Die Vampire
bildeten Finger aus.
Bond schoss erneut, streifte aber nicht einmal Brastows schrumpfenden Schwanz.
In der Wand öffnete sich eine Klappe, und Brastow huschte hindurch.
Bond war wie vor den Kopf geschlagen. Geneviève schüttelte den ihren.
»Ich bringe Sie hier heraus.« Sie merkte, wie ihre Krallen und Zähne hervorschossen, und sammelte die Kraft, die sie brauchen würde. »Aber mehr auch nicht. Ab da sind Sie auf sich allein gestellt. Meine Geduld mit diesem albernen Spiel ist erschöpft.«
11
Totentanz
P enelope flatterte aufgeregt umher, wie ein Fledermäuschen. Tom war nicht der Einzige, dem das auffiel. Er hörte, wie einer der Ober sie als Signorina Pipistrella bezeichnete. Vielleicht wurden hier alle toten Frauen hinter dem Rücken so genannt. Wenn, dann war es unklug. Genau wie Fledermäuse besaßen auch die Toten große, empfindliche Ohren. Und Penelope konnte quasi auf Bestellung von aufgekratzter Fröhlichkeit zu mörderischem Zorn überwechseln.
Sie befanden sich unter den Caracalla-Thermen und suchten nach einem neuen Kabarett. Penelope hatte Wunderbares von einer farbigen Gesangsgruppe aus Amerika gehört, den Kool-Tones. Sie zählte zu denjenigen Europäern, die amerikanische Importe für ihre Vitalität und Dreistigkeit schätzten. Tom hegte den Verdacht, dass sie auch ihn dazu zählte, obwohl er sich weder als vital noch als dreist betrachtete. Ihm stand überhaupt nicht der Sinn danach, durch eine Stadt zu tappen, die mehrere Tausend Jahre älter war als New York, und nach irgendwelchen trällernden Negern zu suchen, die in Harlem keine bezahlten Auftritte bekamen.
Der Kit Kat Klub lag größtenteils unterirdisch und sein Eingang mitten in den Ruinen. Ein orangefarbenes Neonschild zischte zwischen den Überresten eines klassischen Frieses. Jeder war sich der Vulgarität bewusst und wollte sich unbedingt durch einen ironischen Kommentar davon distanzieren.
»Als ob man aus dem Taj Mahal ein Varieté machen würde«, höhnte Kate.
Tom hatte das Taj Mahal zwar nie besichtigt, aber bestimmt war es auch ohne Getränkekellnerinnen, die wie französische Dienstmädchen ausstaffiert waren, oder säuselnde Schlangenmenschen schon vulgär genug. Der Geschmack der Masse war noch nie gut gewesen. Ein ekelerregendes altes Etwas hatte ihm einmal erzählt, dass das klassische Rom eine Orgie des schlechten Geschmacks gewesen war, grässlich überpinselter Marmor. Weiße Büsten, die heute wie die Essenz heiterer Gelassenheit wirkten, hatten ursprünglich ausgesehen wie Vorlagen für Zirkusmasken.
Sie saßen an einem guten Tisch in der Nähe der Bühne und redeten und lachten laut genug, um die sich abmühenden Kool-Tones zu übertönen, die gerade »Blue Moon« den Garaus machten. Penelope unterhielt sich angeregt mit allen außer Tom, obwohl ihre krallenbewehrte Hand unter der Stola fest seinen Ellbogen
umklammerte. Es war, als halte sie sich an ihm fest oder als wolle sie sich vergewissern, dass ihr niemand ihr Spielzeug wegnahm. Er fragte sich, ob sie alt genug war, um sich in nichts aufzulösen, wenn ihr Herz von Silber durchbohrt wurde. Wahrscheinlich nicht. Sie gehörte ja zu diesen Viktorianern. Sie würde zu einem fetzenbehangenen Skelett mit weißen Haarsträhnen dahinschwinden. Übersät von Maden.
Seit Prinzessin Asas Standpauke befand Penelope sich am Rande einer Hysterie und stand unter dem Zwang, schrecklich amüsant und modern zu sein. Sie hatte diese Truppe aus Zweitligisten und Schmarotzern im Palazzo sowie in verschiedenen Schlupfwinkeln der Stadt um sich geschart und führte sie gerade auf eine neue Expedition. »Wen graut es schon vorm Morgengrauen« war ihr Motto.
Tom war der einzige Lebende am Tisch - bis auf einen Landsmann von ihm, einen Schrank von einem Footballspieler namens Kent. Er hatte daheim in Kansas einen Schönheitswettbewerb für mit Kraftfutter hochgepäppelte Athleten gewonnen und war nach Rom verfrachtet worden, um als Herkules in Dino de Laurentiis Verfilmung der Argonautensage mitzuspielen. Gerade war verkündet worden, dass die der Malenka zugedachte Rolle der Medea nun von Sylvia Koscina übernommen werden sollte. Kents Haare waren blauschwarz gefärbt, damit sie im Film schön glänzten. Eine Brille verlieh seinem kantigen Heldengesicht einen nachdenklichen Ausdruck, ohne jedoch die Augen zu verbergen, denen wenig verborgen blieb.
Penelopes tote Freunde waren der unbedeutende Dichter Roger Perendel, der immer noch von der verzweifelten Desillusionierung
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