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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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nicht verstanden hatte.
    Seine Bisse juckten. Er zog seinen Morgenmantel zurecht. Tom wusste noch nicht recht, was er mit Penny machen sollte. Irgendetwas würde ihm schon einfallen.
    Es musste inzwischen Nachmittag sein. Die Sonne hatte ihren Zenit überschritten. Schatten sammelten sich im Kristallsaal wie Vorhänge.
    Tote Hände glitten um seinen Nacken.
    Tom brauchte nicht zu raten, wessen.
     
    Penelope hatte schlechte Laune, spürte er. Sie gab sich zu viel Mühe mit ihrer unbekümmerten Sprödigkeit, als sie sich über einen Sessel drapierte, als wäre es der Schoß eines Kunden, und mit einem Bein schaukelte wie eine kokette Vierzehnjährige. Ihr Fuß schwang wie ein Metronom. Wahrscheinlich hätte sie gern jemanden getreten.
    Sie trug Hosen, die halb die Wade hinauf geschlitzt waren, um ihre schönen Knöchel zur Geltung zu bringen, und Ballerinaschuhe. Ihre Nehru-Jacke war aus dunkelblauem Stoff, in den verspielt glitzernde Fäden hineingewebt waren. Ihr Haar war hochgesteckt und verbarg sich unter einer übergroßen Matrosenmütze mit roter Bommel.
    Eine Sonnenbrille baumelte am Bügel von ihrem Mund. Sie hatte die Angewohnheit, an den Bügeln zu kauen, und biss sie manchmal ab. Er sah einen winzigen Fangzahn funkeln.
    »Du musst mich aufmuntern, Tom«, verkündete sie. »Ich brauche Aufmunterung. Dringend.«
    Wegen dem Ältesten gestern Nacht, der zusammen mit seiner einfältigen »Nichte« dem hiesigen Mörder in die Arme gelaufen
war. Penelope hätte die beiden glatt selbst umbringen können, aber sie verabscheute den Wirbel, der um diese schillernde Gräueltat gemacht wurde.
    Die römischen Morgenzeitungen strotzten von Fotos. Malenka war allgegenwärtig, ihr strahlendes Lächeln und der alberne Schmollmund kontrastierten mit körnigeren, weniger glanzvollen Schnappschüssen der Polizisten am Tatort.
    »Malenka kam nach Rom, um ein Star zu werden«, stellte Tom fest. »Und hat ihren Wunsch erfüllt bekommen.«
    Penelope schnaubte eher, als dass sie lachte.
    »Du glaubst nicht, dass die kleine Hexe heil wieder auftaucht, oder?«, erwiderte sie. »Dass das nur ein Werbegag war? Den Zeitungen zufolge gab es kaum etwas zum Identifizieren. Sogar dieses verflixte Kleid hat sich in Luft aufgelöst.«
    »Graf Kernassy ist eindeutig identifiziert worden.«
    »Sie hätte für Schlagzeilen einen Mord begangen. Er schon für eine warme Mahlzeit.«
    Penelope setzte sich zum Schneidersitz auf, verknotete ihre Beine wie ein Yogi und stemmte sich mit den Armen hoch, schaukelte leicht hin und her wie einer dieser Wackelhunde, mit denen geschmacklose Autofahrer ihre Hutablage schmückten.
    »Deine englische Freundin hat alles mit angesehen«, sagte Tom.
    »Meine irische Freundin. Katie ist Irin.«
    »Sie hat eine vollständige Beschreibung der Morde abgegeben. Und von ihrem Mörder, diesem scharlachroten Henker. Sie könnte freilich ihre eigenen Gründe für eine Lüge haben.«
    Penelope lächelte böse bei der Vorstellung, dass ihre Freundin in einen Mord verwickelt wäre.
    »Sie kann man da nicht mit hineinziehen. Sie hat Kernassy im Flugzeug kennengelernt.«
    »Sagt sie.«

    Tom glaubte nicht für einen Moment, was er da andeutete. Er spann eine Geschichte zusammen, um Penelope abzulenken. Um sie aufzumuntern. Sie dachte immer gern das Schlechteste von Leuten. Außer von ihm, merkwürdigerweise.
    »So etwas würde Katie Reed nie tun, Tom«, sagte sie, nachdem sie es durchdacht hatte. »Du kennst sie nicht.«
    »Wie gut können wir überhaupt je irgendjemanden kennen?«
    »Ich bin ein Vampir, du amerikanisches Dummerchen. Ich kann den Leuten in die Köpfe und in die Herzen sehen und sie bis aufs Letzte aussaugen.«
    Sie machte einen Salto aus dem Sessel und war schneller bei ihm, als sein Auge sehen konnte. Ein billiger Trick der Toten. Er sollte einen nervös machen und überwältigen.
    Ihre Hände lagen auf seinen Schultern, und sie beugte sich vor für einen flüchtigen, blutlosen Kuss, die Brillenbügel immer noch im Mundwinkel.
    Tom verspürte ein Ziehen vor Ekel über die Nähe der toten Frau. Er ertrug ihren hingehauchten Kuss.
    Sie war wieder weg, auf der anderen Seite des Kristallsaals, an einen Kamin gelehnt. Dann war sie wieder in ihrem Stuhl, saß wohlgesittet da, die Knie geschlossen.
    »Ich weiß nicht, was wir Prinzessin Asa sagen sollen«, erklärte sie. »Sie geht bestimmt an die Decke.«
    So verärgert sie wegen Graf Kernassy und Malenka sein mochte, eigentlich störte sie sich an Prinzessin Asa

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