Die Verborgenen
zurückgestopft«, sagte Bryan. »Er hat Oscar den Kiefer gebrochen, ihm die Zähne ausgeschlagen und das rechte Auge ausgerissen.«
Susan weinte in ihr sich immer weiter auflösendes Kleenex und begann, vor und zurück zu wippen. Alex versuchte, eine gleichgültige Miene aufzusetzen, was ihm jedoch nicht gelang.
»Und da ist noch etwas«, sagte Bryan.
Pookie räusperte sich. »Bryan, vielleicht sollten wir …«
»Der Täter hat auf ihn gepisst«, sagte Bryan. »Hörst du, Alex? Jemand hat deinen sogenannten Freund von oben bis unten vollgepisst. Oscar war kein Zufallsopfer. Jemand hat ihn gehasst. Sag uns, wer ihn gehasst hat. Vielleicht finden wir seinen Mörder.«
Alex stand auf und starrte auf die beiden Polizisten herab. »Nehmt ihr Typen mich jetzt fest?«
Pookie schüttelte den Kopf.
»Gut. Wenn ihr mich nicht festnehmt, dann gehe ich.«
»Du solltest hierbleiben«, sagte Pookie. »Oscars Mörder könnte auch hinter dir her sein. Du könntest in Gefahr sein.«
Wieder stieß Alex sein Psssch aus. »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
Susan hob die Hand und zog schüchtern am dunkelroten Ärmel von Alex’ Jacke. »Liebling, vielleicht solltest du auf das hören, was …«
» Zisch ab, Mom.« Alex riss seinen Arm weg. »Wenn du diese Schweine so magst, dann solltest du ihnen einen blasen. Ich bin weg.«
Alex ging und schlug die Tür mit einem Knall hinter sich zu.
Susan weinte und wippte wieder vor und zurück. Mit zitternder Hand griff sie nach den Zigaretten auf dem Couchtisch.
Automatisch tastete Pookie nach dem Feuerzeug in seiner Tasche, zog es heraus und hielt ihr die Flamme hin. Er rauchte nicht, doch das Feuerzeug gehörte schon lange zu seiner Verführungsstrategie. Man zog sich nett an, plauderte freundlich, bezahlte den Damen die Drinks, und schon liebten sie einen. Erstaunlich, dass ein so kleiner Akt der Höflichkeit wie der, einer Frau Feuer zu geben, das Eis brechen und ihr zeigen konnte, dass man sich für sie interessierte. Wenn es einem nichts ausmachte, einen Aschenbecher zu küssen, half einem ein Feuerzeug dabei, jemanden ins Bett zu bekommen.
Sie nahm einen langen Zug und legte das Papiertaschentuch auf den Tisch. Pookie und Bryan warteten stumm. Susan fand ihre Fassung wieder; weil es so schnell ging, wurde Pookie klar, dass sie nicht zum ersten Mal wegen Alex Tränen vergoss.
»Das mit ihm tut mir leid«, sagte sie. »Er lässt sich kaum noch kontrollieren.«
»Ja, Ma’am«, sagte Pookie. »Jungen im Teenageralter können wirklich schwierig sein. Ich jedenfalls war es.«
Sie schniefte, lächelte und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Auch was diese Geste zu bedeuten hatte, war Pookie klar, und es machte ihn traurig. Ihr Sohn steckte in ernsthaften Schwierigkeiten, sein Freund war ermordet worden, und Susan Panos machte sich immer noch Sorgen um ihr Aussehen. Wäre dies einer seiner freien Abende und Pookie unterwegs gewesen, um irgendwo ein Bier zu trinken, anstatt in einem Mordfall zu ermitteln, hätte er seine Chance, Susan Panos abzuschleppen, spontan auf fünfundsiebzig Prozent geschätzt.
»Ich kannte Oscar«, sagte sie. »Er und Alex waren seit der Grundschule befreundet. Oscar war ein guter Junge, bis …«
Sie verstummte. Es musste schwer sein zu wissen, dass ein netter Junge den falschen Weg eingeschlagen hatte, weil er sich mit den falschen Freunden herumtrieb, und dass einer dieser falschen Freunde der eigene Sohn war.
»Missus Panos«, sagte Pookie. »Wir wissen, dass Alex zu einer Gang gehört, und dabei spielt es keine Rolle, dass es sich nur um eine kleine Gang handelt. Kennen Sie irgendjemanden, der Ihrem Sohn und seinen Freunden Schaden zufügen möchte?«
Sie schniefte wieder und schüttelte den Kopf.
Bryan hustete. Das Geräusch hörte sich nass und rasselnd an. Er nahm zwei Papiertaschentücher aus der Schachtel und wischte sich den Mund ab.
»Könnte es sein, dass jemand es den Jungs heimzahlen will?«, fragte er. »Jemand, der zuvor ein Opfer der BoyCo geworden war?« Bryans Worte und sein Tonfall waren schroff und unnachgiebig. In seinen Augen hatte Susan zugelassen, dass Alex sich zu einem unverschämten Dreckskerl entwickelt hatte, und das warf er ihr ganz offensichtlich vor. Es konnte gar nicht anders sein, als dass Bryan so empfand, denn er selbst war in einer perfekten Familie aufgewachsen. Bryans Mutter war zwar schon früh gestorben, doch sie hatte ihn bis zu ihrem Tod ihre Liebe spüren lassen. Sein Vater betete noch immer den
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