Island gewesen sein, zu der sie sich spontan in einem ungewöhnlich heißen August entschlossen hatten. Regina im Bikini an einem Strand, ein langes Bein ausgestreckt, das andere angezogen, die Arme hinter sich im Sand abgestützt, den Kopf in kokett schräger Haltung. Regina und Stefan eingehängt und lachend in roten Windjacken mit übergezogener Kapuze im Sprühregen eines Wasserfalls, über ihnen im Dunst ein Regenbogen. Regina, die schwarzen Haare ins gebräunte ovale Gesicht mit der schönen hohen Stirn geweht, in einem leichten, hellen Sommerkleid, an eine Steinbrüstung am Wasser gelehnt, hinter ihr Holzpfähle und jenseits der Wasserfläche die Silhouette der Giudecca. Regina und ich an einem Holztisch mit Essensresten auf einer mit groben grauen Steinplatten ausgelegten Terrasse sitzend, den Fotografen anlächelnd. Korsika.
    Stefan bemerkte meinen Blick.
    »Weißt du noch?«, fragte er. »Das Dorf auf dem Hügel in der Nähe von Calvi? Wir hatten dieses wunderbare alte Steinhaus gemietet, mit dem weiten Blick auf die Berge und das Meer. Sobald es dämmerte, kamen die Fledermäuse.«
    »Ja«, sagte ich. »Weiß ich noch.«
    Emma stand auf und ging zu einem Regal, das an einer Schmalseite des Zimmers über einem CD -Player an der Wand angebracht war. Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken und betrachtete die Reihen der CD s.
    »Deine Freundin langweilt sich«, stellte Stefan leise fest.
    »Wundert dich das?«, fragte ich. »Du beachtest sie überhaupt nicht.«
    Er überging meine Bemerkung, wandte sich halb um und deutete auf ein Foto.
    »Und das hier? Kannst du dich daran erinnern?«
    Regina und ich nebeneinander in einem Ruderboot auf einem See. Sie sitzt kerzengerade auf der Ruderbank und lässt die rechte Hand ins Wasser hängen. Ihr langes Haar ist im Nacken zusammengefasst, die sehr hellen Augen blicken in die Kamera. Ich habe den Arm um ihre schmalen Schultern gelegt und schaue sie an. Die Sonne steht schräg, das Licht ist goldgelb, erleuchtet unsere Gesichter, macht sie fremd.
    »Das war am Ortasee«, gab er sich selbst die Antwort, »nach der Wanderung im Aostatal, wir ruderten auf diese kleine Insel hinaus. Wo wir den Flötenspieler hörten. Erinnerst du dich?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Natürlich erinnere ich mich.«
    Emma hatte eine CD aus dem Regal gezogen und drehte sich um.
    »Darf ich?«, fragte sie.
    »Klar«, sagte Stefan, ohne den Blick von mir abzuwenden. Dann strich er leicht über das Tischtuch.
    »Dein Hochzeitsgeschenk«, sagte er. »Ich habe es zur Feier des Tages aufgelegt.«
    »Ja«, sagte ich. »Es ist mir nicht entgangen.«
    Plötzlich war der Raum von Reginas Stimme erfüllt, ihrem eher dunklen, vibrierenden Timbre. Es verstörte mich, ich begriff nicht sofort, woher die Stimme kam. Stefan fuhr hoch und hielt sich am Tisch fest. Das halbvolle Glas vor ihm fiel um, der Wein breitete sich in einer länglichen dunklen Figur über die bunte Tischdecke in meine Richtung aus.
    »Was –«, flüsterte er.
    »In dämmrigen Grüften träumte ich lang«, sang Regina. Es war die CD mit Liedern von Richard Strauss, ihr erster Erfolg. Ihr Gesang war gleichzeitig angestrengt und mühelos, gespannt und schwebend, befangen und frei.
    Emma stand mit der CD -Hülle in der Hand neben dem Player, ihr Blick ging zwischen Stefan und mir hin und her.
    »Ich wollte nur –«, sagte sie.
    »Machen Sie die Musik aus!«, rief Stefan.
    Wir hatten das Erscheinen der CD zu dritt mit einem Essen im Oswald & Kalb in der Bäckerstraße in Wien gefeiert. Regina hatte ein enges schwarzes Kleid mit rechteckigem Ausschnitt und die Halskette mit dem großen ovalen, milchig weißen und zart bläulich schimmernden Mondstein getragen, die Stefan ihr zu dem Anlass geschenkt hatte. Wir waren bester Stimmung gewesen und hatten auf unsere Freundschaft getrunken.
    »Liebe macht die

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