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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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selteneren Formen wie Knochentuberkulose. Alles im Angebot und noch vieles mehr. Zusätzlich gibt’s natürlich noch die landestypischen Besonderheiten wie Schlangenbisse, Schädel-Hirn-Trauma durch herabfallende Kokosnüsse oder Verbrennungen dritten Grades.«
    »Was ist an Verbrennungen denn landestypisch?«, fragte Katja.
    »Das liegt an den Feuerstellen, die hier in jeder Hütte brennen. Häufig fallen Kleinkinder hinein und ziehen sich schlimmste Verbrennungen zu.«
    Katja verzog das Gesicht. »Das ist ja schrecklich. Kann man denn nichts daran ändern?«
    Das Gesicht von Dr. Sepuk hellte sich auf.
    »Können Sie aufstehen? Dann zeige ich Ihnen etwas.« Katja schwang ihre Beine über die Bettkante und folgte Dr. Sepuk in einen der Vorratsräume, der hinter dem Schwesternzimmer lag. Im Vorübergehen grüßte sie Joy und deren Kollegin, die gerade eine Kaffeepause machten. Sepuk schaltete das Licht ein und ging zu einem der Wandregale, auf dem sich ungefähr dreißig Kartons gleicher Größe stapelten. Er stellte einen davon auf den kleinen Seitentisch, öffnete ihn und beförderte eine Kiste zutage, deren Deckel er aufklappte. Neugierig war Katja näher gekommen und betrachtete die mit Blech ausgeschlagene Holzbox.
    »Das ist eine Solarkochkiste.« Sepuk klopfte auf eine der Seitenwände. »Sie ist isoliert und hat hier außen einen Sonnenspiegel. Er ist schwenkbar und kann damit dem jeweiligen Sonnenstand angepasst werden. Der innere Isolierglasdeckel der Kochkiste lässt die Wärmestrahlung hinein, aber keine erwärmte Luft wieder heraus. Dies macht die Solarkochkiste zu einem ausgesprochen günstigen, ökologisch sinnvollen Herd. Und zu einem kinderfreundlichen dazu. Kein Holz, kein Feuer. Keine Verbrennungen mehr, kein giftiger Rauch in Kinderlungen. Na, was sagen Sie?« Dr. Sepuks dunkle Augen leuchteten vor Enthusiasmus, als er ihr stolz die Kiste präsentierte, und Katja konnte sich mit einem Mal vorstellen, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sein musste, nach Australien zu gehen.
    »Eine tolle Idee. Wo haben Sie diese Kochkisten denn her?«
    »Ich habe sie vor zwei Jahren bei einer Projektarbeit in Afrika gesehen und dachte mir: Die wären auch etwas für mein Land. Ich habe mit Dr. Lambert darüber gesprochen, und der hat sich bei der Diözese dafür starkgemacht. Jetzt müsste ich nur noch die Zeit finden, die Einheimischen von diesen Zauberkisten zu überzeugen. Keine leichte Aufgabe, das können Sie mir glauben.«
    Katja musste lachen. Nach allem, was sie über Hexerei und schwarzen Zauber auf der Insel gehört hatte, konnte sie sich Dr. Sepuks Problem lebhaft vorstellen.
    Am Nachmittag stand Lambert an ihrem Bett. Ihr Knie schien so weit in Ordnung zu sein. Er setzte sich neben sie auf die Bettkante und schaute ihr ernst ins Gesicht. Als er sie schließlich fragte, ob sie nicht bleiben und mit ihm arbeiten wolle, war sie überrascht. Die Frage wirkte auf sie mehr wie eine Herausforderung als ein Angebot. Sie wurde das unbestimmte Gefühl nicht los, ihm beweisen zu müssen, dass weder die örtlichen Verhältnisse noch die Aussicht auf eine relativ ungesicherte Existenz, die sie als Ärztin im St. Mary’s erwarten würde, schrecken konnte. Auch wenn sie nicht so ganz dahinterkam, was Christoph Lambert in ihr geweckt hatte, es machte ihr etwas aus, dass er annehmen könnte, sie sei eine dieser karrieregeilen Ärztinnen, denen ein üppiges Einkommen und die gesellschaftliche Stellung wichtiger waren als eine berufliche Herausforderung, die für die Menschen vor Ort lebenswichtig sein konnte.
    Sie dachte an den Überfall und biss sich in die Wange. Das Erlebnis hatte ihr große Angst gemacht, aber sie war bereit, Lamberts Einschätzung der Lage zu vertrauen. Papua-Neuguinea sei kein sicheres Land, keine Frage, hatte er ihr gesagt. »Aber ich versichere Ihnen, dass Sie nirgends besser aufgehoben sind als hier.« Ob er sich der Zweideutigkeit seiner Worte bewusst war?
    »Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit«, hatte er schlicht bemerkt, als hätte er nichts anderes als ihre Zusage erwartet, und stellte sie dem Klinikpersonal nun offiziell als neue Kollegin vor.

    Sie wunderte sich, wie einfach es doch gewesen war zu bleiben, als sie sich einmal dazu entschlossen hatte. Michael hätte ihre Entscheidung gutgeheißen, das wusste sie. Er würde ihr zugeraten haben, hätte sich sogar für sie gefreut. Wenn er noch am Leben wäre, hätte er wahrscheinlich nicht lange gezögert und wäre mitgekommen.

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