Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
Vom Netzwerk:
Marmorhandlauf ausbalanciert. Er lächelte.
Er konnte den Koffer einfach das letzte Stück hinuntergleiten lassen, das Geländer das Gewicht tragen lassen.
    Er hatte sich diese Beute verdient. Er hatte das Leben verdient, das er sich damit erkaufen konnte.
    Tom konzentrierte sich darauf, dass seine Füße ihre Arbeit taten, ohne einander in die Quere zu kommen, und ging Stufe um Stufe nach unten, ließ den Koffer problemlos neben sich her gleiten.
    Sobald er zur Tür hinaus war, würde er keinen Blick mehr zurückwerfen. Und nie wieder eine tote Frau an sich heranlassen.
    »Was denkt der Herr Amerikaner eigentlich, wohin er da geht?«
    Penelope sagte es nicht laut, aber ihre Stimme stach ihm in den Ohren.
    Er wandte sich um, ohne mit seinen Gedanken hinterherzukommen. Der Koffer riss sich los und rutschte das Geländer hinunter wie ein übermütiges Kind, machte einen Skisprung durch die Halle und landete schlecht, platzte auf. Schätze glitzerten um ihn herum.
    Tom sank in die Knie, hielt sich krampfhaft am Geländer fest.
    Er konnte nicht zu Penelope nach oben sehen. Er spürte ihren Blick auf sich ruhen.
    »Dazu hattest du keine Erlaubnis«, sagte sie.
    Sein Kinn schlug auf die Stufen, und er konnte sich nicht länger festhalten. Schwer atmend rollte er herum und sah zu der verschwommenen, fernen Decke hinauf. Er bot der toten Frau seine Kehle an.
    Ihr Gesicht erschien über ihm, verkehrt herum.
    Er hatte nur eine einzige Chance zu fliehen. Einen Schatz, den er nicht in den Koffer getan hatte.
    Penelope kniete sich neben ihn und streichelte seinen Kopf so liebevoll, wie sie vielleicht einen Hund getätschelt hätte. Sie beugte sich zu seinem Hals hinunter, für einen Kuss - einen Biss.

    Tom stieß ihr den Dolch, den er vorhin hatte mitgehen lassen, zwischen die Rippen. Nur dass ihre Rippen auf einmal nicht mehr da waren.
    Sie hatte sich der Silberklinge ganz beiläufig entzogen. Ihr Daumen und Zeigefinger drückten ihm das Handgelenk zusammen, fest genug, dass ein heißer Schmerz seinen Arm hinaufschoss, der sogleich von den Fingerspitzen bis zur Schulter taub wurde.
    Ihm fiel der Dolch aus der Hand.
    »So, unser Vampirmörder ist entlarvt.«
    Türen öffneten sich, und Leute betraten die Halle. Stiefel knallten auf Marmor.
    »Inspektor Silvestri«, sagte Penelope. »Guten Tag.«
    Tom konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    »Man kann auch zu clever sein, lieber Tom«, flüsterte Penelope. Sie küsste ihn zärtlich auf die Wange. Ihre raue Zunge leckte ihn vom Kinn bis zur Augenbraue, als ob Sandpapier über seine Gesichtshälfte rieb.
    Penelope half ihm aufzustehen und nach unten zu gehen.
    Silvestri stand im Eingang. Sergeant Ginko und ein uniformierter Polizist gingen den Koffer durch, sie brummten und pfiffen bei jeder Entdeckung.
    »Heben Sie dieses scheußliche Ding bitte auf, ja?«, sagte Penelope zu dem stets in der Nähe lauernden Klove und zeigte auf den fallen gelassenen Dolch. »Es ist noch eins von diesen Silbermessern.«
    Der Wirbel des Unverständnisses begann sich zu einem Bild zu formen, das Tom gar nicht gefiel.
    Klove bückte sich nach dem Dolch.
    »Signor«, sagte Silvestri, »das sieht nicht gut aus für Sie.«
    Drehte es sich um Dickie?
    Penelope übergab ihn den Polizisten. Sie packten ihn bei den Armen, hielten ihn praktisch aufrecht. Er versuchte die Lage zu
durchdenken, versuchte dahinterzukommen, wie er hier hineingeraten war.
    »Sie sind gerade rechtzeitig zu meiner Rettung gekommen, Inspektor.« Penelope ließ ihre Stimme beben, verbarg ihren eisenharten Kern. »Ich kann wohl von Glück sagen, dass ich noch lebe. Ich hatte niemals den Verdacht, dass wir einen dieser Fanatiker unter uns haben könnten. Einen Vampirmörder.«
    Silvestri ließ sich von Klove den Dolch geben.
    Oben auf dem Treppenabsatz, über Penelope, waren noch mehr Leute - Diener, und ein weißes Gespenst.
    »Könnte es sein, dass dies die Hand war, die den Schlag geführt hat?«, fragte sich Penelope.
    Warum sah denn niemand, dass sie schauspielerte? Waren sie alle von ihrer Anziehungskraft geblendet?
    Seine Bisse schmerzten. Er wollte ihren Mund an seinem Hals, ihre Zunge in seinen Wunden spüren.
    »Diese Frage werden wir klären, Signorina Churchward«, sagte der Polizeibeamte. »Jetzt nehmen wir ihn erst einmal wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl fest. Unsere Ermittlungen haben noch andere zweifelhafte Vorgänge ins Licht gerückt, in New York City und Griechenland. Scotland

Weitere Kostenlose Bücher