Die verborgene Seite des Mondes
Badestelle, um sich den Schweiß, die Angst und die Müdigkeit des Wochenendes von ihren Körpern zu spülen. Simon wusch Julias Haare und sie wusch seine. Zurück auf der Ranch, führte er sie mit sanfter Entschlossenheit in seinen Wohnwagen und verriegelte die Tür.
Ein heller Sonnenstrahl, in dem Staub flimmerte, beschien einen hühnereigroßen roten Stein, der auf dem Tisch lag. Julia hatte die sen Stein bisher noch nicht in Simons Sammlung gesehen.
»Ist der neu?«, fragte sie und nahm ihn auf.
»Ja. Ich habe ihn hinter dem Trailer gefunden.«
Julia wog ihn in der Hand. Ihr Herz schlug wild gegen die Brust, die Zeit schien stillzustehen. »Und wessen Traum ist das?«
»Unserer.« Simon nahm ihr den Stein aus der Hand und legte ihn auf den Tisch zurück. Er nahm Julias Hände und zog sie neben sich auf die Couch. Eine Weile lagen sie da, einander zugewandt, und sa hen sich wortlos an. Julia entdeckte Simons Wünsche in seinem Blick. Und ihre eigene Sehsucht spiegelte sich in seinen dunklen Au gen. Es würde geschehen, das wusste sie. Doch wo war der Sinn, wenn es keine Zukunft gab?
Als Simon seine Hand ausstreckte, um sie zu berühren, fühlte sie den Sinn. Was sie zusammen erlebt hatten, war eine Wahrheit, die allein ihnen gehörte. Und das war unendlich viel.
Simon sagte nichts, seine Hände sprachen für ihn. Was er ihr jen seits der Worte zeigte, war neu und verwirrend. Julia ließ sich fallen und wurde getragen. Und endlich fanden ihre Körper zueinander, erfüllt von einer tiefen Sehnsucht. Anfangs tat es weh und war viel zu schnell vorbei. Doch als sie später noch einmal zusammenka men, war es für Julia schön, Simon zu spüren und zu wissen, dass ihr Herz bei ihm in Sicherheit war.
Ein roter Stein ist die Liebe zwischen Mann und Frau, ist der Einklang ihrer Körper im Gras. Julia war eingeschlafen und Simons Gedanken schwebten frei im Raum.
Vielleicht gab es für ihn einen weiteren Winter auf der Ranch. Er hoffte es und wusste zugleich, dass es genauso gut anders kommen konnte. Das war jetzt auch nicht mehr von Bedeutung, angesichts der überwältigenden Tatsache, dass Julia neben ihm lag und sie mit einander geschlafen hatten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte Simon das Gefühl, an einem geheimen Ort geborgen zu sein und nicht mehr ziellos umherirren zu müssen. Noch traute er sich nicht, diesem Ort einen Namen zu geben, aber er ahnte, dass es Liebe war.
Er bewegte sich nicht, sah sie einfach nur an.
Als ob Julia seine Blicke bis in ihre Träume hinein spüren konnte, rührte sie sich auf einmal und öffnete die Augen. Sie lächelte ihn an.
»Hallo«, sagte sie und küsste ihn mit großer Zärtlichkeit. Ihr Haar
kitzelte ihn im Gesicht.
»Du bist eingeschlafen«, sagte er.
»Ja. Und ich habe von dir geträumt.«
»War es ein guter Traum?«
»Du hast mir von dem roten Stein erzählt.«
Es verblüffte Simon, was sie da sagte. Er war neugierig, wollte Ju lia fragen, was er ihr über den roten Stein erzählt hatte, als er plötz lich Adas aufgeregte Rufe hörte.
So schnell er konnte, war Simon auf den Beinen und in seinen Sa chen. Julia schnappte ihre Kleider und flüchtete in Simons winziges Badezimmer. Gleich darauf hämmerte es gegen die Tür des Wohn wagens.
Simon schob den Riegel zurück und öffnete. Ada stand völlig auf gelöst und mit hochrotem Kopf vor ihm. »Tut mir leid, Simon«, sagte sie knapp. »Aber der alte Mann hat sich in den Kopf gesetzt, den lee ren Gastank vom Dach des Trailers zu holen und zum Schrottplatz zu bringen. Alleine schafft er das nicht. Du musst ihm helfen.«
Simon blickte hinüber zum Trailer. Der braune Truck stand dort, mit angehängtem Futterwagen, doch von Boyd war keine Spur zu sehen. Er verwünschte den alten Mann, der ihn von Julia fortholte, ausgerechnet jetzt. Simon hoffte, Boyd hätte es sich anders über legt und sein Vorhaben aufgegeben, aber da hörte er ein Motoren geräusch und der Traktor mit dem Frontlader hielt vor dem Trailer.
»Er ist völlig außer sich, weil Jason Tommy geschlagen hat«, sagte Ada händeringend. So besorgt hatte Simon die alte Frau noch nie gesehen.
»Ich k-omme«, sagte er. »Muss nur meine Schuhe anziehen.«
Leise erklärte er Julia, dass der alte Mann ihn brauchte. »Bin gleich wieder da, okay?«
Simon sprintete zum Trailer, wo er Boyd gerade noch davon abhalten konnte, auf das Dach zu klettern. Der leere Gastank wurde von einem rostigen Eisengestell gehalten. Simon kletterte hinauf und umwickelte
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