Die Verborgenen
unangenehme Dinge durch. Können wir nicht einfach alles auf professioneller Ebene belassen?«
Seine Miene war noch immer so ausdruckslos wie eine geschlossene Muschel. Bryan hatte recht – es war, wie es war. Manche Dinge sollten einfach nicht sein, ganz egal, wie sehr man sie sich wünschte.
Sie nickte. »Klar. Professionell. Darf ich wenigstens erfahren, wie es deinem Dad geht?«
»Es geht ihm gut«, sagte Bryan. »Ich war heute Morgen bei ihm. Seltsam. Er hat mir das Versprechen abgenommen, dass ich mit dir noch einmal neu anfange.«
»Und hältst du immer deine Versprechen?«
»Professionell, Robin.«
»Richtig. Entschuldige«, sagte sie. Wieder biss sie sich auf die Innenseite ihrer Unterlippe. »Wenn ich noch irgendetwas herausfinde, soll ich dann Pookie anrufen oder dich?«
Er kniff die Augen zusammen, doch nur für einen kurzen Moment. Die Art, wie dabei auf seiner Haut kleine Fältchen erschienen, war so verdammt sexy. Verriet dieser Blick, dass Bryan verärgert war, oder war er gar verletzt? Nun, vielleicht steckte im Körper dieses Cyborgs ja doch irgendein Gefühl.
»Du kannst mich anrufen«, sagte er.
Pookie kam mit weit aufgerissenen Augen zurück. Er sah empört aus.
»Bist du okay?«, fragte Bryan.
»Ich werde noch mehr Geld in die Hersteller von Windeln investieren«, sagte Pookie. »Ich hoffe, sie haben Unterwäsche für Erwachsene mit mehr als einem Schließmuskel, denn Zou hat mir gerade eine zweite Öffnung in meinen Arsch gerissen. Wir müssen von hier verschwinden, Bri-Bri, und zwar schnell. Verde hat Zou erzählt, dass wir mit Tiffany Hine gesprochen haben. Zou hat den Eindruck, wir hätten ihre Anweisung ignoriert, uns aus dem Fall rauszuhalten.«
»Aber wir haben eine Leiche gefunden«, sagte Bryan. »Was hätten wir ihrer Ansicht nach tun sollen? Einen Schritt über den Toten hinweg machen und uns Donuts und Kaffee holen?«
Pookie nickte. »Vermutlich schon. Sie weiß, dass man uns mitgeteilt hat, Verde sei unterwegs, aber wir haben trotzdem weitergemacht, und jetzt ist sie mächtig sauer. Wenn sie herausfindet, dass wir hier sind, um uns Oscar anzusehen, überzieht sie unsere Eier mit Bronze und stellt sie auf ihren Schreibtisch neben die Bilder ihrer Familie.«
Robin wusste nicht viel über die internen Abläufe bei der Polizei, doch ihr war klar, dass hinter dieser Sache viel mehr stecken musste. Konnte Zou tatsächlich so nachdrücklich dagegen sein, dass Bryan und Pookie etwas mit dem Fall zu tun hatten?
Bryan knirschte mit den Zähnen. Frustration war ein Gefühl, das er sich nie zu verstecken bemühte. »Was jetzt?«, fragte er. »Geben wir den Hinweis auf den Wahrsager an Verde weiter?«
»Nein, verdammt noch mal «, sagte Pookie. »Ehrlich gesagt, ich habe gerade Mister Biz-Nass angerufen, und er erwartet uns in zwanzig Minuten. Hör zu, Robin, wir müssen los. Kein Wort über diesen Besuch, in Ordnung?«
»Natürlich«, antwortete Robin. »Wie ich schon gesagt habe: Ich hätte euch überhaupt nichts erzählen sollen.«
Pookie ging nach draußen. Bryan sah Robin einen langen Moment an, dann folgte er seinem Partner. Robin starrte ihm nach. Sie fing bereits an, alle möglichen Dinge in seine Worte hineinzulesen, und begann gleichzeitig, sich dafür zu hassen.
Mr. Biz-Nass
N orth Beach, San Franciscos »Little Italy«, grenzt direkt an Chinatown. Als kleiner Junge war Bryan mit seinem Vater oft durch beide Viertel gegangen. Der Wechsel von einem zum anderen war so abrupt und so deutlich, dass Bryan den Eindruck gehabt hatte, Tore mit einer internationalen Grenztruppe wären nicht im Geringsten unangebracht gewesen. Gerade noch waren alle Beschriftungen und Unterhaltungen auf der Straße asiatisch gewesen, und man schob sich durch eine dichte Menge Chinesen, die vor winzigen Lebensmittelläden Kisten mit Obst und Gemüse durchsahen, und im nächsten Augenblick hatte man ruhige Bürgersteige mit den Tischen von Straßencafés vor sich, an denen Leute saßen und Espresso tranken, ältere Herren knappe Bemerkungen auf Italienisch von sich gaben und jeder Laternenpfahl mit grünen, weißen und roten Bändern umwickelt war.
In North Beach bewegt sich der Handel im Wesentlichen auf zwei Ebenen. Direkt an der Straße kann man sich in einer endlosen Reihe von Restaurants, Bäckereien, Metzgereien und Süßwarengeschäften mit Essbarem versorgen; hier kann man sich auch in Geschäften voller billiger Souvenirs, überteuerter Kleider und dramatisch überteuerter Kunst mit
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