Die Verborgenen

blutüberströmte, mit Klebeband gefesselte Cop mühsam durch die Nase atmete.
    »Diesen Teil liebe ich«, sagte Sly. »Mister Blonde wird dem Bullen das Ohr abschneiden.«
    » Hey, nichts verraten.«
    »Entschuldige, mein König.«
    »Schon okay.«
    Rex sah sich um. So ein hübsches Haus. Viel hübscher als die Wohnung, in der er mit Roberta gelebt hatte. Und noch viel, viel hübscher als das Zuhause seiner Familie. Das Zuhause seiner Familie war zwar wirklich cool, aber Rex fragte sich, ob die Feuchtigkeit und der Schmutz nicht irgendeine Wirkung auf sein Volk hatten. Es musste möglich sein, einen besseren Ort zu finden, an dem sie alle leben konnten und gleichzeitig vor den Menschen geschützt waren, die sie verbrennen, die sie töten wollten.
    Sly deutete auf den Bildschirm. »Siehst du diesen Mister Orange, mein König? Der Erstgeborene erinnert mich an ihn.«
    »Welcher von ihnen ist Mister Orange?«
    Sly ging zum Bildschirm und deutete mit dem Finger auf den Schauspieler, der auf einer Rampe lag. Sein weißes Hemd war hellrot von Blut. »Der hier. Man kann Mister Orange einfach nicht trauen. Er kümmert sich nur um sich selbst. Er kümmert sich nicht um die Gang.«
    Sly konnte nicht aufhören, über den Erstgeborenen zu sprechen. Sly war Rex’ bester Freund, doch dieser Hass auf den Erstgeborenen wurde Rex allmählich unangenehm. Der Erstgeborene schien ein guter Kerl zu sein. Es war so kompliziert. Der Erstgeborene hatte sein Volk vor der Auslöschung bewahrt und Rex’ richtige Mutter gerettet. Aber gleichzeitig hatte er Babies getötet und Rex’ erwachsene Brüder und Schwestern ebenso. Sly hatte nie irgendwelche Babies getötet. Sly hatte Rex’ Feinde umgebracht. Er hatte Rex ein neues Leben geschenkt.
    Und Sly hatte sich dem Erstgeborenen widersetzt, als der Erstgeborene Rex töten wollte.
    Es war schwierig, all diese Dinge richtig einzuschätzen.
    »Der Erstgeborene wird keine Probleme machen«, sagte Rex. »Er ist niedergekniet. Er hat mich zum König erklärt.«
    Sly zuckte mit seinen mächtigen Schultern und ging wieder zur Couch zurück. »Manchmal lügen die Leute, mein König. Vergiss nicht, wenn dir irgendetwas zustößt, hat er seine führende Position wieder.«
    »Aber ich habe zu allen unseren Leuten gesagt, dass sie ihn töten sollen, wenn mir etwas zustößt.«
    Wieder zuckte Sly mit den Schultern. »Der Erstgeborene hat mehr als ein Jahrhundert lang regiert. Wir haben nie etwas anderes kennengelernt als seine Herrschaft. Wenn du keinen Nachfolger benennst, könnte er dich töten, um inmitten der allgemeinen Verwirrung die Macht wieder an sich zu reißen. Er könnte dieses Risiko eingehen.«
    Rex schwieg. Er verfolgte noch eine Weile den Film und sah, wie Mr. Blondes weißes Hemd in der Nachmittagssonne schimmerte, als er einen Benzinkanister aus dem Kofferraum des weißen Cadillac holte.
    Vielleicht hatte Sly recht. Der Erstgeborene hatte sein Volk … wie lange geführt? Einhundertfünfzig Jahre? Vielleicht war es schwierig, derartiges aufzugeben. Rex musste die Motivation beseitigen, die den Erstgeborenen antreiben könnte.
    »Sly, wie wäre es, wenn ich tatsächlich einen … wie hast du das genannt? Wie nennt man jemanden, der die Sache übernimmt, wenn man selber nicht mehr am Leben ist?«
    »Nachfolger?«
    »Genau«, sagte Rex. »Wenn ich einen Nachfolger benennen würde. Wenn ich alles eindeutig klären würde, glaubst du, dass ich dann die Unterstützung des Erstgeborenen bekäme? Denkst du, das könnte funktionieren?«
    Slys Augen wurden schmal, während er nachdachte. »Vielleicht. Doch du müsstest es allen gleichzeitig sagen, damit es keine Missverständnisse darüber geben kann, wer die Dinge nach dir übernehmen soll. Wenn du das tun würdest, wüsste er, dass er nicht gewinnen kann.« Sly nickte langsam. »Ja, ich glaube, dann wäre er sicher auf deiner Seite.«
    Auf dem Bildschirm übergoss Mr. Blonde den mit Klebeband gefesselten Cop mit Benzin.
    »Du würdest jemanden brauchen, dem du wirklich vertrauen kannst«, sagte Sly. »Andernfalls könnte der Betreffende ebenfalls versuchen, dich umzubringen. Ich möchte wirklich nicht, dass dir etwas zustößt.«
    Mr. Blonde schnippte das Feuerzeug an. Kurz bevor er den Cop in Brand stecken konnte, erklangen Schüsse. Mr. Orange schoss mehrere Male auf Mr. Blonde. Mr. Blonde fiel tot um.
    Sly sagte, der Erstgeborene wäre wie Mr. Orange.
    Rex drehte sich in seinem Sessel um, damit er den Mann mit dem Schlangengesicht direkt