Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
hatte Caryll nichts davon bemerkt -, aber er war blass geworden. Alexander lächelte, dankbar dafür, Lord Petre wenigstens ein Mal in einer misslichen Situation gesehen zu haben. Anfangs nämlich war er ins White’s hineinstolziert mit an der Seite schwingendem Degen, als sei er ein Ritter im Harnisch, der nach einem harten Turniertag heimkehrt zum Bankett. Aber hinausgeschlichen war er dann, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt und wahrscheinlich bedenkend, dass ihm wohl nicht mehr viele Turniere vergönnt waren, wenn sein Körper auf einen Karren gebunden und in vier blutige Teile zerteilt würde.
11. Kapitel
»So stellen sie vergnügt von Haus zu Haus
Den Spielzeugladen ihres Herzens aus.«
»Arabellas Unterrock hatte keinen Volant«, erklärte Teresa ihrer Schwester, als sie eines Morgens, etwa eine Woche nach der Oper, beisammensaßen. Martha war mit ihrer Handarbeit beschäftigt, Teresa hielt einen Brief in der Hand.
»Von wem ist denn der Brief, Teresa?«, fragte Martha und überhörte die Bemerkung ihrer Schwester, die sie jetzt schon mehrfach vernommen hatte.
»Von unserm Großvater«, antwortete die. »Aber er hat eigentlich nichts zu sagen – er fragt bloß, wie es uns geht, ob unsere Tante sich von ihrer Erkältung erholt hat und ob Alexander sich bei uns gemeldet hat. Alexander hat ihm das inzwischen wahrscheinlich schon selbst mitgeteilt. Er liebt es ja, lange Briefe zu schreiben und sich mit diesem oder jenem Autor, den er gelesen hat, wichtig zu machen.«
Sie trat an den Spiegel, um ihr Gesicht zu betrachten. Martha beobachtete sie, wie sie den Kopf erst zur einen Seite, dann zur anderen drehte.
»Weißt du, ich glaube, mein Profil ist genauso hübsch wie das von Bell«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu ihrer Schwester. Am Tag zuvor war sie ganz niedergeschlagen von einem Morgenempfang bei Arabella zurückgekehrt, hatte fast eine geschlagene Stunde lang allein in ihrem Zimmer gesessen, und als Martha sie dann gefragt hatte, sagte sie: »Arabella hatte neue Freunde da, denen ich noch nie begegnet bin. Sie muss dauernd unterwegs gewesen sein – ohne mich.« Martha nahm an, dass dies der Grund war, weshalb sich Teresa heute so um ihre Aufmachung sorgte.
Wieder begutachtete Teresa ihr Profil. »Ich hab Arabella gestern beobachtet, wie sie mit Lady Salisbury geredet hat«, sagte sie. »Ihre Nase ist an der Spitze nach oben gebogen. Aber irgendwie schafft sie es immer, so zu stehen, dass man es nicht sieht.«
»Was ist denn das für ein Päckchen da auf deinem Schreibtisch, Teresa?«, fragte Martha.
»Ach, irgendwas von Alexander, glaube ich«, antwortete sie, ohne hinzusehen.
Martha musterte ihre Schwester scharf. Die musste wohl der Meinung sein, dass Alexander nicht interessant genug sei als Freund für Arabella und ihren neuen Kreis. Aber sicherlich hätte sich Teresa nie träumen lassen, dass Arabella an einem jungen Dichter sehr wohl interessiert sein könnte. Wie eigensinnig naiv sie doch sein konnte, dachte Martha.
»Von Alexander?«, wiederholte sie. »Was ist es denn?« Sie ging hinüber und sah sich das Päckchen an.
»Weiß nicht – sieht aus wie irgendein Buch«, meinte Teresa. »Wahrscheinlich schickt er uns diesen Franzosen Boileau zum Lesen. Alexander hat doch neulich so einen Scherz über ihn gemacht, den ich nicht mal ansatzweise verstanden habe. Er sagte, er würde uns mal einen Band von ihm geben.«
Martha nahm das Päckchen und wendete es in der Hand. »Boileau? Das glaube ich nicht – ich denke, es ist Alexanders neues Gedicht. Er sagte doch, er würde es uns schicken, obwohl es noch nicht in den Buchläden ist.«
»Na ja, ich meine, er hätte wenigstens damit warten können, bis alle anderen es auch lesen! Was hat es für einen Sinn, sich durch fünfzig Seiten Poesie zu quälen, wenn niemand sonst dasselbe tut?«
Martha lachte ärgerlich und sagte: »Teresa, komm endlich von diesem Spiegel weg!«
Aber das tat sie nicht, sondern betrachtete Marthas Spiegelbild, das sie hinter ihrem eigenen sah. »Warum machst du es nicht auf, wenn du so erpicht darauf bist?«, sagte sie.
Aber Martha hatte sich bereits hingesetzt und begonnen, es auszuwickeln, und sie fand darin den gleichen kleinen Band, den Jacob Tonson ein paar Wochen zuvor Alexander gezeigt hatte. Sie klappte den Buchdeckel auf.
»Essay on Criticism «, las sie. »Wie schön das aussieht. Aber Alexander setzt seinen Namen nicht aufs Titelblatt – so eine Schande!«
»Vielleicht, weil er weiß,
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