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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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schüttelte den Kopf. »Er war nicht dein Vater. Jedenfalls hat deine Mutter das nie geglaubt.«
    »Diese Schlampe war nicht meine Mutter.«
    Mit einer einzigen blitzschnellen Bewegung packte Mike die Bierflasche und warf sie nach Bryan. Braunes Glas trudelte durch die Luft. Bryan machte einen Schritt zur Seite. In einer Explosion aus Glas und Bier prallte die Flasche gegen das Fenster der Fahrertür von Pookies Wagen.
    Mike Clauser stand auf. Er sah nicht länger traurig aus. »Junge«, sagte er mit leiser Stimme, »du bist mein Sohn, aber sie war die Frau, die ich geheiratet habe . Wenn du ihren Namen noch einmal in den Schmutz ziehst, werde ich deinem Arsch auf offener Straße eine Abreibung verpassen.«
    Bryan fühlte den Hals seines Vaters in seinen Händen, bevor er auch nur begriff, dass er auf ihn losgestürmt war. Schockiert riss Mike die Augen auf.
    Bryan zog seinen Vater zu sich heran und schrie ihm direkt ins Gesicht. »Wenn du mich noch einmal bedrohst, bringe ich dich um!«
    Er fühlte, wie Mikes Puls unter seinen Fingern hämmerte. Nur einmal zudrücken …
    Was war nur in ihn gefahren? Bryan ließ seinen Vater los und trat vier Schritte zurück.
    Mike rieb sich den Hals. Er sah Bryan eher verwirrt als verängstigt an.
    »Du warst immer so ruhig«, sagte Mike. »Du hast mich noch nie … noch nie angeschrien.«
    Ja, er hatte seinen Vater tatsächlich noch nie angeschrien, und er hatte ihm ganz gewiss noch nie von Wut erfüllt die Hände um den Hals gelegt. Diese Intensität, diese extremen Höhen und Tiefen – all das war neu. Natürlich hatte er zuvor schon Gefühle gehabt, aber sie waren noch nie so rein, so überwältigend gewesen.
    Was geschah bloß mit ihm?
    »Bring einfach deine Geschichte zu Ende, alter Mann.«
    Mike hörte auf, seinen Hals zu reiben. Schwerfällig setzte er sich, öffnete eine neue Flasche und nahm einen großen Schluck. »Wir wussten nicht, was wir tun sollten«, sagte er. »Ich meine, was konnten wir schon tun? Eric brachte das Baby zu uns . Er sagte, er müsste uns das Baby geben, denn er wüsste, wir würden gute Eltern für dieses Kind sein. Wie gesagt, wir alle kümmerten uns um Eric, aber er war verrückt und obdachlos. Ein Baby in seinen Händen? Das war gefährlich. Also haben wir dich ihm abgenommen, um sicherzugehen, dass er nichts Schlimmes anstellte.«
    »Und du hast nicht die Cops geholt? Da war ein möglicherweise entführtes Kleinkind, und du hast nicht versucht, herauszufinden, wer seine Eltern waren?«
    Mike schniefte und strich sich mit der Hand über die Nase. Dann schniefte er ein weiteres Mal. »Doch, wir wollten es herausfinden. Wir wollten wissen, woher du kamst. Wir bemühten uns darum, mit Eric zu sprechen, bevor wir die Cops holen wollten. Um Himmels willen, Bryan, Eric war verrückt geworden, nachdem er für sein Land getötet hatte und mitansehen musste, wie all seine Kumpels um ihn herum starben. Wir mussten wenigstens versuchen, zu verhindern, dass Eric noch mehr Probleme bekam.«
    Bryan atmete langsam ein und aus. Er versuchte, das Chaos aus Enttäuschung und Wut unter Kontrolle zu halten, das ihn erfüllte. Das sollte der Mensch sein, zu dem er sein Leben lang aufgesehen hatte? Ein Mensch, der einem anderen das Kind wegnahm?
    »Ich habe jemand anderem gehört«, sagte Bryan. »Willst du mir wirklich in die Augen sehen und sagen, du hast das alles getan, um einen verrückten Obdachlosen vor der Anklage wegen eines schweren Verbrechens zu schützen? Hast du vielleicht gehofft, er würde dir noch ein Kind bringen, damit das erste nicht so allein ist?«
    »So war es nicht«, sagte Mike rasch. »Eric war absolut panisch , Bryan. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden gesehen, der solche Angst hatte. Er sagte, er müsste für das Baby ein sicheres, liebevolles Zuhause finden, oder er bekäme gewaltige Probleme. Er wusste, dass deine Mutter keine Kinder bekommen konnte, also hat er dich zu uns gebracht.«
    Das wurde ja immer besser. »Eric, der Obdachlose, wusste, dass ihr keine Kinder bekommen konntet?«
    »Jeder im Viertel wusste das. So hat Gott es für uns entschieden. Wir haben es nicht gerade im Radio verbreitet, aber wenn die Leute uns gefragt haben, ob wir Kinder haben wollten, sagten wir ihnen, dass wir keine bekommen konnten. Natürlich dachten wir gelegentlich an Adoption, aber wir hatten uns bis dahin noch nicht ernsthaft damit beschäftigt. Als Eric dich dann zu uns brachte, mussten wir einfach glauben, dass das vielleicht …

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