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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Bäume und die Wiesen und Sträucher am Rande des Central Parks. Und atmete auf. Endlich, endlich, konnte sie aufatmen, wenn auch nur kurz.
    »Dort drüben befindet sich Strawberry Fields«, erklärte Jake.
    Was immer auch dort war, es lag unter einer festen, dicken Schneeschicht verborgen.
    Sie eilten einen überfüllten Gehweg entlang.
    An einer Wegkreuzung kamen sie an einem schwarzwei ßen Mosaik mit der Inschrift Imagine vorbei. Das feine Mosaik war in den Asphalt des Gehwegs eingelassen.
    Scarlet blieb kurz stehen und betrachtete es.
    »Dort drüben«, sagte Jake, »wurde John Lennon erschossen.«
    Scarlet folgte seinem Blick und erkannte ein riesiges Gebäude, das gar nicht so recht hierher zu gehören schien. Es sah aus, als sei es einem Traum und einer anderen Zeit entsprungen, einer Epoche, in der sich die Menschen noch hinter vorgehaltenen Händen Geistergeschichten an den Feuern ihrer Kamine erzählt hatten. Sie hob den Blick und zählte zehn Stockwerke. Das Gebäude nahm den gesamten Häuserblock ein. Die Fassade war ein Meer aus Bögen, Erkern, Balkonen und mit Schmuckelementen verzierten Fenstern. Sie erkannte ein spitzes Dach mit mehreren Giebeln und Dachgauben, hohen Kaminen und verschnörkelten Fenstern. Hoch oben verlief ein Balkon um das gesamte Haus, mit einem üppig verzierten schmiedeeisernen Gitter.

    »Das Dakota«, sagte Jake und ging voran.
    Scarlet bemerkte den Indianerkopf über dem Haupteingang. Er war stolz und markant, Ehrfurcht gebietend.
    »Früher, als das Haus erbaut wurde, gab es hier nichts. Nur grüne Wiesen und dichte Wälder. Es war eine Wildnis, und die eigentliche Stadt existierte erst weiter unten im Süden der Halbinsel Manna-hata . Doch das ist lange her.«
    »Es sieht aus wie ein Geist«, dachte Scarlet laut nach.
    »Es ist voller Geheimnisse, sagt man.«
    Scarlet folgte Jake durch den Eingang in eine prachtvolle Halle. Sie erkannte weiter hinten einen großen Atriumhof mit zwei Bronzebrunnen, die miteinander kämpfende Engel zeigten. Höchst elegant gekleidete Menschen hielten sich in der Lobby auf, lasen Zeitungen, tranken Kaffee, standen einfach nur herum und sahen sehr bedeutsam aus. Sie alle umströmte eine nebelhafte Aura von grenzenlosem Reichtum.
    Jake ging, ohne auch nur eine einzige Sekunde zu verlieren, zur Rezeption. »Hey, guten Morgen, wir müssen zum Apartment von Master Van Winkle. Wir werden erwartet, fragen Sie bitte nach.« Er musterte den Concierge und achtete auf jede seiner Handbewegungen.
    Der Concierge begann leise zu ticken und griff langsam zum Telefon, ließ Jake Sawyer seinerseits nicht aus den grünen Augen, in denen sich winzige Zeiger drehten, fragte mit einer etwas blechernen Stimme irgendwo im Haus nach, ob er den Gästen Zutritt gewähren sollte, und nickte dann beflissen und herablassend und mit dem obligatorischen Ticken und Summen. »Im siebenten Stockwerk. Sie werden tatsächlich erwartet.«
    »Sagte ich doch«, grummelte Jake.
    Dann steuerte er zielsicher auf die Fahrstühle zu, ohne auf
seine Begleiterin in gebührendem Maße Rücksicht zu nehmen.
    Scarlet folgte ihm einfach. Sie fühlte sich nicht wohl in diesem riesigen Haus. Alles schien nur eine Kulisse zu sein. Jeder hier trug eine Maske aus Lächeln und höflicher Abfälligkeit. Nichts war echt, nichts wirklich. Es war, als könne man die Illusion förmlich atmen.
    Sie warf einen Blick zurück zum tickenden und klickenden Concierge.
    Dann waren sie beim Fahrstuhl angekommen.
    »Siebenter Stock also«, murmelte Jake.
    Ein Liftjunge in roter Livree grüßte sie und begleitete sie nach oben. Er trug eine Maske aus kunstvoll verziertem Blech. In seinem Inneren ratterte leise und stetig ein Uhrwerk aus winzigen Schrauben und Hebeln. Er sah aus wie eine nicht ganz so gut ausgearbeitete Version des Concierge. Auch in seinen runden Augen liefen kleine Zeiger im Kreis.
    »Ein Uhrwerkmensch«, erklärte Jake. »Sie sind überall im Dakota.«
    Scarlet musste sich Mühe geben, ihn nicht anzustarren. »Was tut er?«
    »Er dient«, sagte Jake. »Das tun sie alle. Dafür wurden sie gebaut.«
    Im Fahrstuhl roch es nach uraltem Staub und Putzmittel.
    »Ich habe noch nie zuvor welche gesehen«, gestand Scarlet.
    »Henri Ford hat sie erbaut, damals. Doch heute trifft man sie nur noch in den wirklich alten Häusern.«
    »In alten Geisterhäusern wie dem Dakota?«
    »Genau.« Er musste grinsen.
    Und Scarlet betrachtete ihre Umgebung.
    Die kunstvollen Ornamente an den Wänden waren
durchsetzt mit

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