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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Fuhrmann seufzte, nahm Jutta in den Arm und flößte ihr das Zeug ein. «Bleib bei mir», wiederholte er Minervas Worte. «Bleib bei mir, ich brauche dich noch.»
    Minerva presste ihr Ohr auf Juttas Brust, dann drückte sie mit beiden Händen auf die über dem Herzen liegenden Knochen.
    Von weitem sah sie ihren Vater gerannt kommen, gefolgt von Agathe und ihrer Mutter.
    «Was ist denn?», wollte der Gelehrte wissen.
    «Es ist das Herz, denke ich», erwiderte Minerva. «Sie hat sich den ganzen Tag schon immer wieder an ihr Herz gefasst. Hast du den Eisenhut?»
    Der Gelehrte hockte sich auf die andere Seite, riss dem Fuhrmann den Steinkrug aus der Hand, nahm selbst einen gehörigen Schluck, dann tröpfelte er mit einer Pipette ein wenig stark verdünnten Eisenhutsaft in Juttas Mund.
    Sie schluckte, und alle starrten gebannt auf ihr Gesicht. Der Fuhrmann hielt sie und flüsterte ununterbrochen: «Bleib bei mir, ich brauche dich noch.»
    Und Minerva hielt beide Hände auf Juttas Brust gepresst und drückte, während der Gelehrte mit erhobener Pipette neben der Geldwechslerin hockte.
    Agathe stand da, nuckelte an ihrem Daumen und fragte leise und ängstlich: «Ist sie tot? Kommt sie zu den Engeln?»
    Da verzog Jutta die Lippen und hauchte schwach: «Noch nicht, mein Liebchen. Dieses Mal noch nicht.»
    Und der Fuhrmann war so glücklich, dass er ihr einen Fuhrmannskuss auf die Stirn knallte, und der Gelehrte wischte sich den Schweiß von der Stirn, und Minerva lachte, bevor sie sagte: «Ich hätte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Jetzt, wo wir beinahe Freundinnen sind.»
    Und nach einer weiteren kleinen Weile erhob sich der Fuhrmann, bettete Juttas Kopf zuvor behutsam in Minervas Schoß. Dann polsterte er sein Fuhrwerk mit Stroh. «Wir bringen sie zur Försterin», sagte er dann. «Sie ist eine gute und heilkundige Frau. Dort soll sie bleiben, bis es ihr bessergeht. Und von meinem Branntwein bringe ich ihr auch noch etwas.»
    Minerva nickte. «Bist du damit einverstanden?», fragte sie Jutta, deren Lippen noch immer eine leicht blaue Tönung aufwiesen.
    «Ja», hauchte die Geldwechslerin. «Aber du musst weiter nach Hella suchen.»
    Minerva nickte. «Ich nehme den Hund. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 41
    H ella hielt das Neugeborene, als wäre es aus kostbarem böhmischem Glas. So sanft sie nur konnte, badete sie es im Zuber und sprach dabei beruhigend auf das Kind ein.
    «Mein Herzchen, mein Liebling, alles wird gut.»
    Hella sah nichts anderes mehr als dieses winzige Kind, das niemanden mehr hatte außer ihr. Und obgleich sie es sich nie hätte vorstellen können, wurde ihr Herz von Liebe überflutet. Behutsam schöpfte sie mit der Hand, die das Kind nicht hielt, warmes Wasser, wusch damit das kleine Gesichtchen, den Bauch. Dann lachte sie auf. «Du bist ein Junge, mein Herz. Ein kleiner Junge, der bald ein richtiger Lausbub sein wird. Ach, was wird Heinz sich freuen. Jetzt musst du bald einen Namen bekommen.»
    Und während Hella so mit dem Säugling sprach, wurde ihr bewusst, dass sie genau die Worte wählte, die sie ihrem Kind als Erstes hatte sagen wollen. Kurz hielt sie inne, besah von oben ihren Bauch.
    «Meine Liebe wird für euch beide reichen», raunte sie, dann hob sie den kleinen Jungen aus dem Bad, trocknete ihn ab, wickelte ihn in Tücher und legte ihn auf ihr Bett. Er hielt die Augen fest geschlossen und schlief. Und Hella setzte sich neben ihn und sagte: «Du hast viel durchgemacht heute, mein Kleiner. Und jetzt musst du ausruhen. Ich aber verspreche dir, dass dir nichts Schlimmes geschehen wird.»
    Sie rollte eines der Tücher am Bettrand zusammen, sodass der Junge nicht herausfallen konnte. Dann stand sie auf und ging zu der Kammer, in der seine tote Mutter lag.
    Sie öffnete die Tür und erstarrte. «Was macht Ihr da?», rief sie, stürzte sich mit einem wilden Sprung auf den Jedermann und versuchte, ihm das Messer aus der Hand zu reißen.
    «Ich schneide ihr das Kopfhaar ab», erwiderte der Mann, ließ aber das Messer fallen und packte Hella bei beiden Händen. «Und dann muss ich die Schwarte in die Kirche bringen, als Opfer, versteht Ihr, damit Gott weiß, dass er sie ins Paradies lassen muss.»
    «Was?», schrie Hella. Noch nie im Leben hatte sie so etwas Verrücktes gehört.
    Der Jedermann zog sie von der toten Frau fort, hatte plötzlich einen Kälberstrick in der Hand, drückte Hella auf einen Stuhl und fesselte ihr die Knöchel an die Stuhlbeine

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