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Die verborgenen Fruechte

Die verborgenen Fruechte

Titel: Die verborgenen Fruechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaïs Nin
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ein sehr kleines Schwein.«
    Mit gerunzelter Stirn begann Jan zu suchen, konnte es aber nicht entdecken. Deshalb begann er einfach drauflos zu zeichnen, folgte unregelmäßigen Kanten und wirren Linien, und gleich darauf nahm ein Hund Gestalt an, der die Frau bestieg. Mit einem letzten ironischen Kohlestrich umriß er das messerförmige Geschlecht des Hundes, das fast das Schamhaar der Frau berührte.
    »Ich sehe noch einen Hund«, sagte Laura.
    »Ich nicht«, antwortete Jan und legte sich lang aufs Bett, um seine Zeichnung zu bewundern, während Laura sich erhob und einen Hund zu zeichnen begann, der Jans Hund in der klassischen Pose von hinten bestieg, den struppigen Kopf auf dem Rücken des anderen, als wolle er ihn gleich verschlingen.
    Dann machte sich Laura mit dem Kohlestift auf die Suche nach einem Mann. Sie wollte unbedingt einen Mann auf dem Bild. Sie wollte einen Mann, den sie betrachten konnte, während Jan die Frau mit dem zurückgeschlagenen Rock betrachtete. Sie fing an zu zeichnen, vorsichtig, denn die Striche durften nicht erfunden sein, und wenn sie sehr abwich, zu getreulich den Konturen des Verputzes folgte, gab es einen Baum, einen Busch oder einen Affen. Doch allmählich nahm der Körper eines Mannes Gestalt an. Gewiß, ohne Beine und mit einem sehr kleinen Kopf, aber das alles wurde mehr als wettgemacht durch sein überdimensionales Geschlecht, das ganz eindeutig in aggressiver Stimmung war, weil er beobachtete, wie sich die Hunde praktisch auf der liegenden Frau paarten.
    Endlich war Laura zufrieden und legte sich ebenfalls zurück. Beide betrachteten lachend die Zeichnung, und dann begann Jan mit seinen groben, farbfleckigen Händen unter ihrem Rock umherzutasten, als zeichne er, forme mit einem Stift die Konturen; liebevoll berührte er jede Linie, ließ seine Hände allmählich die Beine emporwandern und vergewisserte sich, daß er auch jede Stelle geliebkost hatte.
    Lauras Beine waren, wie die der Frau an der Decke, leicht geschlossen, die Zehen gestreckt wie die einer Ballerina, so daß Jans Hand, als sie ihre Schenkel erreichte und sich dazwischenschieben wollte, sie mit sanfter Gewalt teilen mußte. Voll Nervosität leistete Laura Widerstand, als wolle sie nicht anders sein als die Frau an der Decke, nur entblößt, das Geschlecht verdeckt, die Beine geschlossen. Jan arbeitete schwer daran, ihre starre Geschlossenheit zu lösen, er machte es sehr sanft, aber sehr hartnäckig, zog mit den Fingern magische Kreise auf ihrem Fleisch, als könne er dadurch bewirken, daß ihr Blut schneller kreiste, und dann vielleicht noch etwas schneller.
    Während Laura zu der Frau emporblickte, öffnete sie die Beine. Etwas berührte ihre Schenkel, wie die Schenkel der Frau von dem erigierten Geschlecht des Hundes berührt wurden, und sie hatte das Gefühl, als paarten sich die Hunde unmittelbar auf ihrem Körper. Jan bemerkte, daß sie nicht ihn fühlte, sondern das Bild. Er schüttelte sie vor Zorn und nahm sie, als wolle er sie bestrafen, mit so anhaltender, sturer Wildheit, daß er nicht aufhörte, bis sie um Erlösung schrie. Inzwischen aber sah keiner von ihnen mehr zur Decke, sondern sie lagen, in die Bettlaken gewickelt, halb zugedeckt und mit verschlungenen Beinen da. So schliefen sie ein, und die Farbe auf der Palette begann zu trocknen.

Die Ausreißerin



Pierre teilte sich die Wohnung mit Jean, einem Mann, viel jünger als er.
    Eines Tages brachte Jean ein junges Mädchen mit, das er auf der Straße aufgelesen hatte. Er hatte erkannt, daß sie keine Prostituierte war.
    Sie war etwa sechzehn, mit kurzem jungenhaftem Haarschnitt und jugendlich-unfertiger Figur, mit zwei kleinen, spitzen Brüsten. Sie hatte sofort, aber ein wenig benommen, auf Jeans Worte reagiert. »Ich bin zu Hause ausgerissen«, sagte sie.
    »Und wohin willst du? Hast du Geld?«
    »Ich habe kein Geld. Und keinen Platz, wo ich schlafen kann.«
    »Dann komm mit«, sagte Jean. »Ich mache dir etwas zu essen und gebe dir einen Platz zum Schlafen.« Sie folgte ihm mit unglaublicher Fügsamkeit.
    »Wie heißt du?«
    »Jeanette.«
    »Oh, dann passen wir ja zusammen! Ich heiße Jean.«
    Es gab zwei Schlafzimmer in der Wohnung, jedes mit einem Doppelbett. Zuerst hatte Jean wirklich beabsichtigt, das Mädchen zu retten und selbst in Pierres Bett zu schlafen. Pierre war nicht nach Hause gekommen. Er empfand kein Verlangen nach dem Mädchen, nur eine Art Mitleid, weil es so verloren wirkte. Er machte ihr das Abendessen. Dann sagte

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