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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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stimmen.
    »Ich bin …«
    Dr. Dariusz legte ihr einen Finger auf den Mund.
    »Pssst!«
    »Die Gargylen haben sie verloren.«
    Da war noch jemand im Raum. Aurora hatte seine Präsenz schon vorher gespürt. Im Hintergrund hielt sich diese Gestalt.
    »Dr. Lazarus«, hörte das Mädchen des Doktors Stimme.
    »Sie ist im Getümmel der Métro entwischt.«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Soll ich …?«
    Dr. Dariusz wirkte mit einem Mal ungehalten. »Schweigen Sie still, Lazarus. Miss Manderley ist gerade erst zu sich gekommen.« Dann setzte er das Lächeln in seiner Stimme auf. »Wir wollen sie doch nicht mit Geschichten beunruhigen, die nichts sind als Hirngespinste.«
    Aurora versuchte den Kopf zu drehen.
    Was ihr nicht gelang.
    Sie kannte diese Stimme.
    Sie klang älter.
    Und doch …
    »Die Spiegel warten«, sagte Dr. Lazarus.
    »Sollen sie. Gibt es Neuigkeiten?«
    Lazarus sagte: »Einige von ihnen sind nach Paris gekommen.«
    Bedeutete das, dass sie sich immer noch in Paris befand? Aurora blinzelte und versuchte erneut, die Augen zu öffnen. Das gleißende Licht blendete sie.
    Das Gesicht des Doktors erschien über dem Bett wie ein Schattenriss. »Es wird nötig sein, Miss Manderley, Sie noch ein wenig schlafen zu lassen.«
    »Fitzrovia«, entgegnete Aurora wütend. »Aurora Fitzrovia.« Den Namen auszusprechen, kam einer geheimen Zauberformel gleich. Es ließ sie an der Wirklichkeit festhalten. Beharrlich. Verzweifelt.
    »Sie glauben es also immer noch.«
    Das Mädchen schwieg.
    Die trockene Kehle kratzte.
    Aurora spürte, wie kalte Finger sich um ihr Handgelenk schlossen und eine weitere Kanüle unter ihre Haut geschoben wurde.
    »Wie lange noch«, fragte der Mann, den der Doktor Lazarus genannt hatte, »werden die Transfusionen sie schützen?«
    Dr. Dariusz antwortete schnippisch: »Lange genug«, und Aurora fragte sich, was er damit gemeint haben könnte.
    Schützen?
    Wovor?
    Sie spürte, wie ihr die Lider schwer wurden.
    Träume bemächtigten sich ihres Bewusstseins, führten sie in eine Bilderwelt, die schön und Furcht erregend war. Wo Vergangenheit und Gegenwart eins wurden. Ägypten, dachte sie, ist ein schönes Land. Es wäre meine Heimat gewesen, hätte man mich nicht fortgebracht. Wäre da nicht die Frau gewesen, die sich meiner angenommen und mich nach England gebracht hatte. Ägypten, das so weit entfernt war und in ihren Träumen immer öfter erschien, wie eine Fata Morgana, so hell und unwirklich und angefüllt mit Geräuschen, die Aurora bekannt vorkamen, obwohl sie dies doch eigentlich gar nicht hätten tun dürfen.
    Emily.
    Hatte sie damals gefunden.
    In der Mädchentoilette von Rotherhithe.
    Seitdem waren sie Freundinnen.
    Doch da war mehr.
    Aurora spürte es.
    Trotz der Flüssigkeit, die ihr Vergessen und Benommenheit einflößte.
    Emily, deren Bewusstsein sie im Traum berührt hatte. Da waren Bilder gewesen, deren sich ihre Freundin bedient hatte. Ja, Emily war für kurze Momente in dem Haus, das ihr Verstand war, umhergewandert und hatte sich die Bilder angesehen, die dort die Wände zierten. Bilder, auf denen man Fegefeuer sah und Gargylen. Ein Bild, das Dr. Dariusz gezeigt hatte.
    Und wenn dies so war, dann …
    Dann?
    Dann, was?
    Wusste Emily, dass Aurora noch lebte?
    Kam sie hierher?
    Um sie zu retten?
    Die beiden Ärzte sprachen noch miteinander, doch verschwanden die Worte immer mehr im Nebel der Droge, die man dem Mädchen verabreichte.
    Aurora schlief und träumte.
    Und in dem Traum, da sah sie eine Sonne.
    So strahlend hell.
    Wunderschön.
    Die Sonne, die über einem fernen Land aufging.
    Einem Land, das einst ihre Heimat gewesen war.
    Und insgeheim spürte sie, dass es diese Sonne war, die sie mit Dr. Dariusz verband, und dass sie hier war, in diesem Raum, weil sie mit den Augen eines Kindes jene Sonne in dem fernen Land hatte aufgehen sehen.
    Damals.
    Vor London.
    Und den Träumen.
    Die sie bei der Hand nahmen.
    Und entführten.

Kapitel 11
Le cinéma blanc

    Durch Brunnenschächte und Kontrollstationen, Kalksteinstollen und Sammelkanäle folgten sie dem unermüdlich leuchtenden Irrlicht. Leitern hinauf und Wendeltreppen hinunter, über schmale Laufgitter und rutschige Planken, die entlang der Abwasserkanäle verlegt worden waren, um den Arbeitern, die sich nur selten in diese Regionen zu verirren schienen, die Begehung zu erleichtern.
    Sowohl Adam als auch Emily waren sehr schweigsam.
    Doch schließlich erzählte Emily ihrem Begleiter von den Dingen, die sich damals in London

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