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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Amerikanerin Theda Bara. Falls es je einen Film über Mata Hari geben würde (und es würde gewiss viele geben), dann war Theda Bara, eine berufsmäßige Vampirfrau, deren Name ein Anagramm von »Arab Death« war, die einzige Schauspielerin für diese Rolle. Sie gehörte einem Blutgeschlecht an, das sich ohne weiteres im Bild festhalten ließ. Viele Vampire erschienen auf Zelluloid als eine Art verwischter Klecks.
    »Man wird mich doch nicht vergessen, oder?«, fragte sie, plötzlich verwundbar geworden. »Mein Stern wird nicht verblassen und von dem einer neuen Verführerin überstrahlt.«
    Womöglich hatte diese Frau ihr Leben lang eine Rolle gespielt; ihre Schleier bargen keinerlei Realität. Oder vielleicht gab es ein geheimes Ich, das sie in ihren wirklichen Tod mitnehmen würde.
    »Man wird mir kein Pardon gewähren, Charles. Keine Begnadigung in letzter Sekunde. Nicht wahr? Man wird mich töten.«
    »Ich fürchte, eine gewisse Person hat darauf bestanden«, gab er traurig zu.
    »General Mireau«, stieß sie wütend hervor. »Sein Blut war dünn, müssen Sie wissen. Wie englische Suppe. Nichts für ungut. Aber wissen Sie, wie viele Menschen durch ihn ums Leben gekommen sind? Er hat seinen Leuten allein mehr Schaden zugefügt als unter meinem Einfluss.«
    Unter den Truppen des Generals war eine Meuterei ausgebrochen. Mireau zählte zu den schlimmsten jener uniformierten Narren, die den Krieg für eine Feuergrube hielten, die mit lebenden Männern aufgeschüttet werden musste, um die Flammen zum Erlöschen zu bringen. Der General glaubte, dass der Tod dieser Frau das Blut von seinen Händen waschen würde.
    »Die andere Seite ist keinen Deut besser«, sagte sie. »Es war ebenso leicht, die Deutschen zu übertölpeln.«
    Zu Beginn des Krieges hatte Geertruida Zelle für den französischen Geheimdienst gearbeitet. Obgleich es dafür keinerlei Beweise
gab, wusste er, dass sie auch für die Russen, die Ungarn, die Türken und die Italiener tätig gewesen war. Sogar für die Briten.
    »Bei Hofe wurde ich dem Kaiser vorgestellt. Graf von Dracula hat mich verwandelt.«
    In diesem neuen, kalten Jahrhundert war der Graf um sein Geblüt besorgt wie nie zuvor. Er trug, mehr als jeder andere Vampirälteste, die Verantwortung dafür, dass die Seuche sich über ganz Europa ausgebreitet hatte. Nun wachte er mit strenger Hand über die Auswahl derer, die er zu verwandeln trachtete. Geertruida Zelle war auch warmen Blutes eine bemerkenswerte Frau gewesen.
    »Wie ich sehe, sind Sie nicht erstaunt.«
    Sie hob die Hand. Im Mondschein schimmerte sie fahl, die blauen Adern waren deutlich zu erkennen. Im Nu hatte sie sich in eine mit Flughäuten versehene Monsterklaue verwandelt, Daumen und Finger bewehrt mit dorngespickten Widerhaken. Dann war sie wieder menschlich.
    »Kolossal«, sagte er. »Nur ein direkter Abkömmling seines Geblüts könnte diesen Trick vollführen.«
    »Nicht unbedingt«, erwiderte sie, neckisch und geheimnisvoll. »Aber was mich betrifft, haben Sie durchaus Recht. Man hat mir ebenso übel mitgespielt wie ich den Generälen Europas.«
    Beauregard kam der Gedanke, dass sie sich vollkommen verwandeln konnte. Sie besaß genügend Kraft, die Mauern ihrer Zelle zu durchbrechen. Doch irgendetwas hielt sie davon ab.
    »Endlich werde ich von ihm befreit.«
    Das also war des Rätsels Lösung. Beauregard verspürte einen Anflug von Enttäuschung.
    »Ich habe mich nicht freiwillig gestellt. Ihr Sieg gilt als veritable Heldentat. Dennoch bin ich keineswegs verzweifelt. Es gibt Schlimmeres als den Tod, so lautet eine Binsenwahrheit.«
    Beauregard wusste aus Erfahrung, dass diese Ansicht unter Draculas Nachkommen weit verbreitet war.

    »Er ist ein Ungeheuer. Dracula.«
    Beauregard nickte. »Wir sind uns begegnet.«
    »Ihr Briten«, fuhr sie fort, »ihr habt recht daran getan, ihn des Landes zu verweisen.«
    »Ganz so einfach war das nicht.«
    »Mag sein. Und doch hat Britannien Dracula nicht gewähren lassen, und Deutschland ist sein Paradies geworden.«
    »Der Graf versteht es, sich bei Hofe Einfluss zu verschaffen. Darin übt er sich seit bald fünfhundert Jahren.«
    Geertruida Zelle beugte sich vor und streckte den Arm aus. Der Schließer schrie. Die Pistole an seinem Gürtel war mit Silber geladen. Die Hand der Gefangenen erstarrte in der Luft, Zentimeter von Beauregards Arm entfernt. Sie sah ihm in die Augen.
    »Er wird dieses Jahrhundert in ein Schlachtfeld verwandeln«, sagte sie mit ernster Stimme. »In seinen

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