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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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    Das vertraute Gefühl, zu fallen, fing wieder an. Sie rutschte in den Schmerz, den gähnenden Abgrund aus Verzweiflung, der sich vor zwölf Jahren an dem Tag aufgetan hatte, als ihr Bruder, der von allen geliebte Erbe der Grafschaft Everoot, getötet wurde.
    Von Gwyn getötet wurde.
    Mama starb drei Monate später. Ihr Herz war am Verlust des einzigen Sohnes zerbrochen. Papa lebte weiter, in sich zurückzogen wie in ein Schneckenhaus.
    Wie immer, wenn die Erinnerungen kamen, begann sich auch jetzt Gwyns Körperhaltung zu verändern. Ihre Schultern sackten nach vorne, die Kehle wurde ihr eng. Ach, Mama. Ich vermisse dich so sehr. Es war ein schrecklicher Unfall. Das habe ich Papa so oft gesagt.
    »Nehmt.«
    Pagans Stimme riss sie aus der entsetzlichen Erinnerung.
    Gwyns Kopf ruckte hoch. Er beobachtete sie und hielt ihr eine Flasche hin. Sie schüttelte den Kopf. Dann griff sie doch danach und verbannte die finsteren Gedanken, und nahm die Flasche. »Du bist zum Glück ganz unkompliziert.«
    »Ihr meint, das Getränk ist es.«
    Sie schüttelte sich, als das inzwischen vertraute Feuer sich einen Weg durch ihre Kehle bahnte. Dann hob sie die Flasche, als wollte sie auf jemanden trinken. »Auf die einfachen Getränke.«
    »Und die nicht so einfachen Frauen.«
    »Meine Güte.« Sie lachte leise. »Ich wusste nicht, dass sie so viel wert sind, dass es lohnt, auf sie zu trinken.«
    Seine schiefergrauen Augen waren in der Dunkelheit undurchdringlich. »Und was wisst Ihr darüber?«
    »Über komplizierte Frauen?«
    »Über die Männer, die auf sie trinken.«
    »Oh.« Sie blinzelte. »Eigentlich nichts.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    Zu dem Thema war wohl nichts mehr zu sagen, oder sie hatten bereits zu viel gesagt. Gwyn iühlte sich einfach nur ... ungebärdig. Darum sagte sie auch nichts mehr. Stattdessen nahm sie noch einen großen Schluck. Als die Flüssigkeit sich in ihrem Magen niederließ und dort ihre Wärme verbreitete, stellte Gwyn die Frage, die sie Pagan schon hatte stellen wollen, seit sie Hippingthorpe Hall hinter sich gelassen hatten.
    »Was habt Ihr dort getan, Pagan?« »Wo?«
    Sie iühlte sich wirklich ungebärdig. Oder betrunken. Der Ausdruck auf seinem Gesicht hätte ihr eine Warnung sein müssen. »In Hippings Jagdhaus.«
    Ein leises Lächeln umspielte seinen Mund. Ein dunkles, gefährliches Lächeln. »Das wollt Ihr nicht wissen.«
    »Nein«, gab sie zu. Ihre Stimme wurde leise, bis sie kaum mehr als ein Flüstern war.
    »Es war nicht besonders feinfühlig, Euch zu fragen, stimmt's?«
    »Ich hätte Euch geraten, diese Frage nicht zu stellen.«
    »Und ich, Sir«, sagte sie schwach, »ich hätte uns beiden geraten, nahezu nichts von dem zu tun, was wir heute Nacht getan haben.«
    Er schwieg daraufhin lange. »Nun, aber Ihr habt es trotzdem getan, Rabenmädchen.«
    In seiner tiefen Stimme lag eine allzu sinnliche, selbstsichere Drohung. Sie sah in seine Augen, die ihre Farbe von Grau zu
    Grün und schließlich zu rauchigem Schwarz veränderten. Gwyn hatte das Gefühl zu fallen. Ihr schwindelte, ihre Finger waren kalt, ihr Gesicht heiß. Sie vermutete, dass es die Angst war, die von ihr Besitz ergriff. Es musste Angst sein. Es fühlte sich jedenfalls so an, denn ihre Haut zog sich schmerzlich zusammen, und ihr Herz hämmerte.
    Aber es war keine Furcht.
    »Wohin bringt Ihr mich, Pagan?«, fragte sie.
    Er zögerte nur kurz. »Ich weiß von einem Gasthaus.«
    »Und ich weiß von einem Kloster«, erwiderte sie matt. Klang es so verzweifelt, wie sie sich fühlte? »In ein Gasthaus zu gehen scheint nicht besonders ... vernünftig zu sein, oder?«
    Er ließ seinen Blick zu dem klaffenden Riss in ihrem Kleid wandern, den sie mühsam zu bedecken versuchte. Als hätte er sie dort leibhaftig berührt, ließ sie die Hand sinken. »Es fehlt mir vielleicht im Moment ein wenig an Einfühlungsvermögen«, gab er leise zu.
    Wieder Schweigen, einen Herzschlag nur, dann sagte sie: »Ich glaube, jetzt bin ich sprachlos.«
    »Bien«, murmelte er. Seine Stimme klang so rau und männlich, dass sie Versprechen oder Drohung zugleich sein konnte. Gwyn spürte die Nässe zwischen ihren Schenkeln erwachen. Sein Körper strahlte eine Hitze aus, die nach ihr verlangte. Sie empfing sie wie Wellen, die ihren Umhang und ihr Kleid durchdrangen und auf ihre Haut prallten. Pulsieren, Hitze. Komm näher. Pulsieren.
    Er stand mit leicht gespreizten Beinen vor ihr. Seine Schultern waren so breit, dass sie das Mondlicht

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