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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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der Badestelle? Allerdings hatte der gefleckte Hengst ihr eine solche Angst eingejagt, dass sie Simons Angebot auch nicht ausschlagen wollte.
    »Na k-omm«, sagte er. »Es wird bald dunkel. Hast du überhaupt ei ne Taschenlampe eingesteckt?«
    Natürlich nicht . Julia setzte sich neben Pepper und Simon fuhr bis zur Badestelle, ohne dass sie ein Wort miteinander sprachen. Oben angekommen, stieg Simon aus, sie jedoch blieb mit trotzig ver schränkten Armen sitzen.
    Simon steckte den Kopf in die Fahrerkabine. »Na, w-as ist?«
    Julia blickte Simon fest in die Augen und fragte: »Wie hast du dir das eigentlich gedacht?«
    »G-G-Ganz einfach. Erst du und dann ich. Fang an! Gleich wird es N-acht.«
    Julia rührte sich nicht von der Stelle. Lieber blieb sie so dreckver schmiert und verschwitzt, wie sie war, als dass sie sich vor einem
    Jungen auszog, den sie erst seit fünf Tagen kannte.
    »Was ist? K-K-Kein Vertrauen? Ich werde schon nicht hinsehen.«
    Die Erschöpfung zeichnete sich in Simons Gesicht ab und Julia hat te den Eindruck, als ob er gleich umfallen würde vor Müdigkeit. Ver mutlich war sein Vorschlag vollkommen harmlos und ihre Fantasie ging bloß mal wieder mit ihr durch.
    Julia wusste nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie.
    »Pepper und ich werden so lange aufpassen, dass kein Kojote kommt und deine Kleider holt.« Simon lächelte schief.
    Julia wusste, dass es kindisch war, wenn sie jetzt nicht aus dem Wagen stieg und ein Bad nahm. Denn Simon würde es mit Sicher heit tun, ob sie nun da war oder nicht.
    Sie stieg aus und schlug die Tür hinter sich zu.
    Simon wollte Julia helfen, kaltes Wasser aus der Tonne heranzutra gen, aber sie lehnte ab. Mit einem Achselzucken überließ er ihr die Arbeit, setzte sich in den Pick-up und wandte ihr den Rücken zu. Während sie damit beschäftigt war, Wassereimer heranzuschlep pen und die richtige Wassertemperatur zu finden, verstellte er den Rückspiegel so, dass er die Badestelle im Blick hatte. Dann knipste er seine Taschenlampe an und tat, als würde er lesen.
    Aber die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen.
    Als Simon den Blick hob und im kleinen Spiegel sah, wie Julia aus ihren Kleidern stieg, fiel schlagartig alle Erschöpfung von ihm ab. Er hatte schon ein paar schöne Dinge gesehen in seinem Leben, aber nichts, das ihm so vollkommen schien wie Julias unbekleideter Kör per.
    Er fühlte sich mies, weil er ihr Vertrauen auf so feige Art hinterging, aber er hatte auch nicht die Kraft wegzusehen. Julia war schlank, aber nicht mager, und ihre langen Beine waren wohlgeformt. Der Anblick ihrer runden Brüste mit den dunkelbraunen Knospen ließ Simons Herz schneller schlagen und bunte Wünsche in seinem Hirn Gestalt annehmen.
    Er stellte sich vor, wie es wäre, Julia zu umarmen, den Duft ihrer Haut zu riechen, sie vielleicht zu küssen und . . . seine Fantasie kannte keine Grenzen. Doch zu Simons großer Enttäuschung war das, was er nun zu sehen bekam, die mit Sicherheit schnellste Bade aktion, die dieser Ort je erlebt hatte. Binnen fünf Minuten wusch Ju lia ihre Haare, seifte sich ein, tauchte unter und sprang wieder aus der Wanne. Sie beeilte sich wie verrückt, in ihre frischen Sachen zu kommen.
    Hin und wieder warf sie ihm einen hastigen Blick zu und dann tat er so, als wäre er in sein Buch vertieft. Während sie sich nach unten beugte, um einen Handtuchturban auf ihrem Kopf zu formen, stellte er den Spiegel in seine richtige Position zurück.
    »Ich bin fertig«, rief sie.
    Simon atmete tief durch, schlug das Buch zu und knipste das Licht aus. »Gut.« Es hörte sich an wie ein Seufzen.
    Während Simon neues Wasser in die Wanne füllte, kämmte Julia ih re langen Haare. Dann setzte sie sich mit dem Rücken zu ihm in den Pick-up, wie er es zuvor auch getan hatte.
    »Kann ich in deinem Buch lesen?«
    Es plätscherte. »Weiß n-nicht, ob du das kannst.«
    Julia langte nach dem roten Band und las den Titel. The Communist Manifesto , by Karl Marx. Ich glaub es nicht, dachte sie. Simon hockte tatsächlich hier am Ende der Welt und las das Kommunistische Ma nifest von Marx. Und er war ein genauer Leser. Einige Passagen im Buch hatte er rot angestrichen und sich Anmerkungen dazu ge macht.
    Julia las und blätterte, begierig darauf, mehr über Simon und das, was in seinem Kopf vorging, zu erfahren.
    Als er schließlich vor ihr stand, mit tropfnassen Haaren, sein feuchtes rotes Handtuch um den Hals gelegt, leuchtete sie ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht und

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