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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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war, ins Herz geschlossen.
    »Als es Winter wurde, zogen die anderen ab. Irgendwann kam dein Grandpa und bot mir an, in den Wohnwagen zu ziehen, weil ich dann morgens nicht mehr so einen weiten Weg zum Ranchhaus hatte.« Er sah Julia an, mit seinen schwarzen, durchdringenden Augen. »Ich habe ihn gern, den alten Mann. Und wahrscheinlich mag er mich auch ein bisschen.«
    Julia blickte den Hügel hinauf und sah, wie die Pferde zum Bach hinabliefen, um zu trinken. Wie lebendige Perlen auf einer Schnur.
    »Fühlst du dich nie einsam hier draußen?«, fragte sie.
    »Ich bin gerne allein.«
    »Und was ist mit Mädchen?«
    »M-ädchen?« Er sah sie so verwundert an, dass sie lachen musste.
    »Na ja«, sagte sie, »du weißt schon.«
    Simon zuckte mit den Achseln. »Ich fürchte, ich bin k-eine gute Partie. Ein Stotterheini ohne Besitz mit lumpigen einhundertfünfzig Dollar im Monat.«
    »Stimmt«, sagte Julia. Sie blickte in seine Augen und sah das Lä cheln darin. Auch sie lächelte.
    »Kannst du es noch mal tun?«, fragte er im Flüsterton.
    »Was?«
    »Na das.«
    Ohne Simon aus den Augen zu lassen, beugte Julia sich zu ihm hi nüber und er kam ihr mit seinem Gesicht entgegen. Ihr Mund war weich und offen. Er nahm ihre Unterlippe zwischen seine Lippen, und als ihre Zungen sich in ihrem Mund trafen, fühlte er eine eigen artige Schwere in sich, als ob die Anziehungskraft der Erde plötzlich zunehmen würde. Nie zuvor hatte er sich so gefühlt und nichts ließ sich damit vergleichen.
    Es war sein erster richtiger Kuss und er hoffte, sie würde es nicht merken. Dann konnte Simon an nichts anderes mehr denken als an das Unglaubliche, das ihm passierte. Er küsste sie wieder. Und wie der.
    Irgendwann lösten sie sich voneinander, um Atem zu schöpfen.
    »Wow!«, sagte Simon. Erst hatte Julia Adas Kombi in Flammen auf gehen lassen und nun brannte er. Lichterloh.
    »Ist was?« Julia sah ihn schief von der Seite an.
    »Nein. Nichts.«
    »Kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Klar.« Alles würde ich für dich tun.
    »Könntest du meinen Zopf neu flechten?«
    »Aber...«Er hatte mit allem Möglichen gerechnet, nur damit nicht.
    »Wenn ich es selbst mache, wird der Zopf nie richtig fest.« Sie hol te ihren schweren Zopf nach vorn, löste das Gummiband und fuhr mit den Fingern durch die Strähnen, bis ihr Haar offen war. Dann wandte sie ihm den Rücken zu.
    Okay , Simon, sagte er sich, das wirst du doch hinkriegen .
    Er unterteilte ihr Haar in drei dicke Strähnen und begann zu flech ten.
    »Fester«, sagte Julia.
    Simon mühte sich redlich, aber seine Hände zitterten dabei. Er hatte noch nie einem Mädchen die Haare geflochten und es war bei nahe so aufregend wie küssen. Julias Haar knisterte unter seinen Fingern, es war heiß von der Sonne. Unseligerweise fiel ihm in die sem Augenblick Ian wieder ein. Ob Julia ihn auch gebeten hatte, ihr die Haare zu flechten?
    Er war am unteren Ende des langen Zopfes angekommen. Julia reichte ihm den Haargummi und bedankte sich.
    Simon fasste sich ein Herz und fragte sie, ob Ian ihr etwas bedeu ten würde.
    »Er ist nett«, erwiderte Julia, »das ist alles.« Sie drehte sich zu ihm um und nahm seine Hand. »Was denkst du von mir, Simon? Dass ich dich küsse, während ich einen anderen im Kopf habe?«
    Er hob die Schultern. »Ich weiß nicht, was in den Köpfen von Mäd chen vorgeht.«
    »Eine Menge.« Julia lächelte. »Und was geht in deinem Kopf vor?«
    »Ach, ich glaub nicht, dass du das wissen willst.«
    »Ich will alles über dich wissen.«
    »Aber da ist nicht viel, wirklich. Was ich dir erzählt habe, war schon alles.«
    »Ich darf immer noch fragen, oder?«
    »Klar.«
    »Was willst du denn mal werden?«
    »Was ich mal werden will?« Entgeistert sah er sie an.
    »Na, als du noch klein warst, hast du dir da nie gewünscht, Polizist zu werden, Astronaut oder Zirkusclown?«
    Simon schüttelte den Kopf. »Nein, nie.«
    »Du musst dir doch irgendetwas gewünscht haben?«
    »Einen Ort wie diesen.«
    »Dann bist du also wunschlos glücklich.«
    Simon zögerte einen Moment. »Ich war es.«
    Er spürte Julias Blick. Sie wollte wissen, was er dachte, was er da mit meinte. Aber sie fragte nicht. Sie wartete, bis er von selbst zu sprechen begann.

17.

    S imon erzählte Julia von seinen Steinen und dass sie manchmal zu ihm sprachen, wenn er sie in der Hand hielt. Julia merkte, wie er ver suchte, ihre Gedanken zu lesen. Dabei dachte sie gar nichts. Sie war ganz offen für ihn und das, was er ihr

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