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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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die Köpfe und muhten, wenn er an ihnen vorbeiging, um die Heuballen zu verteilen.
    Simon konnte wieder durch die Nase atmen, aber sein Nasenbein hatte sich grünlich verfärbt und er hatte violette Blutergüsse unter den Augen. Der Riss in seiner Oberlippe war ein schwarzer Strich. Im mer wenn Julia ihn ansah, bekam sie eine riesige Wut auf Jason. Was wird noch passieren?, fragte sie sich. Und werde ich daran schuld sein?
    Sie spürte, dass Simon unruhig war und immer wieder den Kopf hob, um sicherzugehen, dass sich kein Fahrzeug der Ranch näherte.
    »Warum sollte er herkommen?«, fragte sie schließlich. »Er hat dir seine Überlegenheit gezeigt und das genügt ihm.«
    »Vielleicht hast du recht, vielleicht aber auch nicht. Irgendwie ha be ich das Gefühl, dass er noch nicht fertig ist mit mir«, antwortete Simon.
    Nachdem die Tiere versorgt waren und Adas Gemüsegarten ge wässert, blieben sie im Haus, denn dort war die Hitze noch am er träglichsten. Auch Tommy musste im Haus bleiben. Er vermisste seine Granny und wurde immer unruhiger. Erst gegen Abend, als die Hitze nachließ, konnten sie ihn wieder in seinen Truck setzen.
    Nach dem Abendessen saßen sie am Küchentisch und warteten auf Frank. Draußen dämmerte es bereits und Julia blickte oft zum Fenster hinaus, in der Hoffnung, sein weißer Pick-up würde bald auftauchen. Obwohl Tommy von Simon sein Lieblingsessen bekom men hatte, schrie und stöhnte er und schob die Sessel durchs Wohnzimmer wie ein ruheloser Geist. Julia merkte, dass Simon ver suchte, gelassen zu bleiben. Aber das war schwer. Sie wusste, es würde eine schlimme Nacht werden.
    Schließlich klingelte das Telefon und Julia sprang auf, um dranzu gehen. Es war ihre Mutter. Im ersten Moment war Julia so über rascht, Hannas Stimme zu hören, dass sie kein Wort hervorbrachte. Endlich antwortete sie. »Ja. Ja, Ma, es geht mir gut. Alles ist bestens. Granny ist zum Testgelände gefahren, aber Grandpa ist hier.« Eine perfekte Notlüge. Hanna würde nicht darum bitten, den alten Mann ans Telefon zu holen, denn er konnte sie sowieso nicht verstehen. Hanna erzählte Julia noch dies und das, dann verabschiedete sie
    sich. Julia atmete erleichtert auf. »Das ist noch mal gut gegangen«, sagte sie zu Simon.
    Eine Stunde später wusch Simon Tommy und putzte ihm die Zäh ne, was wie gewohnt nur unter großem Geschrei und Gezeter ab ging. Im Anschluss an das Waschdrama brachte er ihn ins Bett.
    Gegen elf wählte Simon Franks Nummer. Niemand hob ab. Entwe der Frank war unterwegs zur Ranch oder er würde nicht kommen. Tommy polterte und schrie in der Kammer.
    »Ich muss mich zu ihm legen«, sagte Simon zu Julia, »sonst wird er niemals einschlafen. Du kannst ja noch eine Weile aufbleiben.«
    »Ich habe Angst«, sagte Julia.
    »Okay, dann komm mit.«
    Sie legten sich angezogen auf Adas Bett, falls in der Nacht uner wünschter Besuch auftauchen sollte. Ada hatte zwar behauptet, Ja-son würde mit seiner Mutter und seiner Schwester am Protest marsch teilnehmen, aber Simon traute dem Frieden nicht und Julia ebenso wenig.
    Es wurde eine lange, qualvolle Nacht. Tommy schrie sein »M-a-ah mah«, bis er heiser war. Simon stand immer wieder auf, um ihn zu beruhigen. Manchmal schlief Julia kurz ein, denn auf sie wirkten Si mons Worte beruhigend. Wenn er dann wieder zu ihr kam und sei nen Arm um sie legte, wurde sie wach und konnte nicht weiterschla fen, weil seine Nähe so überwältigend war.
    Der Morgen war eine Erlösung. Sie standen zeitig auf, so wie sonst die beiden Alten, und bereiteten gemeinsam das Frühstück zu. Tommy war unleidlich und quengelig, trotz Simons Fürsorge. Aber als er wie gewohnt in seinem Truck saß, beruhigte er sich. Wenig später schlief er im Sitzen.
    Simon und Julia fütterten die Tiere und kehrten anschließend ins Ranchhaus zurück. Als das Telefon klingelte, war Frank am anderen Ende der Leitung. Seine Mutter lag in einem Krankenhaus in Reno im Sterben. Deshalb war er nicht gekommen. Er war, so schnell er konnte, zu ihr gefahren. Als Julia es Simon erzählte, zog er seine Stirn in Falten.
    »Also wird er auch heute nicht kommen«, sagte er resigniert.
    »Nein. Er will sie nicht allein lassen.«
    Simon und Julia putzten das Haus. Sie wollten sich von Ada nicht nachsagen lassen, dass sie faul wären. Aber nach dem Mittagessen forderten Hitze und fehlender Schlaf ihren Tribut. Tommy rutschte auf dem Boden herum, ausnahmsweise schweigend. Simon nickte in Boyds Fernsehsessel ein und Julia

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