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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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nicht zu fürchten. Ich bin einer von den Guten.
    »Das«, murmelte Tristan Marlowe, »ist schön.«
    Aurora und Neil umarmten einander immer noch.
    »Sie müssen Neil Trent sein«, mutmaßte Tristan Marlowe, der von den Dingen, die einst geschehen waren, gehört hatte. Bruchstücke nur, doch immerhin.
    Und so erzählte Neil zum zweiten Mal an diesem Tag die Geschichte, die er zu erzählen hatte.
    »Ich habe es immer gewusst. Dass du nicht tot bist, wie alle sagten«, flüsterte Aurora überglücklich.
    Dann erzählte er vom Treffen in White City.
    Von den Dingen, die er erfahren hatte.
    »Was ist mit Master Wittgenstein und Miss Laing?«, wollte Marlowe wissen.
    »Sie befinden sich auf dem Weg nach Manderley Manor.«
    Aurora fragte sich, wie weit es von White City bis zum Museum war.
    »Sie sind wohl schon dort.«
    Marlowe schien von dieser Entwicklung der Dinge wenig begeistert zu sein.
    »Kann sein.«
    Seine Finger spielten mit dem silbernen Knauf des Stocks. »Ich habe da ein ganz mieses Gefühl.«
    »Master Wittgenstein ist sich sicher, dass Mushroom Manor hinter alldem steckt.«
    Londons Efeu waberte zwischen den Regalreihen umher. Sah oben aus den Fenstern hinaus und suchte in dem Dämmerlicht, das die Laternen draußen in den Schnee malten, nach fremden Nebeln.
    »Vielleicht«, sprach Tristan Marlowe es aus, »ist dies eine Falle.« Die Fakten waren nur Bruchstücke in einem Puzzle, das sich viel zu langsam zusammensetzte.
    Lord Gabriel.
    Die Black Friars.
    Der Nyx.
    »Sie denken wieder an das, was in Troja geschehen ist.«
    Er betrachtete seinen Gehstock. Drehte leicht am Knauf. Zog die Klinge, die in dem Stock steckte, leicht nach oben. »Man sieht manchmal nur das, was man sehen will.« Er ließ die silbern glänzende Klinge wieder verschwinden, und der Gehstock war wieder nichts weiter als das, was er zu sein vorgab. »Was, Aurora, sehen wir wirklich?«
    Draußen schüttelten fette Wolken das schwebende, flockige Weiß aus, und wie London, das sich unter einer Decke aus Schnee versteckte, verhüllte die Stille zwischen Aurora, Neil und Tristan die Antwort auf die Frage, die der Wahrheit so nah war, wie es eine Frage nur sein konnte.
    »Dort ist es.«
    »Ich bin nicht blind.« Sie wickelte den Schal enger um den Hals.
    »Sie müssen nicht mitkommen«, stellte ich klar.
    Emily sah mich an, und da war sie wieder das Kind, das ich einst am Fuße der Rolltreppe getroffen hatte. »Doch«, sagte sie mit fester Stimme, »ich muss dorthin gehen.« Leise, flüsternd, fügte sie hinzu: »Das ist ja das Schlimme.«
    »Ich weiß.«
    In der vergangenen Nacht, da hatte Emily erneut von Manderley geträumt.
    Vor dem eisernen Tor hatte sie gestanden, und dann, wie es den Träumenden möglich ist, war sie einfach hindurchgeschlüpft und den langen Weg hinaufgegangen, an den Bäumen, die kahle Gerippe waren, entlang und an dem Brunnen vorbei, dessen große Fontänen zu Eis gefroren waren, weiter und weiter, bis sie endlich vor dem Bauwerk aus einstmals rotem Backstein gestanden hatte. Eine grauschwarze Färbung hatten die Wände in all den Jahren angenommen, und dichter Efeu rankte wild wuchernd an ihnen empor. In den großen Fenstern tanzten die Schatten, und die gotischen Erker schienen Geheimnisse zu bergen, die sie nimmer preiszugeben bereit waren.
    Dies war der Ort, an dem sie geboren worden war.
    Das Haus, in dem ihre Schwester lebte.
    Die kleine Mara, die nun gar nicht mehr so klein war. Acht Jahre alt immerhin schon.
    Jetzt standen wir vor dem riesigen Portal, das ein Monstrum aus gusseisernen Fabelwesen war, die, alle ineinander verwoben, ein undurchdringliches Geflecht bildeten, hinter das zu schauen den meisten Menschen auf ewig verwehrt bleiben würde.
    Noch gut erinnerte Emily sich an den Tag, an dem sie diesen Weg zum ersten Mal beschritten hatte.
    Wie viel seither doch passiert war.
    Die Wachen am Tor ließen uns eintreten und meldeten den Besuch im Haus an.
    Den Weg über das Anwesen legten wir schweigend zurück, und die Dinge waren noch genauso wie in dem Traum, an den Emily sich nur noch undeutlich zu erinnern vermochte.
    Dann waren wir da.
    Ein übellauniger Butler ließ uns eintreten.
    Kühl war es im Haus.
    Die filigrane Wendeltreppe, welche die Eingangshalle beherrschte, und die mannshohen Gemälde, von denen die meisten die Ahnen aus dem Geschlecht der Manderleys zeigten, wirkten einschüchternd auf den Besucher, der in die schattenhafte Welt hineingebeten wurde. Runenähnliche Symbole zierten die

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