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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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»Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht der Fremdling, der in deiner Stadt lebt.« Dylan blickte zu Boden und wartete darauf, dass der Priester zum Ende kam. »Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn.« Turnbull neigte den Kopf, als habe er Dylan soeben etwas vermittelt, was dieser noch nicht gewusst hatte.
    Dylan seufzte, woraufhin Turnbull die Lippen noch fester zusammenkniff. Doch dann schlug Dylan vor: »Wie wäre es, wenn ich die Männer anweise, während ihrer Übungen zu Gott zu beten? Wahrscheinlich tun sie das ohnehin, aber würde es Euch beruhigen, wenn ich Gebete in das Programm mit einschließe?«
    In Turnbulls Gesicht regte sich nichts, und Dylan begriff, dass der Mann Kompromisse hasste. Aber an seinen Augen sah er, dass der Priester einen heftigen Kampf mit sich selbst austrug, also fügte er rasch hinzu: »Vielleicht könnt Ihr an den Sonntagen, an denen Ihr hier im Tal die Messe lest, ja zu uns kommen und mit uns beten?«
    Das gab den Ausschlag. So ungern sich Turnbull auch auf einen Kompromiss einlassen mochte, er konnte der Versuchung nicht widerstehen, seine Nase in Dinge zu stecken, die ihn eigentlich nichts angingen. Er nickte. »Nun gut. Ermahnt Eure Männer, Gottes Werk zu ehren, und ich werde mit Euch beten, wenn ich in Ciorram bin. Aber ich muss darauf bestehen, dass während Eures Unterrichts keine Waffen eingesetzt werden.«
    Dylan wollte schon protestieren, doch dann besann er sich. Es hatte keinen Sinn, diese fruchtlose Diskussion noch länger fortzusetzen, und den Punkt >Waffen< konnte er umgehen. Also nickte er knapp.
    Auch Turnbull nickte und wünschte Dylan noch einen guten Tag. Doch als er sich abwandte, um ins Tal zurückzukehren, sprang sein Kragen plötzlich auf und flatterte um seinen mageren Hals. Er schloss ihn hastig, doch der Kragen öffnete sich sofort wieder.
    Dylan wartete, bis der Priester außer Hörweite war, bevor er brummte: »Hättest du das nicht schon eher machen können, Tink?«
    »Ich hatte den Eindruck, meine Hilfe wäre gar nicht erwünscht.«
    Dylan grunzte nur und schritt weiter die Haferfelder ab.
    Während der Erntezeit Ende September bemerkte Dylan, dass Cait merklich an Gewicht zunahm, und zwar stärker und schneller als in der Zeit nach ihrer Hochzeit. Nachts im Bett schmiegte sich ihr Körper voller und weicher gegen den seinen, und am Tag spannte sich ihr Kleid enger über ihren Brüsten als je zuvor. Ein Lächeln nistete sich in Dylans Mundwinkeln ein und blieb dort einige Tage haften. Er sagte nichts, sondern wartete darauf, dass sie ihm von sich aus ihr Geheimnis verriet. Aber der Oktober kam, und noch immer verlor sie kein Wort über das Baby. Allmählich fragte er sich, wann sie denn nun mit der Neuigkeit herausrücken wollte.
    »Cait ist schwanger«, sagte er zu Sinann, während er Hafergarben auf einer leichten Anhöhe hinter seinem Haus übereinander schichtete. Die Ernte war gut gewesen, was hieß, dass er seine Pläne hinsichtlich der Gerste verwirklichen konnte. Sinann gab ihm weitere Anweisungen, wie er die Garben stapeln musste, damit sie im Regen nicht faulten.
    »Allerdings«, erwiderte die Fee in ihrem >Na und?<-Ton.
    Er sah sie einen Moment aus schmalen Augen an, bevor er die Schultern zuckte. »Es ist mir schon vor einem Monat aufgefallen, aber sie hat mir bislang noch überhaupt nichts gesagt. Ich frage mich, wie lange sie das noch für sich behalten will.«
    »Wenn ihr Bauch dick wird, wird sie es dir schon mitteilen. Falls sie das Kind nämlich vorher verliert, trauert nur sie allein darum, und das macht es ihr leichter. Wie im Juni.«
    Dylan hielt mit der Arbeit inne. »Entschuldige bitte?«
    »Och, du musst dich für nichts entschuldigen ...«
    »Nein, aber hast du mir gerade eben erzählt, dass Cait im Juni ein Kind verloren hat?«
    Sinann nickte. »Erinnerst du dich, dass sie sich nach deiner Rückkehr von den Weiden eine Weile nicht wohl fühlte? Du hast zwar die blutigen Tücher gesehen, aber sie hat dich in dem Glauben gelassen, sie hätte ihre Regel. Sie wollte dir nur Kummer ersparen, darum hat sie dir nicht die Wahrheit gesagt. Außerdem war sie

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