Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
dazwischenzugehen. Zumeist ließen die Vampire ihre Opfer nicht völlig blutleer zurück. Sie verschandelten die Opfer bis zu Unkenntlichkeit. Die Leichen mussten so aussehen, als wären sie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen, da die Vampire sonst andernfalls Gefahr liefen, enttarnt zu werden. Sobald der Vampir dann von seinem Opfer abließ, tötet Sayura ihn augenblicklich. Es war ihr unter diesen Umständen ein Leichtes, da sich die Vampire in einer Art Ekstase befanden. Es musste ihnen viel Spaß machen oder sie in eine Art Rausch versetzen, Blut zu trinken, Menschen zu töten; so sehr, dass sie ihr Umfeld nicht mehr vollständig überwachten. Wegen der feinen Sinne der Vampire musste Sayura immer sehr leise sein, sich immer entgegen der Windrichtung annähern, da ein Vampir sie sonst vorab mit seinen feinen Sinnen würde hören, riechen und fühlen können. Somit wäre ihr Anschlag bereits vereitelt, noch bevor er begonnen hätte.
Gesetze und Ordnung gab es somit auf beiden Seiten. Ob nun Vampir oder Jäger – jeder hielt sich daran. Sayura hinterfragte keines dieser Gesetze. Sie hatte nur eines vor Augen: ihre persönliche Rache, und das machte sie zu einer sehr gefährlichen Jägerin.
Sayura fragte sich in diesem Moment, wie sie ihre viermonatige, unentschuldigte Abwesenheit im „Naked“ erklären sollte, und hoffte darauf, nicht schon längst entlassen worden zu sein.
Sie brauchte noch Zeit für sich, wollte schlafen, ihren Wunden Zeit geben zu heilen, viel essen, um ihr früheres Gewicht zurückzuerlangen. Zudem wollte sie das Haus zunächst auch gar nicht wirklich verlassen. Sie begann mit kleinen Work-ups zur Stärkung der Muskulatur des Rückens und des Bauches zu Hause und beschloss in der dritten Woche, nach ihrer Befreiung, endlich wieder ins Fitnessstudio zu gehen und zu trainieren: Ausdauer, Muskelaufbau, Krafttraining. Sie musste unbedingt in ihre alte Form zurückfinden. Unbedingt. Als sie ihr Appartement das erste Mal gegen Abend verlassen hatte, war sie zu Beginn sehr unsicher, bei jedem größeren Auto oder einem Van schreckte sie zusammen.
Noch einmal würde Natzuya sie sicher nicht retten kommen. Sie sehnte sich nach seiner Gesellschaft und bedauerte, dass er ihre Abschiedsworte derart falsch verstanden hatte; dass er mit solch schlechter Ansicht über sie gegangen war. Aber wieso verwunderte sie das? Sie war es, die von tödlicher nächster Begegnung faselte, behauptete, dass ein Wiedersehen nicht möglich sei, weil er ein Vampir war. Zum Teufel, sie hasste es, so zerrissen zu sein! Wieso erwog sie tatsächlich eine Freundschaft zu einem Vampir? Sie sollte sich endlich wieder mental darauf einstimmen, wer und was sie war: Sayura, DIE Vampirjägerin.
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Die Wochen waren ins Land gegangen, und Sayura hatte sich nach und nach erholt; zunächst körperlich. Mit ihrem Gewicht, ihrem gesunden und von Sport gestärktem Körper gewann sie an Stärke, Kraft und Selbstvertrauen zurück, was sie in ihrer Gefangenschaft eingebüßt hatte.
Zwischenzeitlich hatte sie im „Naked“ angerufen und sich für ihre lange und vor allem unentschuldigte Abwesenheit entschuldigt. Sie beteuerte, dass sie unbedingt weiterhin dort arbeiten wolle, aber ihr Privatleben gehörig auf den Kopf gestellt worden sei, sie benötige jedoch noch einige Wochen unbezahlten Urlaubs. Zunächst zeigte sich der Geschäftsführer mürrisch und wenig kompromissbereit, aber sie kannte ihn und seine Art der Zurschaustellung. Er war eine Dramaqueen. Zudem wussten sie beide, dass er Sayura nicht verlieren wollte. Bei dem Wort „unbezahlt“ im Zusammenhang mit „Urlaub“ willigte er schließlich, wenn auch widerstrebend, ein. Er verabschiedete sich mit dem Ausdruck seiner Hoffnung ihrer baldigen Rückkehr und seinen besten Wünschen.
Sayura hatte nicht einmal lügen müssen: Ihr Leben war tatsächlich ordentlich auf den Kopf gestellt worden, sie musste ihr Gleichgewicht einfach zuerst wiederfinden. Sie wusste, das würde sie nur während einer Jagd können. Draußen auf der Straße, wenn sie sich ihren Ängsten stellte, einfach von einem vorbeifahrenden Auto gekidnappt zu werden, war sie während einer Jagd doch in ihrem Element. Denn wenn sie eines konnte, war es, Vampire zu vernichten, und sie hoffte, dass es das war, was ihr das Gefühl der Gewohnheit, Vertrautheit und Sicherheit zurückbringen würde. Dass dieser Gedanke plötzlich sehr makaber klang, verdrängte sie erfolgreich. Manchmal dachte sie noch an
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