Die Vampire
Botschafterin, John Profumo, der britische Kriegsminister, General Giovanni di Lorenzo, Kopf der italienischen Geheimpolizei, Andrej Gromyko, der sowjetische Außenminister, und General Charles de Gaulle, Präsident der Französischen Republik. De Gaulle war womöglich persönlich gekommen, um sich zu versichern, dass Dracula endgültig tot war.
Flügeltüren wurden geöffnet, und Diener schoben eine Reihe Teewagen herein.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten?«, fragte Penelope. »Es ist eine Tradition des Hauses.«
Sie benahm sich wie die Witwe. Als sie eine bauchige Teekanne ergriff und sich zum Einschenken vorbeugte, warf Profumo verstohlen einen Blick auf das Oberteil ihres Sommerkleids.
De Gaulle schnaubte mit seiner großen Nase über diese britische Affektiertheit. Penelope lenkte seine Aufmerksamkeit auf
eine Karaffe mit Brandy, die offensichtlich eher sein Gefallen fand. Mrs. Luce, die Tom unangenehm an seine Tante erinnerte, war wenig erfreut über diese zuvorkommende Behandlung. Es behagte ihr weder, von einer toten Frau Tee gereicht zu bekommen, noch mit einem bekannten Kommunisten an einem Tisch zu sitzen. Gromyko nippte seinen schwachen Tee mit Milch und spreizte dabei den kleinen Finger ab wie jemand, der einen Benimmkurs absolviert hatte.
»Vielen Dank, gnädige Frau«, sagte der Russe.
»Gern geschehen.«
»Wenn wir dann zur Sache kommen könnten, Andrej«, sagte Mrs. Luce. Sie benutzte den Vornamen des Russen wie eine Beleidigung.
»Durchaus, Clare«, gab er zurück und zuckte entschuldigend zu Penelope hin die Schultern.
»Wer ist diese Person?«, wollte Di Lorenzo wissen und meinte Tom.
»Meine rechte Hand«, sagte Penelope. »Ein Landsmann von Ihnen, Botschafterin. Vielleicht kennen Sie seine Familie.«
Wie sich herausstellte, kannte sie sie nicht. Was ein Segen war.
»Miss Churchward«, machte Profumo einen Vorstoß, »sind Sie berechtigt, im Namen des Hauses Dracula zu sprechen?«
»Den Eindruck hat es jedenfalls. Ich habe keine festgelegte Position inne, bin aber lange genug Teil dieses Haushalts gewesen, um mit seinen Angelegenheiten vertraut zu sein. In Ermangelung eines offiziellen Testamentsvollstreckers habe ich den Vorgang in die Hand genommen. Bis jetzt bin ich keinerlei Einwänden begegnet.«
Profumo nickte.
»Sind Sie mit den Bedingungen hinsichtlich der Anwesenheit des principe im Palazzo Otranto vertraut?«, fragte der Italiener.
»Nicht in ihrer Gänze«, sagte Penelope. »Soweit ich weiß, wurde
während des letzten Krieges ein Abkommen zwischen Dracula und den Alliierten geschlossen. Gehe ich recht in der Annahme, dass diese Gesellschaft darum so ein interessantes internationales Flair hat?«
»Dracula hat sich hier auf Kosten der Allianz aufgehalten«, konstatierte Mrs. Luce. »Eine Bedingung des Croglin-Grange-Abkommens war es, dass er keinen Versuch unternimmt, den Palazzo zu verlassen.«
Penelope nickte. Tom hatte sich schon gefragt, ob Dracula vielleicht eine Art Gefangener gewesen war.
»Wir waren beunruhigt über seine Verlobung, werte Dame«, sagte Gromyko. »Es war nie klar, wo Braut und Bräutigam residieren würden. Die Möglichkeit, dass sie sich dafür entscheiden könnten, diesen Palast zu verlassen und so gegen Croglin-Grange zu verstoßen, gab uns einigen Anlass zur Sorge.«
Mrs. Luce warf dem Russen einen bösen Blick zu. Sie war nicht nur eine beinharte Antikommunistin und Befürworterin des Kurses des damaligen Senators Joseph McCarthy, sondern auch bekannt für ihre Feindseligkeit den Toten gegenüber. Auf sie ging der Slogan »Weder rot noch tot« zurück, den ihr Ehemann Henry mit seinem überdeutlich betitelten Life Magazine populär gemacht hatte.
»Beklagenswerterweise ist dieser Anlass inzwischen hinfällig geworden«, sagte Penelope.
»Gewiss, gewiss«, versuchte Profumo die Wogen zu glätten. Der Minister stürzte sich auf die Kekse, als hätte er die Mittagspause versäumt.
»Gibt es keinen Dracula«, sagte di Lorenzo, »gibt es kein Croglin-Grange.«
Tom verstand nicht.
»Nun denn«, sagte Penelope. »Wenn ich noch so lange bleiben dürfte, bis alles geregelt ist.«
»Selbstverständlich, selbstverständlich«, sagte Profumo. »Hat jemand Einwände?«
De Gaulle sah von seinem Brandy auf und sagte: »Non.«
Tom begriff, dass sie zur Räumung gezwungen wurden. Die Italiener wollten ihren Palast zurückhaben. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, aber natürlich hatte Otranto dem Grafen nie wirklich gehört.
Dieser hohe
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