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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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zweite dunkle Seite zu haben. Mit en gelhafter Geduld kümmerte er sich um Tommy, trotz des fürchterli chen Chaos, das ihr Cousin angerichtet hatte.
    Die Nacht verbrachten sie abermals angezogen auf Adas Bett. Wenn Tommy kurzzeitig einschlief, sank auch Julia in den Schlaf.
    Aber meist wachte ihr Cousin schon nach zehn oder zwanzig Minu ten wieder auf und begann erneut, in seiner wortlosen Sprache zu wüten und zu klagen.
    Julia presste sich das Kissen auf die Ohren. Sei still . Bitte sei end lich still, dachte sie verzweifelt. Sie war müde und ihre Nerven wa ren bis zum Zerreißen gespannt.
    In Julia braute sich Wut zusammen, Wut auf Tommy, weil er so ein elendes Theater machte, obwohl sie und Simon sich liebevoll um ihn kümmerten. Irgendwann hielt sie es nicht länger aus und schrie: »Sei still, Tommy. Sei endlich still, hörst du.«
    Tommy verstummte tatsächlich für einen Moment. Die Stille war unheimlich. Wäre eine Stecknadel heruntergefallen, man hätte es hören können. Doch dann stöhnte und brabbelte Tommy wieder los.
    »Ich halte das nicht mehr aus«, sagte Julia voller Verzweiflung. »Warum macht er das?«
    »Er vermisst seine Granny«, sagte Simon. »Und er spürt unsere Nervosität.«
    »Ich bin so wütend auf ihn, dass ich ihn schlagen könnte«, sagte sie.
    »Ich weiß«, erwiderte Simon. »Das ist es, was du fühlst. Aber du würdest es niemals tun.«
    Er begann zu singen, mit warmer, beruhigender Stimme. Simon sang auf Shoshoni und Julia lauschte ihm gebannt. Erst nach einer Weile begriff sie, dass Tommy eingeschlafen war.
    Am Sonntagmorgen war Tommy heiser und völlig durch den Wind. Er war unausgeschlafen und unausstehlich. Julia wünschte sich nichts sehnlicher, als dass ihre Großeltern auf die Ranch zurückkeh ren würden.
    Simon brachte Tommy in seinen Truck, denn dort konnte er den wenigsten Schaden anrichten. Wie jeden Morgen versorgten sie ge meinsam die Tiere und blieben anschließend im Haus.
    Wind kam auf, drückte Grashalme zu Boden und wirbelte Staub und trockene Pflanzenteile durch die Luft. Die Plastikfolie in den Fenstern wölbte sich mit einem Rascheln mal nach drinnen, mal nach draußen.
    So müde und kaputt hatte sich Julia in ihrem ganzen Leben noch nicht gefühlt. Die Stunden schleppten sich träge dahin und sie ver fluchte ihre Großmutter, die ihnen die Verantwortung für Tommy und die Ranch aufgebürdet hatte.
    Am Nachmittag schaltete Simon den Fernseher ein, aber es gab keine neuen Nachrichten vom Testgelände.
    Julia fielen die Augen zu. Es war nur ein leichter Schlaf, aber sie träumte verworren. Sie saß allein in der weißen Badewanne am Berg, als sie auf einmal ein Knistern und Rascheln im Gras hörte. Ei ne riesige Schar Grillen kam direkt auf die Wanne zu und wenig spä ter war sie von ihnen vollkommen umgeben. Ihre fingergroßen braunen Körper glänzten in der Sonne. Sie konnte nicht aus der Wanne steigen, ohne auf sie zu treten. Julia wollte schreien, aber kein Laut kam aus ihrer Kehle.
    Ein ohrenbetäubendes Getöse riss Julia aus ihrem Albtraum. Sie schreckte hoch. Zuerst wusste sie nicht, wo sie war und was der Höllenlärm zu bedeuten hatte. Dann sah sie Simon, der versuchte, durch das Fenster etwas zu erkennen.
    »Ein Hubschrauber«, sagte er. »Direkt über dem Haus.«
    »Aber was soll das?«
    »Das BLM, nehme ich an. Ich muss raus zu Tommy, er dreht sonst durch vor Angst.«
    Simon und Julia rannten aus dem Haus, den Blick nach oben ge richtet. Die belaubten Kronen der Pappeln verdeckten den Hub schrauber, doch gleich darauf sahen sie ihn, wie er langsam in Rich tung der Berge abdrehte.
    »Das BLM«, schrie Simon, »wie ich vermutet habe. Sie fliegen über die Ranch, um die Tiere zu zählen.«
    Sie blickten dem Ungetüm nach, dessen Getöse langsam leiser wurde.
    »Na, hat der Hubschrauber die Turteltäubchen aus ihrem Liebes nest getrieben?«
    Julia fuhr herum. Neben Tommys Truck stand der silberne Zweisit zer mit den roten Streifen. Jason lehnte mit vor der Brust ver schränkten Armen an der Fahrertür und Julia entdeckte in seinen Augen pure Verachtung.
    »Was willst du, Jason?«, fragte sie. Das hatte selbstsicher klingen sollen, doch in ihrer Stimme schwang Angst mit. Julia hoffte, dass Jason sie nicht herausgehört hatte.
    »Grandma schickt mich. Ich soll nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«
    Julia war überzeugt, dass ihr Bruder log, aber was sollte sie tun? Jason wirkte erstaunlich normal. So normal, dass sich ihr die Na ckenhaare

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