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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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entlassen mich?«
    »Unauffällig. Ihr Name wurde nicht publik gemacht.«
    Dafür war Kate ihm dankbar. Sie kannte das Pandämonium, das auf sie zukommen würde, wenn ihre Verwicklung in diese Sache allgemein bekannt würde. Ihre Kollegen würden das Blut im Wasser riechen und sich in einem Nährrausch der aufdringlichen Fragen auf sie stürzen.
    »Vielen Dank, Kommissar. Sie sind ein kluger Mann und ein guter Mensch.«
    »Mag sein. Aber wenn ich diese Morde nicht aufkläre, bin ich auch bald Verkehrspolizist auf der Insel Lampedusa.«
    Er zog die Schultern hoch, dann entließ er sie aus dem Verhörzimmer.
     
    Jemand - Marcello? Geneviève? Eher Geneviève - hatte Kleidung aus ihrer Pension geholt und bei der Polizeiwache an der Piazza Venezia hinterlegt, so dass Kate nicht wieder in die Überreste ihres Festkleids steigen musste.
    Es war früher Abend, der Himmel violett. Auf den Stufen der Polizeiwache atmete sie tief ein. Sie hatte sich schon darauf gefreut, etwas anderes zu riechen als die abgestandene Luft in der Zelle.
    Drüben auf der Piazza erhob sich ein Schrei. Eine Horde Presseleute, die am Victor-Emmanuel-Denkmal herumstanden, stürzten auf sie zu und machten hastig ihre Fotoapparate, Mikrofone und Notizblöcke bereit. Blitzbirnen explodierten, Fragen
wurden in mehreren Sprachen heruntergerasselt. Ein Angriff mit Licht und Lärm.
    Sie bedeckte ihre Augen.

25
Vielen Dank für Ihren Aufenthalt
    P rinzessin Asa Vajda kniete am Fußende ihres Bettes und presste das Gesicht ins Federbett. Ihre Haare waren ein unkrautartiges Gewirr. Die Tagesdecke war mit blutigen Tränen verschmiert.
    Tom versuchte vorsichtig, ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Als er das letzte Mal zur Prinzessin geschickt worden war, hatte sie ein handgranatengroßes Teufelsei von Fabergé nach ihm geworfen. Die Tür wies eine Kerbe auf, und der Staubfänger lag unbeachtet auf dem dicken Teppich. Das umgedrehte Kreuz an seiner Spitze war verbogen. Was das Ei an Geld wert war, mangelte ihm zugleich an Geschmack.
    »Prinzessin«, sagte Tom.
    Asas Rücken zuckte unter Schluchzern. Sie war, wie eine düstere Ophelia, vor Kummer wahnsinnig.
    »Prinzessin«, sagte er noch einmal.
    Sie sah von dem Federbett auf. Haarsträhnen hingen ihr wie Tang über den Augen. Ihre Wangen waren nass von Blut. Sie hatte sich die üppige Unterlippe zerbissen. Es war sogar ein wenig Wasser in ihren Tränen.
    »Penelope … Miss Churchward … sie fragt sich, ob Ihr vielleicht herunterkommen und etwas Tee zu Euch nehmen möchtet. Die Polizei ist gegangen.«

    Inspektor Silvestri sah taktvoll davon ab, die Prinzessin zu einem Gespräch zu drängen. Aber die Polizei schaute jeden Tag in Fregene vorbei, und die Untersuchung des Tatorts war auch noch nicht abgeschlossen. Viele Teile des Palazzo Otranto waren abgesperrt und wurden bewacht.
    Asas Hände krabbelten über das Bett wie weiße Spinnen. Tom war auf der Hut, vielleicht suchte sie ja wieder nach einer Waffe. Aber sie stand auf. Sie trug seit Tagen dasselbe schmutzige weiße Kleid, das Kleid für die Hochzeit, um die sie betrogen worden war. Nun taugte es höchstens noch als Leichenhemd.
    Die Luft im Zimmer war schwer vom Geruch der Toten. Neben dem Bett stand eine Schale mit verwelkten Veilchen.
    Die Prinzessin fuhr sich durch die Haare. Ihre Finger blieben in Knoten und verfilzten Strähnen hängen. Sie war nicht gesellschaftsfähig.
    Das tote Miststück heftete ihre irren Augen auf ihn. Tom war immun gegen ihre Reize. Penelope hatte ihn völlig fertiggemacht. Es war nicht so, dass er die Kraft in sich hatte, einer Ältesten wie Asa zu widerstehen; er besaß nur gar keinen eigenen Willen mehr, der sich brechen und beherrschen ließ.
    Die Prinzessin gab auf.
    »Tee wird in einer Stunde serviert«, sagte er. »Man hofft auf Eure Gesellschaft.«
     
    Vielleicht war es Liebe, was er für Penelope empfand. Früher hatte er einmal angenommen, dass er zur Liebe nicht fähig war, hatte sogar offen angezweifelt, dass es diese Emotion, von der alle Welt redete, überhaupt gab. Nun war seine ganze Person mit einer anderen verschmolzen, mit einer Toten obendrein. Seine Zufriedenheit und Gemütsruhe hingen von ihren Stimmungen ab. Wenn er nicht so benommen vom Blutverlust gewesen wäre, hätte ihn das kalte Entsetzen darüber gepackt, dass er so weit vom Weg abgekommen
war. Inzwischen verstand er, warum alle Welt von »sich verlieben« sprach, als hätte man einen Fehler gemacht, wie bei »sich verfahren« oder

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