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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Bürgerrecht erwerben, wenn das Geld erst mal für Haus und Grund reicht», hatte sie ihr gesagt. «Dann bist nicht länger Beisasse hier, ohne jegliche Rechte. Und die Zunft kann dir den Buckel runterrutschen.»
    Dass sie beide verschiedenen Glaubensrichtungen angehörten, war noch das Geringste. Da Kathrin als Spitalmutter besondere Rücksichten nehmen musste auf den Bischof und das Domkapitel, hätte sie sich niemals, wie die anderen Bürger und Beisassen der Stadt, zu den Lehren Luthers bekennen dürfen. So wechselte Eva, der solche Dinge einerlei waren, die Konfession. Der Kaplan der Spitalkirche freute sich sichtlich, wieder ein Schäfchen für seine Herde gewonnen zu haben, und drückte fortan beide Augen zu, wenn Eva im Spital ein und aus spazierte. Schließlich waren sie nun vor aller Welt einander versprochen.
    Zum Verlöbnis bekam Eva von ihrer Freundin ein Goldstück, als Anlage für Haus und Grund, sie selbst schenkte ihr einen zierlichen silbernen Ring und das Jagdhütchen. In einem mit Seidenpapier ausgeschlagenen Kästchen überreichte sie es ihr nach dem Abendessen.
    «Das ist doch viel zu schön für mich einfaches Weib», sagte Kathrin und strich lächelnd über den roten Samtbesatz, an dem der golddurchwirkte Schleier befestigt war.
    «Aber du musst es tragen, versprich es mir.»
    «Ja.» Kathrin klappte das Kästchen wieder zu. «Am Tag unserer Hochzeit.»
    Letztlich beruhigte sich Eva damit, dass es bis dahin noch einelange Zeit sei – Zeit genug, um ihrer Freundin die Wahrheit zu gestehen, in der Hoffnung, sie würde sie verstehen und sie dank ihrer Liebe nicht verraten. Sie verschloss an dem Abend ihres Verlöbnisses schlichtweg die Augen davor, dass etwas schiefgehen könnte. Und betrank sich zum zweiten Mal in ihrem Leben. Längst war sie nicht mehr Herr ihrer Sinne, als Kathrin ihr zu später Stunde einen Gutenachtkuss gab, der sich in einen innigen Kuss wie zwischen Mann und Frau verwandelte.
    Das Letzte, was sie beim Einschlafen dachte, war: Nie wieder darf das geschehen!
     
    Fortan verbrachte Kathrin die Nacht von Samstag auf Sonntag in der Lederergasse und Eva die Nacht von Sonntag auf Montag im Spital. Es kam tatsächlich zu keiner Annäherung mehr, dafür sorgte Eva, indem sie hin und wieder in scherzhafter Weise die Freundin ermahnte, anständig und tugendhaft zu bleiben. Es war wieder wie früher, wenn sie wie zwei alberne Mädchen schwatzten und gackerten, um dann Arm in Arm oder Hand in Hand einzuschlafen.
    Dann kündigte sich der Sommer mit seinen kürzeren Nächten und den ersten schwülen Tagen an. Eines Abends gingen sie in Kathrins Zimmer zu Bett, nachdem sie stundenlang über Meister Hasplbeck hergezogen hatten, der inzwischen wie ein Hündchen der Küchenmagd hinterherscharwenzelte. Wie immer drehte sich Eva zur Wand, während Kathrin sich für die Nacht fertig machte.
    «Du kannst dich umdrehen.»
    Eva blieb der Mund offen stehen. Wie Gott sie geschaffen hatte, stand ihre Freundin im fahlen Abendlicht, ihre großen, festen Brüste glänzten, ihre Wangen glühten.
    «Was ist mit dir?» Kathrin versuchte zu lächeln. «Hast etwa noch nie eine nackte Frau gesehen?»
    Eva blieb stumm.
    «Oder gefall ich dir nicht?»
    «Doch – schon. Du bist wunderschön.»
    «Dann komm!» Sie streckte ihr die Hand entgegen.
    Evas Herz begann zu rasen. «Warte – ich find, es ist noch zu früh   … Wir sind doch noch nicht verheiratet.» Sie schluckte. «Vielleicht sollt ich besser gehen.»
    «Bitte geh nicht!», flüsterte Kathrin. Dann fing sie an zu weinen. Hastig zog sie sich wieder ihr Hemd über den Kopf und kroch unter die Bettdecke. «Ich bin so dumm. Wie eine käufliche Metze hab ich mich benommen», schluchzte sie.
    «Aber nein.»
    Eva setzte sich zu ihr an den Bettrand und strich ihr übers Haar.
    «Es ist nicht deine Schuld, Kathrin. Ich   … ich sollte dir   …» Eva brach ab. Es ging nicht. Sie brachte es nicht übers Herz. Noch nicht.
     
    Dieses Erlebnis lastete fortan wie eine dunkle Wolke über ihnen. Die unbekümmerte Vertrautheit kehrte nicht wieder zurück. Dabei spürte Eva mehr denn je, wie sehr sie an Kathrin hing, so sehr, dass sie selbst nicht mehr wusste, was es für eine Bewandtnis mit ihr hatte. Nie wieder machte Kathrin Anstalten, sie zu verführen, nur einmal nachts war Eva aus dem Tiefschlaf erwacht, weil Kathrin ihre Hand genommen und unter ihr Leibchen geführt hatte. Noch ganz benommen spürte Eva die samtweiche Haut über den prallen Brüsten, es

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