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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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aufgetreten: Benny Goodman, Tommy Dorsey, Frank Sinatra und Dean Martin, Jerry Lewis.
    Die neuen Filme der Paramount-Studios hatten ihren ersten Auftritt immer hier in dem riesigen Kinosaal gehabt. Nicht umsonst ähnelte das Gebäude mit seiner südamerikanischen Pyramidenform dem Berg aus dem berühmten Logo der Filmfirma. Doch das war alles Vergangenheit, nur ein Hauch von Nostalgie. Die Lichtspieltheater, die früher einmal die Massen angezogen hatten wie das Licht die Motten, waren im Laufe der Sechzigerjahre geschlossen worden. Diesen Ort hier hätte es eigentlich gar nicht mehr geben dürfen.
    Und doch war er da.
    Die Sitzreihen des alten Kinos rochen nach Staub und all den Jahren, die hier ruhten. Ein roter Vorhang verbarg die Leinwand. Aus den Wänden ragten lange goldene Arme, die Kerzen in ihren Händen hielten. Andauernd bewegten sie sich und leuchteten dorthin, wo sie das Licht benötigt glaubten. Die Wände mit der überaus eleganten Täfelung aus hellem Holz waren von Efeu bedeckt, der sich bis hinauf zu den Kronleuchtern an der Decke rankte. Dünner Raureif hatte sich auf den Blättern und Ranken gebildet.
    Überall in dem Kinosaal befanden sich Türen.
    Sie sahen genauso aus wie die Tür, durch die wir eben hereingekommen waren.
    Dreizehn waren es an der Zahl. Sie standen frei im Raum, nur ein Rahmen mit einer Tür darin, und alle sahen sie verschieden aus. Eine von ihnen war jedoch zerstört. Pflanzen hingen vertrocknet an ihr herab. Man konnte erkennen, wie sie sich in den Rahmen gebohrt hatten, das Holz war zersplittert, und die Tür hing nur lose in den Angeln.

    »Das Lichtspieltheater ist vor langer Zeit schon verschwunden«, erklärte ich und sah mich um. »Es ist wohl in den Untergrund gesunken, wie so viele Dinge, für die in der Welt dort oben niemand mehr Verwendung findet. Jetzt befindet sich nur noch ein Hard Rock Café ganz oben in dem zurückgebliebenen Gebäude, gleich unterhalb der Spitze, direkt unter der großen Uhr und dem schimmernden Globus.«
    Vor vielen, vielen Jahren waren hier im Saal die großen Werke von Cecil B. de Mille gezeigt worden, von Howard Hawks und Orson Welles, oft sogar im Beisein der Regisseure und Schauspieler. Mondäne Veranstaltungen waren abgehalten worden.
    Damals.
    Heute nicht mehr.
    Die Leinwand war schweigsam. Ein eleganter Vorhang verdeckte sie, jemand schien hinter ihm zu stehen.
    Musik erklang leise aus den Lautsprechern, die sich irgendwo an den Seiten des Saals befinden mussten. Cole Porter, Irving Berlin. Let’s face the music and dance und danach die ers ten Takte von Cheek to cheek .
    Wir standen vor einer Tür, gleich neben der Bühne.
    Nachdem wir das Kino betreten hatten, war diese Tür, durch die wir eingetreten waren, einfach wieder zugefallen. Jake hatte sofort geprüft, ob sie verschlossen war.
    Das war sie.
    Es gab also kein Zurück mehr.
    Lady Solitaire saß mitten im Zuschauerraum. Als sie uns sah, erhob sie sich und kam langsam durch die Reihen auf uns zu. Sie trug einen Anzug, so weiß wie der allertiefste Winter. Dazu einen langen Schal aus durchsichtiger Seide, der bis auf den Boden reichte. Ihr langes Haar, das wallender
Schnee war, fiel ihr in sanften Wellen über die Schultern. Indianischer Schmuck war darin eingeflochten, Federn und hölzerne Gegenstände, winzig und mystisch.
    Derweil formten sich an anderen Stellen im Saal unzählige Schneewirbel zu großen Gestalten, die auf zwei Beinen dastanden und boshaft grollten. Ihre langen Schnauzen waren böse Winterträume aus schmutzigem Weiß, und die roten Lefzen schimmerten wie düstere Versprechen von Blut und Verderben. Es mochten mehr als zwanzig Wendigo sein, die nach und nach überall im Theater ihre endgültige Gestalt annahmen und deren kalt glühende Augen böse funkelten.
    »Zu guter Letzt sind Sie mir doch noch in die Falle gegangen«, bekannte Lady Solitaire. »Oder sollte ich sagen, es ist Ihnen gelungen, mir in meinem überaus bescheidenen Heim einen Besuch abzustatten?« Sie lächelte, und Herzen konnten gefrieren, wenn sie das tat. »Wie dem auch sei, Sie sind jetzt hier. Und ich heiße Sie willkommen.«
    Scarlet starrte sie an.
    »Sie wollten mich doch finden«, fuhr Lady Solitaire fort, »und jetzt sind Sie hier.« Die hellen Augen fixierten Scarlet. »Schon wieder, könnte man sagen. Zum zweiten Mal, und das in nur zwei Tagen. Ihre Beharrlichkeit, das muss ich Ihnen zugestehen, ist wirklich beachtlich.«
    »Wo ist der Kojote?«
    »Hier!« Eine Gestalt mit dem

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