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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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kleinen Spiegeln. Ein eisernes Rattern erklang schnarrend von oben und begleitete sie während der kurzen Fahrt.
    Der Uhrwerkmensch stand die ganze Zeit über regungslos an seinem Platz.
    »Er schaltet ab, wenn nichts passiert«, erklärte Jake.
    »Und jetzt passiert gerade nichts?«
    »Nein.«
    Sie sahen einander an, das war alles.
    Dann waren sie endlich da.
    Im siebenten Stockwerk.
    »Schau!«, forderte Jake sie auf.
    Scarlet sah, dass der Uhrwerkmensch jetzt wieder zum Leben erwachte und surrend und klackend nach draußen trat. Er verneigte sich vor den beiden und trat dann in den Fahrstuhl zurück, um nach unten zurückzukehren.
    Zwei Polizisten in den roten Uniformen der Metropolitan Garde traten ihnen entgegen.
    »Jake Sawyer und Scarlet Hawthorne, wir werden erwartet.«
    »Ich bringe Sie zum Inspektor«, bot sich einer der beiden an und ging voran.
    Das Gefühl, welches Scarlet unten in der Lobby verspürt hatte, wurde stärker und stärker. Sie spürte die Last von Steinen und Ziegeln auf sich, die Luft von so vielen, vielen Jahren und unzähligen Schicksalen, die alle in diesen Mauern ihr Echo fanden.
    Erneut fragte sie sich, warum man sie an diesen seltsamen Ort bestellt hatte.
    »Sieht ganz so aus«, mutmaßte Jake im Flüsterton, »als hätte das gesamte siebente Stockwerk Master Van Winkle gehört.«

    Scarlet nickte. Eigentlich war ihr egal, wem das gesamte Stockwerk gehörte. Sie wollte diesen Ort nur so schnell wie möglich wieder verlassen. Sie fühlte sich nicht wohl in diesen Mauern. Nein, ganz und gar nicht.
    Sie schritten durch lange Korridore, an deren Wänden Ölgemälde hingen, die bestimmt kostbarer waren als alles, was Scarlet jemals in ihrem Leben besessen hatte. Die Korridore sahen alle gleich aus, der abgetretene Teppichboden mit dem groben Muster mochte jahrzehntealt sein. Es war ein Labyrinth aus Korridoren, die einander kreuzten, und Türen, die allesamt verschwiegen hüteten, was hinter ihnen lag.
    Scarlet befürchtete schon, sie würden niemals ankommen, als der Gardist abrupt vor einer großen Tür anhielt.
    »Bitte warten Sie, genau hier«, forderte er sie auf.
    Also blieben sie stehen.
    Der Gardist klopfte, wartete. So lange, bis die Tür aus feinem Holz sich ohne ein Geräusch öffnete, bereit, ihr Geheimnis preiszugeben.
     
    »Mistress Atwood«, sagte Scarlet, als sei sie erstaunt, mich hier anzutreffen.
    Ich schenkte ihr ein Lächeln. »Oh, schön, dass Sie gekommen sind. Ach ja, und verzeihen Sie mir die Sache mit dem Tee«, bat ich sie, »aber ein wenig Ruhe hat Ihnen, denke ich, sehr gutgetan, und Sie schienen mir niemand zu sein, der sich durch gutes Zureden ruhigstellen lässt.«
    Nein, so jemand sind Sie bestimmt nicht. Buster Mandrake, der auf meiner Schulter gesessen hatte, sprang jetzt auf den Boden und lief mit einigen schnellen Sprüngen zurück in den Raum hinter uns.
    »Wie auch immer, ich danke Ihnen jedenfalls, dass Sie hergekommen
sind. Ihre Anwesenheit, Miss Scarlet, ist in der Tat vonnöten in dieser speziellen Angelegenheit. Ich weiß, es klingt ein wenig rätselhaft, aber Sie werden verstehen, was ich meine, wenn … Nun ja, treten Sie erst einmal ein.« Ich ging voran, ohne ihre Reaktion abzuwarten.
    »Worum geht es?«, wollte Scarlet wissen.
    »Folgen Sie mir einfach.«
    Ich hörte die Schritte hinter mir auf dem Teppichboden.
    Wir betraten einen Salon, der vornehm und riesig und reinster Luxus war. Es war eisig kalt. Alles sah aus, als habe gerade erst das 20. Jahrhundert begonnen. In den vielen Uhren, die überall waren, spiegelten sich matt unsere Gesichter, aber die Zeiger waren schon vor langer Zeit stehen geblieben.
    »Warum besitzt jemand so viele Uhren«, fragte Scarlet verwundert, »wenn keine davon funktioniert?«
    »Gute Frage«, stellte ich fest.
    »Und die Antwort?«
    »Weht im Wind.«
    Ein scharfer Wind blies uns tatsächlich in die Gesichter.
    Scarlet und Jake zogen die Kragen enger, und ihr Atem war feiner Hauch vor den erstaunten Gesichtern der beiden. Die Fenster erlaubten einen Ausblick auf den Central Park. Jemand hatte sie weit geöffnet. Kein einziges der vielen Fenster war geschlossen, sie alle standen weit offen, und Schnee stob in den riesigen Salon. Eine weiße Schicht hatte sich bereits auf die Möbel gelegt.
    »Darf ich Ihnen Inspektor Crane vorstellen?«
    Der Angesprochene lächelte trocken. Er hatte an einem der Fenster gestanden und nach draußen geschaut. »Hallo, Jake«, sagte er nur.
    Er trug einen knittrigen Trenchcoat

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