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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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verwandelten sich in Dolchspitzen, der Firnis schmolz wie Butter in der Pfanne. Eine Schlange hätte keinen Lidschlag tun können, so rasch war er bei ihr. Er war zwar flink, doch war er ebenso vom befleckten Geblüt des Prinzgemahls. Genevièves Hände schnellten hervor, ergriffen seine Gelenke und brachten seine messerscharfen Finger einen Zoll vor ihren Augen zum Stillstand.
    Vardalek knurrte, und Schaum sprenkelte sein gepudertes Kinn, troff auf seine wulstige Halskrause. Sein Atem war ein sprichwörtlicher Pesthauch von moderiger Grabesschwere. Seine steinharten Muskeln wanden sich wie Pythons in ihrer Umklammerung, doch sie ließ nicht locker. Langsam presste sie seine Hände von ihrem Gesicht fort und hob seine Arme in die Höhe, als wolle sie die Zeiger einer riesigen Uhr auf zehn Minuten vor zwei stellen.

    In niedrigstem Magyarisch ließ Vardalek vernehmen, Geneviève pflege regelmäßig geschlechtlichen Umgang mit Schafen. Dass die Milch ihrer Brüste die Katzen vergifte, die sie dort gewöhnlich säuge. Dass in den Haaren ihrer nichtsnutzigen Jungfernschaft sieben Generationen von Mistkäfern hausten. Sie sog die Luft durch die Zähne und drückte, hörte, wie seine Knochen zu knirschen begannen, bis ihre scharfen Daumenspitzen die dünnen Adern an seinen Handgelenken ritzten.
    So leise, dass nur er es hören konnte, gab sie ihm in seiner eigenen Zunge zu verstehen, dass seine Vorfahren ohne den geringsten Zweifel allenfalls in der Liebe zur Bergziege bewandert gewesen seien, und verlieh der hohen Wahrscheinlichkeit Ausdruck, dass sein Fortpflanzungsorgan ebenso schlaff sei wie eine frisch gestochene Pestbeule. Sie fragte ihn, wessen sich der Teufel wohl anstelle eines Arsches bediene, wo Vardalek jenen zarten Teil der diabolischen Anatomie doch als Gesicht beanspruche.
    »Lass ihn los«, sagte von Klatka ohne besonderen Nachdruck.
    »Reiß ihm sein verdorbnes Herz raus«, rief jemand in einem Anfall von Wagemut, nun, da ein anderer sich dem Ungarn entgegenstellte.
    Vardaleks Knie gaben nach, als Geneviève ihn rückwärts zu Boden stieß. Er knickte ein und sackte zusammen, doch sie hielt ihn auf den Beinen. Sie zwang ihn auf die Knie, und er begann zu wimmern, blickte ihr fast mitleidheischend ins Gesicht. Als sie die trockene Luft an ihren Eckzähnen spürte, wusste sie, dass ihre Miene sich zu einer tierähnlichen Fratze verzerrt hatte.
    Vardaleks Kopf sank nach hinten, und Blut sickerte in seine Augen. Sein goldener Kopfputz verrutschte und entblößte die wundrote Haut darunter. Geneviève ließ den Ältesten los, und er brach zusammen. Kostaki und von Klatka halfen ihm auf; beinahe zärtlich rückte Kostaki die Perücke des Grafen zurecht. Auch Cuda war aufgestanden und hatte seinen Säbel gezogen. Die Klinge
warf das Licht zurück, und das Eisen erstrahlte in silbrigem Glanz. Angewidert befahl ihm Kostaki, die Waffe einzustecken.
    Woodbridge hatte die Tür geöffnet, um die Karpater hinauszuwerfen. Georgie eilte davon, Vardaleks Speichel abzuwaschen. Geneviève spürte, wie ihre Gesichtszüge sich glätteten. Der Wirtshauslärm erhob sich von neuem, und der Akkordeonspieler, dessen Repertoire allem Anschein nach begrenzt war, stimmte »Sie war ein Vöglein klein in einem goldenen Käfig« an.
    Von Klatka brachte Vardalek auf die Straße hinaus, und Cuda folgte auf dem Fuße, den schmutzigen Schweif hinter sich herziehend wie eine Schleppe. Zögerlich betrachtete Kostaki die Bescherung. Als er zu der Stelle blickte, wo von Klatka seine Banknoten hingeworfen hatte, verzerrte er den Mund schnaubend zu einem halbherzigen Grinsen. Das Geld war ebenso rasch verschwunden wie vergossenes Bier in einem Schwamm. Das Zigeunermädchen hielt sich wohlweislich von der Stelle fern, wo die Scheine sich befunden hatten. Die Falten im kreideweißen Antlitz des Gardisten barsten, als er das Gesicht verzog, doch die Risse verheilten in einem Nu.
    »O Älteste«, sagte Kostaki und salutierte vor ihr, ehe er sich zum Gehen wandte, »meine Verehrung.«

10
    Spinnen im Netz
    E r befand sich in Limehouse, unweit des Basin. Soviel Beauregard wusste, hatte sich dieser Bezirk seinen bösen Namen wohl verdient. In einer beliebigen Nacht wurden hier mehr namenlose Leichen an die morastigen Kanalufer gespült, als Silver
Knife in drei Monaten zuwege gebracht hätte. Knarrend, klappernd und schlingernd suchte sich der Hansom seinen Weg durch einen Bogengang, dann blieb er ruckartig stehen. Der Kutscher hatte sich tief ducken

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