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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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die rasende Wut darüber, dass Jason Tommy ge schlagen hatte, machte die fehlende Größe wett. Er drosch mit den Fäusten auf Jason ein, stieß ihm die Knie in die Rippen und zahlte ihm Peppers Tod, seine gebrochene Nase und jede Demütigung aus der Vergangenheit einzeln heim.
    Auch Simon musste einstecken. Doch es dauerte nicht lange und Jasons Kräfte ließen nach. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag er am Boden und wandte alle Kraft nur noch dafür auf, Simons blindwüti ge Schläge abzuwehren.
    Tommy hatte längst aufgehört zu schreien. Blut lief ihm aus dem Mund und bildete Blasen. Wimmernd schaukelte er hin und her.
    Starr vor Angst stand Julia da und ihr Blick haftete auf Simon, der nicht von Jason abließ. Die gewalttätige Energie in ihm erschreckte sie. Seine verborgene Seite , dachte Julia erschüttert. In seiner Raserei merkte er überhaupt nicht, dass Jason längst erledigt war und sich nicht mehr wehrte.
    Mit einem Ruck löste sie sich aus ihrer Erstarrung und stürzte auf die beiden zu, um Simon davon abzuhalten, ihren Bruder umzubrin gen. Sie riss ihn an den Schultern von Jason weg. »Hör auf!«, schrie sie. »Lass ihn los, es ist genug.«
    Mit wildem Blick stierte Simon sie an. Er brauchte eine Weile, bis er zur Besinnung kam. Schließlich rappelte er sich auf und wischte sich mit dem Ärmel über das staubbedeckte Gesicht. Dann ging er zu Tommy und holte den Jungen aus dem Pick-up, um ihn auf sei nem Rücken ins Haus zu tragen.
    Julia kniete neben ihrem Bruder, der sich auf der Erde wand und versuchte, zu Atem zu kommen. Jason blutete aus der Nase. Über der linken Augenbraue klaffte eine zwei Zentimeter lange Platz wunde. Julia half ihm aufzustehen, und so benommen wie er war, ließ er es sogar zu. Mühsam kam er hoch, schwankte aber noch ge fährlich. Als Jason endlich sicher stand, machte er sich mit hasser fülltem Blick von ihr los.
    »Ich bringe ihn um«, nuschelte er. »Sag ihm das.«
    Er wankte zu seinem Wagen, stieg ein und verließ mit aufheulen dem Motor die Ranch.

24.

    I m Haus setzte Simon den wimmernden Jungen auf einen Küchen stuhl. Tommys Lippe blutete stark. Ein Schneidezahn war locker und tat ihm weh. Simon musste den Zahn mit einem Ruck herausho len, was Tommy noch einmal Schmerzen bereitete. Behutsam wusch Simon ihm das Gesicht mit warmem Wasser.
    »Schon gut, Tommy, es wird alles wieder gut«, redete er beruhi gend auf ihn ein. »Jason ist weg. Es ist alles in Ordnung. Deine Gran ny wird bald wiederkommen, ich verspreche es dir.«
    Simons Gedanken überschlugen sich. Was, wenn Jason recht hatte und die beiden Alten verhaftet worden waren? Was, wenn sie länge re Zeit im Gefängnis bleiben mussten und Julias Bruder tatsächlich die Herrschaft über die Ranch übernahm? Dann wäre für ihn hier kein Platz mehr. Simon wagte kaum, diesen Gedanken zu Ende zu denken.
    Er gab Tommy zu trinken, und erst als er sicher war, dass der Jun ge sich beruhigt hatte, kümmerte er sich um seine eigenen Blessu ren. Er hatte eine Abschürfung auf dem rechten Wangenknochen und aufgeschlagene Fingerknöchel an seiner Rechten. Doch sonst war Jason mit seinen Fäusten kaum zum Zuge gekommen.
    Simon wusch sich das Gesicht und blickte in den halb blinden Spiegel. Was hatte er bloß getan? Er fragte sich, wer er war und was er eigentlich wollte. Vielleicht hatte er zu viel verlangt: einen Ort zum Leben, ein Mädchen, das er lieben konnte und das ihn liebte.
    Vielleicht gab es das für ihn nicht: Glück. Bisher hatte es jedenfalls einen großen Bogen um ihn gemacht. Er war ein Niemand mit lee ren Händen. Ein Stotterheini. Vielleicht hatte er nicht das Recht, je manden wie Julia zu lieben.
    Als er in die Küche zurückkehrte, stand sie am Fenster und sah hinaus. Sie hörte seine Schritte und wandte sich um. Tränen stan den in ihren grünen Augen und sie sah sehr blass aus. Er ging zu ihr, senkte den Kopf. Gerade wollte eine Entschuldigung seinen Mund verlassen, da schlang Julia ihre Arme um seinen Hals und umarmte ihn fest.
    »Es tut mir so unendlich leid«, sagte sie und schmiegte sich an ihn. Eine große Last fiel Simon vom Herzen und er holte tief Luft. »Nein, mir tut es leid. Aber als er Tommy schlug, ist bei mir eine Sicherung durchgebrannt.«
    »Ich weiß. Jason hat auch mir Angst gemacht.«
    Simon löste sich von Julia und erzählte ihr von der Wirkung der Droge Crystal-Meth, auch Ice genannt. Dass sie aufputscht und ag gressiv macht. »Sie schädigt das Gehirn und lässt dich in kurzer Zeit

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