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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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gern?
    Julia hoffte, Simon mal allein zu erwischen, um es herauszufin den, aber er ging ihr aus dem Weg. Seit dem Gespräch mit ihrem Großvater ahnte sie, was in ihm vorging. Wenn Simon wirklich mehr für sie empfand als Freundschaft, dann musste ihn ihr Ver halten im Buchladen verletzt haben. Im Nachhinein schämte sie sich für ihre unsensible Art. Vielleicht konnte sie es irgendwie wie dergutmachen.
    Am späten Nachmittag besuchte Julia die Ziegenfamilie und schaffte es, dass der schwarze Ziegenbock ihr aus der Hand fraß. Als sie ein Bellen hörte, hob sie den Kopf und entdeckte Simon, der, gefolgt von Pepper, mit großen Schritten auf sie zukam. Lächelnd sah sie ihm entgegen, bis sie seinen finsteren Blick bemerkte. In seiner Rechten schwang Simon ein Papier. Als er nahe genug heran war, begriff sie, dass es der Zettel mit ihren Fragen war, die sie ihrem Großvater am Abend zuvor aufgeschrieben hatte. Sie hatte den Zet tel auf dem Tisch liegen lassen und irgendwie musste Simon ihn entdeckt haben.
    Mit funkelnden Augen hielt er ihr das Papier unter die Nase. »W-arum willst du all diese Dinge über m-m-mich wissen?« Seine Stimme klang zornig, die Hand zitterte. Simon ließ den Zettel fallen, der langsam zu Boden segelte. Pepper schnappte danach.
    Julia stand da und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie kannte den Grund, hatte es jäh begriffen, doch die Worte dafür lagen schwer wie Steine in ihr. Sie wurde rot und sah zu Boden. Nun war Simon wütend auf sie und das war schrecklich.
    »Warum f-ragst du mich nicht, wenn du etwas über m-m-mich wis sen willst?«
    »Ich weiß auch nicht«, antwortete Julia geknickt. »Manchmal spüre ich, dass du mir etwas erzählen willst und es dann doch nicht tust. Vielleicht, weil du schon vorher Angst hast, dass du stottern wirst und es ewig dauert, bis du es raushast. Du glaubst, was du zu sagen hast, hat dann keinen Wert mehr für mich. Aber das stimmt nicht. Ich mag dich, Simon. Deshalb wollte ich mehr über dich wissen. Du erzählst ja nie freiwillig etwas von dir.«
    Immer noch erregt, erwiderte er: »K-ann sein, es g-g-gefällt dir nicht, was ich zu erzählen habe.«
    »Das macht nichts, weil . . .«
    »Weil was?« Seine Augen verlangten eine Erklärung.
    Julia machte einen Schritt auf Simon zu und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Es schien ihr die einzig mögliche Antwort zu sein. »Das«, sagte sie, zog ihren Kopf zurück und lächelte vorsich tig.
    So zutiefst verwirrt hatte sie ihn noch nie gesehen. Für einen Au genblick schien er völlig aus der Fassung, beinahe in Panik. Simon wurde erst rot unter seiner dunklen Haut und dann blass. Ein Schweißfilm bildete sich auf seiner Oberlippe und er schien verges sen zu haben, wie man atmet.
    »Ruhig.« Julia berührte sein Gesicht mit beiden Händen. »Ganz ru hig, okay?«
    Julia nahm ihn in die Arme, spürte die ruckartigen Schläge seines Herzens und das Zittern seiner Muskeln. Und da wusste sie, dass ihr Großvater sich nicht geirrt hatte.
    Simon hielt sich an Julia fest und so standen sie eine ganze Weile, ohne dass einer von beiden etwas sagte. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, bevor er sich wortlos aus ihren Armen lös te.
    Er bückte sich zu Pepper und sagte: »Geh zurück zu Loui-Loui, mein Freund. Julia und ich wollen mal eine Weile allein sein.«
    Pepper winselte, dann trottete er gehorsam zurück zur Ranch. Si mon nahm Julias Hand und zog sie hinter sich her.
    Julia stellte keine Fragen, als sie neben Simon durch die knieho hen Beifußsträucher hinauf in die Hügel lief. Es war der Weg, den er so viele Male alleine gegangen war. Wie oft hatte er sich in die Ber ge zurückgezogen, um allein zu sein und dem Klang der eigenen Gedanken zu lauschen. Hier konnte er vergessen, dass es die übrige Welt gab. Nur grasbewachsene Hügel, Beifußbüsche und schroffer Granit. Es war sein Schutzgebiet des Schweigens. Doch nun nahm er Julia mit dorthin. Weil er es plötzlich satthatte, einsam zu sein. Weil er jetzt wusste, wie es sich anfühlte, wenn jemand ihn mochte, wie er war.
    Simon hatte begriffen, dass er Vertrauen haben musste, sonst würde er immer einsam sein. Er musste die Grenze überschreiten, sein Schutzgebiet verlassen und sich auf das Terrain begeben, wo all die anderen waren. Denn dort war auch Julia.
    Doch obwohl Simon so glücklich war wie nie zuvor, konnte er sich diesem Gefühl nicht vollkommen ergeben. Wie soll es weitergehen?, fragte er sich. Würde er ohne Julias Umarmung

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