Die Vampire
das Herz herausreißen können.
Er hatte Beauregard gesagt, dass Winthrop Leute in Draculas Umgebung hatte. Das war eine gewisse Übertreibung gewesen. Die Vampire aus dem Haushalt des principe, die im Dienst des Diogenes-Clubs standen, waren wahrscheinlich Doppelagenten, die nur weitergaben, was ihr Herr wollte. Aber das änderte sich jetzt womöglich.
Dies war die Frau, die er in Rom treffen sollte.
Anibas fuhr die ausgefransten Narben auf seiner Brust entlang, streifte ihm die Jacke von der Schulter.
Mit der Hochzeit würde das Haus Vajda vom Haus Dracula absorbiert
werden. Eine Hackordnung, die seit Jahrhunderten bestanden hatte, würde sich verändern. Tiefe Unzufriedenheit regte sich und konnte zum Vorteil Englands genutzt werden.
»Meine Urgroßtante ist eine entsetzlich dumme Person«, flüsterte Anibas. »Sie würde Ihnen ganz und gar nicht gefallen.«
»Weiß sie, wo Sie sind?«
»Zweifelsohne. Sie ist schon immer misstrauisch gewesen und wittert überall Verschwörungen gegen sich. Sie denkt, jedes unbekannte Gesicht wäre ein Jesuit, der geschworen hat, ihr Eisenspieße in die Augen zu treiben. Sie ist die reinste Blamage.«
Anibas wollte natürlich gern die Stelle der Prinzessin einnehmen. Die langen Leben der Ältesten waren eine leidige Angelegenheit für arme Verwandte, die darauf warteten, Besitztümer, Titel und Positionen zu erben.
»Ich habe mich unter einem anderen Namen ins Hotel eingetragen. Sabina. Clever, hm? Das ist mein Name in einem Spiegel. Sabina. Anibas.«
Warum waren Vampire von diesem Trick so angetan? War je irgendwer auf einen Tarnnamen wie »Alucard« hereingefallen? Wenn er sich als »D. Nob« ins Hotelregister einschrieb, würde kein Mensch darauf hereinfallen. War das eine Ältestenschrulle, die er auch noch entwickeln würde?
»Sie und ich«, sagte sie, ihr Gesicht dicht vor dem seinen, »werden gemeinsam etwas aushecken, nicht wahr? Einen Plan, ein Komplott, wie Schlange und Schwein. Zum Verderben von Prinzessin Asa und zur Aufgabe dieser unklugen Verbindung? Wozu brauchen wir Vajda mit dem dünnen Blut des Vlad Tepes? Wir waren schon alt und ehrwürdig, da hat er noch Türken mit langen Stangen sodomiert. Gerechterweise müsste er vor uns im Staub kriechen.«
Winthrop hatte ihn gewarnt, Anibas gut im Auge zu behalten. In diesem Augenblick schienen sie dasselbe Ziel zu haben. Aber
wer wusste, wie es am Ende kam? Und es mischten immer noch andere mit.
Sie krabbelte über ihn, ihr Haar hing ihm ins Gesicht, ihre Brüste lagen auf seiner Brust. Unternehmungslustig fuhr sie sich mit der Zunge über die prallen Lippen.
Er verstand sehr gut, welches Spiel hier gespielt wurde.
Er packte Anibas bei den Schultern und zwang sie auf die Matratze hinunter. Dann rollte er über sie, legte sich mit dem ganzen Gewicht auf sie, bezwang ihre Beine mit den seinen.
Sie wand sich, gab vor, gefangen zu sein, schnalzte mit der Zunge und schüttelte die Haare zurück. Ihre weiße Kehle bog sich.
Er biss sie wild in den Hals und trank ihr Ältestenblut.
Als er aus dem Badezimmer kam und sich die Haare abtrocknete, badete sie im Mondlicht. Die Türen zum Balkon waren geöffnet, und der Nachtwind kühlte den Raum. Die Wunden an ihrem Hals, ihren Brüsten verblichen rasch, verschwanden, während er zusah. Er würde die Narben, die sie ihm geschenkt hatte, wochenlang haben, vielleicht noch länger.
Sie hatte sich in ihr Abendkleid gehüllt. Das rückenfreie, trägerlose Kleid war kaum züchtiger als Nacktheit. Ihre Ohrringe waren klobige Smaragdhaufen. Im Osten zählten Größe und Kompliziertheit mehr als guter Geschmack.
Er war voller Leben. Buchstäblich.
Natürlich hatte er schon früher Vampirblut gehabt. Auf diese Weise war er ja verwandelt worden, in einer Privatklinik in der Nähe von Marble Arch, wo man eine gewisse Menge seines warmen Lebenssaftes gegen Vampirblut von Sergeant Dravot ausgetauscht hatte. Seitdem hatte er im Außeneinsatz vampirische Feinde eliminiert und sich an ihnen vollgetrunken, direkt aus ihren klaffenden Kehlen. Sie hatten ihn stärker gemacht, der chinesische Doktor und der jamaikanische Voodoomeister. Ab und zu
stiegen immer noch Erinnerungen in ihm auf, als bestünden ihre Blutgeschlechter in ihm fort.
Aber das Blut einer Ältesten hatte er noch nie gekostet.
Es war wie eine Droge, es verschob seine Sinne auf eine ganz neue Ebene. Ihr Geist löschte seinen beinahe aus. Mit einem Mal wusste er vieles über Anibas, das sie ihm nicht erzählt
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