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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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geschäftehalber. Ich hatte so lange gebettelt, bis er einwilligte, mich mitzunehmen.
    Keine Angst: Wir können uns ganz heimlich treffen, du als Adam Auer – ich würde dich niemals verraten. Hauptsache, wir sehen uns endlich wieder. Aber ein bisserl Hoffnung hab ich schon, dich zu überreden, heimzukommen nach Straubing. Der Muhme geht es nämlich gar nicht gut. Sie wird immer schwächlicher und kränklicher, du wärst ihr eine große Hilfe.
    Mir selbst geht es allerbestens: Die Deutsche Schule ist ein Kinderspiel, und der Oheim überträgt mir schon sehr viele eigene Aufgaben. Ich habe es wunderbar getroffen, dank dir, liebe Schwester. Noch nie habe ich dir gedankt, dass du mich hierhergebracht hast. Das tue ich hiermit von Herzen!
    Jetzt will ich schließen, denn wir sehen uns ja bald wieder. Trägst du noch den Marderzahn, den ich dir geschenkt habe? Er soll gut auf dich achtgeben!
    In großer Liebe, dein gar nicht mehr so kleiner Bruder Niklas.
    Postskriptum: Spürst du, dass ich bei dir bin, wenn sich ein Regenbogen übers Land spannt? Ich hab das nicht vergessen.
     
    Eilig faltete sie den Brief zusammen und machte sich auf den Weg in Richtung Donaubrücke. Die Hitze hing schwer in den Gassen, dennoch wurde Evas Schritt immer schneller, bis sie schließlich im Laufschritt die Donau überquerte. Sie musste einfach ihre Freude mit Kathrin teilen. Warum sollte sie auch nicht von Niklas erzählen – schließlich brauchte sie ihr ja nicht gleich auf die Nase zu binden, dass er nach Regensburg kommen wollte.
    Melcher, der Torwart, grüßte sie freundlich und bestellte gute Besserung an die Kranke. Im Schatten der Hofkastanie faltete Eva nochmals den Brief auseinander und las ihn ein zweites, dann ein drittes Mal durch. Sie konnte es immer noch nicht fassen: Der kleine, zarte Niklas, den sie einst huckepack durch die Gassen getragen hatte, mauserte sich zum erfolgreichen Kaufmannsgehilfen! Wie sehr sie ihm das gönnte!
    Sie faltete das Papier zu einem winzigen Viereck, steckte es in den Gürtel und ging statt ins Siechenhaus hinüber in den Garten. Dort suchte sie ihren Lieblingsrosenstrauch, den in zartem Rosa, und schnitt mit einem Messerchen, das sie stets am Gürtel trug, eine Knospe für Kathrin ab. Nicht ohne sich vorher nach allen Seiten umgeschaut zu haben, denn oftmals streifte hier der Bader durch die Reihen, auf der Suche nach Kräutern, Schnecken oder irgendwelchem Gewürm.
    Seit ihrer Genesung befiel Eva jedes Mal, wenn sie das Siechenhaus betrat, ein Gefühl der Beklemmung. Zu deutlich stand hier der Geruch nach Tod und bitterer Armut im Raum, hinzu kamen das Stöhnen und die Schmerzensschreie der Siechen. Kathrin hatte ein Bett für sich, gleich unter dem Fenster, der frischen Luft wegen. Man hatte sie in den Saal geholt, um sie besser im Blick zu haben, denn seit dem Vortag hatte sie hohes Fieber.
    «Schläft sie?», fragte sie den Spitalknecht voller Angst, der sogleich auf sie zugekommen war.
    «Ja. Und ich bitt dich, Adam: Weck sie nicht auf. Ich hab ihr einen Schlaftrunk gegeben, weil sie so starke Schmerzen auf der Lunge hat.»
    Der Anblick der Freundin zog Eva das Herz zusammen: Sie lag wie aufgebahrt auf dem Rücken, das totenbleiche Gesicht leicht zur Seite geneigt, umrahmt von ihrem offenen, aschblonden, sanftgewellten Haar. Die Lippen waren geöffnet und hatten alle Farbe und Frische verloren. Nur das Flattern ihrer geröteten Augenlider verriet, dass Leben in ihr war.
    «Wird sie wieder gesund?»
    «Aber gewiss doch. Mach dir um deine Braut keine Sorgen, sie ist bei uns in besten Händen. Und wie sich erst Meister Hasplbeck kümmert!»
    Ein Pfeil der Eifersucht durchfuhr sie. Dieser Pustelstecher, dieser Quacksalber – der sollte bloß seine gichtigen Finger von Kathrin lassen! Sie legte ihr die Knospe neben das Kopfkissen.
    «Sag ihr, dass die Blume von mir ist», bat sie den Knecht. «Und dass ich morgen wiederkomm.»
    «Mach ich.»
    Als Eva wieder draußen stand, wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Würde sich diese Hitze heute überhaupt noch einmal legen? Am liebsten würde sie ein erfrischendes Bad in der Donau nehmen, wie die Mägde, Knechte und Kinder, deren ausgelassenes Johlen vom Badanger herüberschallte. Aber solcherlei Vergnügen blieben ihr nun einmal verwehrt.
    «Hast du nicht was verloren, lieber Adam?»
    Eva schrak zusammen. Vom Spitalgarten her kam Meister Hasplbeck auf sie zugewackelt.
    «Dir ist da was aus dem Gürtel gefallen, vorher, als du die Blume

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