Die Verbindung: Thriller (German Edition)

als seine beiden Gäste sich schließlich verabschiedeten. Und nachdem er von seinem Kunden und dessen Frau erlöst worden war, hatte er es nicht eilig zu gehen. Das Seeohr mit Gänseschwimmhäuten war ein Genuss gewesen, und er wollte noch ein wenig Zeit damit verbringen, darüber nachzusinnen.
    Er kam nie nur aus Gründen, die mit seiner Arbeit zusammenhingen, ins Kami no Shizuku, sondern wegen des Gesamterlebnisses. An diesem Abend verlangte, nachdem das Geschäftliche erledigt war, das ausgezeichnete Essen nach einer ausgedehnten gedanklichen Nachbereitung. Noch wichtiger war, dass in seiner Flasche 1982er Château Lafite-Rothschild für zwei Riesen noch etwas Wein übrig war, und den würde er mit Sicherheit nicht zurückgehen lassen. Er starrte in sein Glas und lächelte, bevor er es zu einem dezenten Toast auf seine Frau erhob. »Vielen Dank, dass du sie ertragen hast.«
    »Wie bitte?« Carole Simpson hatte das Paar bereits vergessen, mit dem sie die letzten zweieinhalb Stunden des Abendessens verbracht hatten. Stattdessen dachte sie darüber nach, ob es wohl klug gewesen war, sich für den klebrigen Karamellpudding als Dessert zu entscheiden. Er war wie immer köstlich gewesen, aber sie hätte sich nicht von Kanzaki dazu überreden lassen sollen. Sobald sie ihn hinuntergeschluckt hatte, war er nur ein Haufen zusätzlicher Kalorien geworden, die sie nicht brauchte. Trotz ihrer Umgebung betrachtete sie sich noch immer als ganz normale Polizeibeamtin und war deshalb peinlich berührt, wie viel Zeit sie auf ihrem Hintern am Schreibtisch verbrachte. Ihre Bemühungen, in Form zu bleiben, waren qualvoll genug.
    »Vielen Dank, dass du heute Abend mitgekommen bist«, sagte er und goss sich den Rest des Weins in sein Glas.
    »War mir ein Vergnügen«, sagte Simpson. »Na ja, nicht wirklich, aber du weißt, was ich meine.«
    »Ja, das weiß ich …«
    »Sag mir doch noch mal, wer sie waren.«
    »Shane ist ein Investor mittlerer Größenordnung«, sagte ihr Mann beiläufig. Mittlere Größenordnung bedeutete jemand, der zwischen fünfzig und hundert Millionen Pfund in einen der Fonds von McGowan Capital gesteckt hatte. »Er macht sich keine Sorgen um sein Geld, was auch gut ist, wenn man bedenkt, dass er sich bis März nächsten Jahres gebunden hat, aber er war zufällig mit seiner Frau in der Stadt, und …«
    Carole lächelte. »Und ein wenig Beruhigung und eine Einladung zum Essen können nicht schaden, wenn der Aktienmarkt sich im freien Fall befindet.«
    »Genau«, pflichtete Joshua ihr bei, der ein leichtes Gefühl von Verärgerung unterdrückte. Er hatte in den vergangenen Tagen seiner Frau all dies mindestens dreimal erklärt, aber mittlerweile war er daran gewöhnt, dass sie seiner Arbeit nicht viel Aufmerksamkeit schenkte. Sie schien lediglich darüber amüsiert zu sein, dass er so viel Geld verdiente, indem er Zahlen über einen Computerbildschirm schob. Für eine Polizistin schien es einfach nicht real zu sein.
    Ihre lässige Haltung machte ihm jedoch nicht wirklich zu schaffen, weil er auch nicht sehr an ihrem Job interessiert war. Sie waren finanziell mehr als abgesichert, weshalb es wirklich nicht nötig war, dass sie arbeiten ging. Wie Joshua es sah, war die Polizeikiste inzwischen weniger ein Job als eine Art Hobby. Aber keiner von ihnen beiden hatte sich je gedanklich mit der Vorstellung beschäftigt, dass sie ihren Beruf an den Nagel hängen könnte. Der Job bei der Polizei war ein Kernstück ihres Daseins, war es immer schon gewesen, und er wusste, dass sie ihn nie freiwillig aufgeben würde.
    Einige Minuten lang saßen sie in ungezwungenem Schweigen da, während Simpson nicht zum ersten Mal ihren Mann mit einer Mischung aus Verwirrung und tiefer Zuneigung betrachtete. Sie fand es erstaunlich, wie er sich in knapp zehn Jahren von dem eher weltfremden Informatiker am Imperial College, den sie geheiratet hatte, in einen messerscharfen Finanzinvestor verwandelt hatte. Sie war nur froh, dass das große Haus in Highgate, die teuren Restaurants, die bedürftigen Klienten und das politische Netzwerk nicht einen völlig anderen Menschen aus Joshua gemacht und sie um das gebracht hatten, was sie anfangs in ihm gesehen hatte. Und es machte ihr Spaß, dass sie sich jetzt in Kreisen bewegen konnten, die jenseits ihrer früheren Erwartungen lagen. Viele ihrer gesellschaftlichen Erfahrungen lagen deshalb weit jenseits der Bestrebungen selbst ihrer höchsten Vorgesetzten in der Metropolitan Police. Es machte Spaß,