Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
er, ihrem Wunsch wäre entsprochen worden.
Aber sie sagte nur: »Ich danke Eurer Hoheit, ich werde ein Glas Wein nehmen. Und ein oder zwei Erdbeeren, Mylord.« Und dabei blickte sie nicht Lord Petre, sondern Lord Salisbury an. »Aber bitte ohne Schlagsahne«, setzte sie hinzu, just als er einen Löffelvoll auf die Früchte häufte.
Mit einer Mischung aus Amüsement und Abscheu sah Martha die drei um Arabella herumhuschen wie dressierte Mäuse. Gewiss, ihre Schönheit war von der Art, die besonders Männer anziehend fanden, aber so ganz hatte Martha diese Anziehungskraft nie verstanden. Heute aber erkannte sie, was es hieß, wenn man eine Frau als gefährlich schön beschrieb. Es war die reine Wahrheit. Die Männer waren durch Arabellas bloße Anwesenheit wie hypnotisiert, und zugleich jagte sie ihnen Schrecken ein. Sie schienen zu ahnen, dass sie sie bitten könnte, alles Mögliche zu tun. Und wenn sie das tat, dann wären sie unfähig, es ihr abzuschlagen.
Alexander, der neben Martha saß, fragte sich, was Lady Mary wohl von dem Trio hielt. Es war klar, sie hegte nicht den leisesten Wunsch, dieser Clique zugerechnet zu werden. Sie saß am entgegengesetzten Ende des Zeltes und sprach mit einem Mann, den Alexander noch nie gesehen hatte. Er blickte sich nach Arabella um und sah, dass die Unsicherheit, die sie im St. James Park in dem Gespräch mit Lady Castlecomber zur Schau gestellt hatte, vollständig von ihr gewichen war – ersetzt durch ein geradezu stählernes Selbstbewusstsein. Aber seine Ansicht über ihren Magnetismus unterschied sich ein wenig von Marthas: Der entsprang nicht einfach nur ihrem ungewöhnlich schönem Aussehen. Er glaubte, er entsprang eher dem Wissen, dass ihre Schönheit eines Tages nicht mehr die Macht ausüben würde, wie sie es jetzt tat – dass diese Macht, so gewaltig sie war, nur von kurzer Dauer sein würde. Genau dieses Wissen war es, das all ihren Handlungen die bemerkenswerte Vehemenz, eine unterdrückte Dringlichkeit verlieh, über die keine vorgetäuschte Mattigkeit oder Gleichgültigkeit vollständig hinwegtäuschen konnte.
Teresa dagegen war weit entfernt von derlei subtilen Beobachtungen, wie Martha und Alexander sie machten, denn ihr war von zwei schmerzhaften Entdeckungen ganz schwindelig. Die erste war, dass Arabella sie aus ihrer neuen Freundschaft mit Lady Salisbury und Henrietta Oldmixon ausgeschlossen hatte. Und die zweite, anscheinend unbedeutende, für Teresa aber höchst bedeutsame, war, dass alle drei Damen in Reitkleidung auf dem Fest erschienen waren. Sie konnte es schier nicht glauben! Arabella hatte doch ausdrücklich gesagt, sie reite allenfalls im Soziussattel, wenn sie in der Stadt sei, wogegen sie, Teresa Blount, bei demselben Gespräch als sehr gute Reiterin gepriesen worden war. Dies wäre womöglich ihre einzige Gelegenheit gewesen, ihre Cousine auszustechen, und doch hatte sich niemand die Mühe gemacht, sie wissen zu lassen, dass man hier reiten würde! So viel Unfairness war schwer zu ertragen, und als Arabella jetzt so dasaß in ihrem neuen Reitdress, umgeben von den konzentrischen Kreisen ihrer aristokratischen Verehrer, da war es Teresa, als habe sie noch niemals eine so gallige Bitterkeit verspürt.
Während die Schwestern Blount und Alexander mit ihren Gedanken beschäftigt waren, machte Lord Petre Konversation mit Lord Salisbury – der Duke of Beaufort hatte die beiden unauffällig von den Damen abgedrängt, um den Löwenanteil der weiblichen Aufmerksamkeit auf sich selbst zu ziehen.
»Sie haben Landbesitz auf Barbados, nicht wahr?«, fragte Lord Petre.
»Zuckerrohr«, bestätigte Lord Salisbury mit wohlgefälligem Lächeln und nahm sich eine Handvoll Kirschen. Er warf sich ein paar davon in den Mund, spuckte die Kerne aus und ließ sie lässig direkt neben Martha auf das Tischtuch fallen. Er ignorierte ihren aufwärtsgerichteten Blick und sprach weiter. »Hat mir ein Vermögen eingebracht und mich fast überhaupt keinen Einsatz gekostet.«
»Ach wirklich?«, entfuhr es Lord Petre. »Wie ist denn so etwas möglich, Mylord?« Er lächelte mitfühlend zu Martha hinunter und schob die Kirschkerne fort.
»Ich brauche nie persönlich hinunterzufahren«, mümmelte Lord Salisbury mit einem Mund voller Früchte. »Meine Sklaven kommen von einem angesehenen Händler, der persönlich nach Afrika reist. Der besorgt mir immer ausgezeichnete Männer – auch Frauen, glaube ich. Die Plantage bereitet mir nicht einen Augenblick Sorgen und kostet mich
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