Die Vampire
niemanden etwas.«
»Wie Ihr meint, Prinzessin.«
Prinzessin Asa hob einen chinesischen Blumentopf hoch, der älter war als sie, und zerschmetterte ihn auf dem Boden, spießte erdige Wurzeln mit dem Absatz auf.
»Auf die Knie, Engländerin!«
Penelopes Gesichtsmuskeln spannten sich.
Die Prinzessin richtete sich auf, die Schleier gerafft, und starrte auf Penelope hinab. Eine Tyrannin des Mittelalters in feudaler Verstimmung, eine viktiorianische Lady mit Stahl im Rückgrat.
Prinzessin Asa hob befehlend eine krallenbewehrte Hand. Die Schleier bildeten Spitzen über den Fingernägeln.
Penelope ging auf ein Knie, senkte jedoch nicht den Kopf.
»Knie so, als ob du es ernst meintest, Weib.«
»Wie Ihr wünscht.«
Penelope sah kurz zum Teppich und stand auf, wischte sich Erde von den Knien.
»Zufrieden?«, fragte sie Prinzessin Asa.
»Sehr.«
»Gut. Wenn Ihr mich entschuldigt, ich habe Besorgungen zu machen.« Sie sah auf die Porzellanscherben und die zertrampelte Pflanze hinab. »Ich werde einen Diener schicken, der das wegräumt. Das war übrigens Tang-Dynastie. Neuntes Jahrhundert.
Ein Geschenk des Priesters Kah aus Ping-kuei an den Prinzen Dracula. Kah dachte sicher nicht, dass sein Tribut einmal als Blumentopf Verwendung finden würde. Ein hässliches Stück, fand ich immer. Aber anscheinend ziemlich wertvoll.«
Penelope zog sich mit befremdlicher Würde zurück. Tom war stolz auf das alte Mädchen.
Er war mit der königlichen Verlobten allein.
Sie knurrte ihn an wie einer ihrer Hunde. Er entspannte sich etwas. Prinzessin Asa machte zwar viel Wind um ihren Zorn, aber sie war eine weitaus weniger gefährliche Kreatur als Penelope Churchward. Für Tom war die königliche Verlobte ein Leichtgewicht, fast schon eine Enttäuschung.
Er zog den Kragen zurecht, berührte die ständig offenen Bisswunden. Er bekam etwas Blut an seine Fingerspitzen und rieb sie aneinander.
Prinzessin Asa, die der rote Durst überkam, vergaß sein Gesicht und starrte auf seine schlüpfrigen Finger. Tom gab vor, ihr Interesse erst jetzt zu bemerken, und entschuldigte sich, suchte nach einem Taschentuch. Dann streckte er schüchtern, als wäre ihm der Einfall gerade erst gekommen, die Hand aus, mit schlaffen Fingern.
Die Prinzessin zögerte, sah sich um. Sie waren allein. Sie raffte ihre Schleier und warf sie nach oben über den Hut, streifte sie hinter die weißen Schultern zurück. Ihre Haut war wie polierter Knochen.
Sie bewegte sich so schnell wie Penelope vorhin, schoss dicht an Tom heran, senkte den Kopf und leckte seine Finger sauber, dann zog sie sich zurück, säuberte sich den Mund mit Gaze.
Er sah die Wirkung, die sein Geschmack auf sie hatte. Ihre hervorstehenden Rippen hoben und senkten sich wie die Beine eines zufriedenen Tausendfüßlers. Sie erschauerte vor Wonne.
Sie sollte nie wieder an ihn denken.
5
Gelati
S ie musterte Genevièves Vespa mit einiger Beklommenheit. Der kleine Motorroller war weiß mit roten Zierleisten, aerodynamisch gestaltet wie ein amerikanisches Transistorradio. Kate war in jüngeren Jahren zwar eine begeisterte Fahrradfahrerin gewesen, aber mit motorisierten Fahrzeugen hatte sie nicht viel Glück gehabt. Ihrer Erfahrung nach neigten schicke neue Erfindungen zu Mordversuchen.
»Auf andere Weise kommt man hier nicht vom Fleck«, erklärte Geneviève. »So kann ich durch die Staus schlüpfen.«
»Ich möchte wetten, dass du oft angehupt wirst.«
»Das versteht sich von selbst.«
Geneviève lächelte sie an, als wäre Kate nur in der Stadt, um das Nachtleben zu genießen und sich die Ruinen anzusehen.
Sie hatten sich noch gar nicht richtig unterhalten. Über Charles.
Geneviève rutschte auf der langen Sitzbank nach vorn und sagte, Kate solle hinten aufsteigen und sich festhalten. Die Fahrt war schnell und aufregend, sie bot die willkommene Annehmlichkeit einer frischen Brise und ein paar routinemäßige Flirts mit dem Tod. Geneviève kannte sich in den engen Gassen aus, in den versteckten Höfen und Piazzas. Sie lenkte ihr treues Ross gekonnt, schoss an den feststeckenden Autos vorbei und winkte fröhlich, wenn die Fahrer wütend hupten.
Kate presste sich gegen Genevièves Rücken, bekam ihre blonden Haare ins Gesicht und merkte, dass sie der Verführung zu erliegen drohte. Schon spielte sie mit dem Gedanken, sich selbst einen Roller zuzulegen, wenn sie wieder zurück in London war. Auf einer solchen kleinen Traummaschine gäbe sie am Highbury
Corner sicher eine gute Figur ab. Vor
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