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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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das ernst?«, fragte Li Yandao verblüfft.
    »Es wäre mir eine Ehre.«
    »Dann komme ich, sobald ich frei habe.«
    »Ich freue mich darauf«, sagte Batügül. »Lassen Sie uns einen Beitrag zur chinesisch-uighurischen Freundschaft leisten.« Sie sah auf die Uhr. »Jetzt muss ich leider aufbrechen, es ist zwar erst acht Uhr, aber mein Bus fährt morgen früh um sechs.«
    Li Yandao erhob sich und verbeugte sich leicht. »Wo wohnen Sie? Ich fahre Sie hin.«
    »Lieber nicht. Meine Verwandten fallen in Ohnmacht, wenn ich von einem fremden Mann nach Hause gebracht werde. Sie sind sehr konservativ.«
    »Was man von Ihnen nicht behaupten kann.«
    »Täuschen Sie sich nicht. Ich bin gut darin, die moderne Welt mit den muslimischen Traditionen zu verbinden.«
    Li Yandao ließ Batügül den Vortritt, als sie das Restaurant verließen.
    Vor der Tür blieb sie noch einmal stehen. »Sie haben Marion gern, nicht wahr?«, fragte sie.
    Li Yandao sah verlegen zu Boden.
    »Sehr gern«, sagte er.
    »Marion mag Sie auch.«
    Sie verabschiedeten sich und gingen in unterschiedliche Richtungen davon.
    * * *
    In der Bar der Jugendherberge hatten sich inzwischen eine Gruppe westlicher Touristen und ein chinesisches Pärchen um einen großen Tisch geschart. Alle waren angetrunken und amüsierten sich. Jemand nahm Bruder Tuck aus seinem Eimer, ließ ihn durch einen Parcours aus leeren Bierflaschen krabbeln und stoppte die Zeit. Eine neue Runde Hans-Bier wurde an den Tisch gebracht.
    »Warum heißt es eigentlich Hans-Bier? Das ist doch ein deutscher Name.«
    »Weil es aus der Tsingtao-Brauerei kommt«, sagte Marion.
    »Und was hat das damit zu tun?«, fragte ihr Gegenüber, ein rotgesichtiger Engländer.
    »Während ihr damit beschäftigt wart, ganz China opiumsüchtig zu machen, haben die Deutschen einen lobenswerten kulturellen Beitrag geleistet und eine Brauerei gebaut. Die Chinesen waren so klug, sich das Bierbrauen beibringen zu lassen, bevor sie uns wieder aus Qingdao rausschmissen.«
    Die Chinesin neben Marion hob ihre Bierflasche und stieß mit ihr an.
    »Ein Hoch auf die deutschen Kolonialisten! Was sollten wir sonst trinken?«
    »Schlangenschnaps?«
    »Das ist Medizin.«
    Die Gesellschaft der anderen tat Marion gut und ließ sie beinahe ihren Kummer vergessen. Die Chinesin war eine auffallend hübsche Frau Ende dreißig, deren ironische Art Marions Sinn für Humor entgegenkam. Sie unterhielten sich angeregt über Marions Reisen. Die Frau war besonders von Marions Erfahrungen mit Batügüls Familie fasziniert.
    »Ich träume schon lange davon, einmal nach Kashgar zu fahren, aber die Zeit hat bisher nie gereicht«, sagte sie.
    »Das ist schade.«
    »Ich will mich nicht beschweren, es geht mir gut in Xi’an. Ganbei! «
    »Prost!«
    Nach und nach verabschiedeten sich die anderen Touristen, bis Marion mit dem chinesischen Pärchen allein am Tisch saß. Die Frau, Xiao Lin, sah sich in der Kneipe um. Obwohl es erst zehn Uhr war, waren nur noch wenige Gäste im Raum.
    »Es ist ein bisschen ruhig geworden. Wollen wir woanders hingehen?«
    Ihr Freund nickte zustimmend. »Die Barstraße ist ganz in der Nähe. Kommst du mit, Ma-Ri-O?«
    Marion stand auf und musste sich kurz an der Tischkante festhalten, um nicht umzufallen. »Gehen wir!«, sagte sie, nahm Bruder Tuck aus seinem Eimer und steckte ihn in ihre geräumige Jackentasche, wo er in der Dunkelheit umgehend einschlief.

    Es war nur ein kurzer Fußweg von der Jugendherberge zur Barstraße, die sich ihren Namen redlich verdiente: In den renovierten alten Häusern der kleinen Straße waren mindestens zwei Dutzend teuer aussehende Bars, Kneipen und Cafés untergebracht. Xiao Lin ging zielstrebig auf eine der Kneipen zu. Ein Mädchen in einem engen, viel zu dünnen mandschurischen Kleid hielt ihnen die Eingangstür auf. Marion folgte Xiao Lin in den Raum, der wie ein englischer Pub eingerichtet war, und ließ sich auf eine der gepolsterten Bänke fallen.
    »Ein netter Laden. Ich komme mir vor wie in Europa.«
    »Ich habe mir gedacht, dass er dir gefällt. Was willst du trinken? Es gibt Fassbier.«
    »Ich bin dabei.«

    Kurz nach Mitternacht verließ Marion mit Xiao Lin und ihrem Freund Zu’en die Bar. Es hatte wieder angefangen zu regnen, ein kalter Nieselregen, der Marion an Hamburg erinnerte. Sie zog sich die Mütze tief in die Stirn und bedauerte, keinen Schal zu haben. Xiao Lin hakte sich bei ihr unter. Sie schwankte ein wenig.
    »Zu’en fährt dich. Unser Auto steht um die Ecke«, sagte

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