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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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an sich, das ihre Leidenschaft aufflammen ließ und sie bis ins Mark erschütterte. Ihr Leben war plötzlich wie ein gähnender Abgrund der Verzweiflung, der sich vor ihr auftat. Unvermittelt sah sie vor sich, wie ihr Leben vor der Begegnung mit ihm gewesen war und wie es danach wieder sein würde: schmerzend und trostlos. Wie ein wochenalter Fisch.
    Ein greller Blitz erhellte die Kammer, dann krachte ein ohrenbetäubender Donner.
    Gwyn sprang beinahe aus dem Bett. Ein gespenstisch klingendes Heulen jagte um das Haus, als ein heftiger Windstoß gegen die Außenwand drückte. Gwyns Haarspitzen hoben sich wie von Geisterhand, als der Sturm durch alle Ritzen in die Kammer drang und ein Knistern in der Luft war, das alles erfasste. Die Läden knirschten und knarrten, beulten sich aus wie eine dünne Haut als Holz, ehe sie dem Druck nachgaben und aussahen wie eine riesige Schweinsblase, die ein Sturmgott zur Freude seiner Kinder aufblies. Und dann flogen die Läden mit einem lauten Krachen auf und knallten gegen die Wände. Gwyn zuckte zusammen, und ihre Hände krallten sich in die Felldecken, die sie vor der Brust zusammenhielt.
    »Bleibt ganz ruhig«, sagte Pagan leise.
    Er bewegte sich mit der Leichtigkeit eines Tänzers, als er die Kammer durchquerte.
    Er verschwand in der Dunkelheit und tauchte wieder daraus auf, als Blitze den Himmel zerrissen und das Zimmer taghell erleuchteten. Auf jeden grell blendenden Blitz folgte dröhnendes Donnergrollen. Der Gewittersturm hatte sich über dem Gasthaus festgesetzt.
    Der Sturm zerrte an Pagans Hemd und presste es gegen seinen Körper, als er das Fenster erreichte. Für einen Augenblick blieb er reglos stehen und starrte nach draußen. Kein geöltes Pergament schützte die Öffnung, es gab nur die hin-und her-schlagenden Holzläden, die den Bewohnern Schutz boten. Gwyn beobachtete Pagans Gesicht, das von den Blitzen beleuchtet wurde. Ihre Gedanken rasten. Lieber Gott, sie war nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Das Einzige, was sie sich im Moment wünschte, war, ihn wieder zu küssen.
    »Ich bin schon oft bei Sturm geritten«, sagte sie und starrte auf seinen Rücken.
    Er wandte sich ihr halb zu. »Geritten? In einem Sturm wie diesem?«
    Sie lächelte. »Vielleicht waren sie nicht ganz so schlimm wie dieser. Ich bin auf Windstalker geritten. So heißt mein Pferd.«
    »Ein schöner Name«, erwiderte er und wandte sich ab, die Fensterläden zu schließen. Dann ließ er den Blick suchend über die verstreut am Boden liegenden Kleidungsstücke gleiten. Schließlich griff er nach einem Handtuch , das auf einem Hocker lag, und klemmte es als zusätzlichen Schutz in die oberen Ecken der Fensterläden. Es blähte sich, als der Wind durch die Ritzen der Holzläden pfiff.
    »Ihr habt auch ein gutes Pferd«, sagte sie. »Noir.«
    »Das beste«, erwiderte er ruhig. »Ich hatte aber noch ein anderes - früher, als Junge.«
    »Die Pferde, die wir als Kind haben, sind immer die besten.« Sie richtete sich auf.
    »Ich habe Wind geschenkt bekommen, als ich acht Jahre alt war. Er war noch ein Fohlen, und ich habe ihn aufgezogen. Mein Vater hat gesagt, ich sei zu jung für ein eigenes Pferd, aber Mama hat ihn überredet. Sie hat gewusst, wie ich mich gefühlt habe. Sie hat mich immer verst...« Gwyn verstummte und schluckte hart. »Ich habe jede freie Minute bei Wind verbracht. Ich kann mich an nichts von dem erinnern, was in den beiden darauf folgenden Jahren alles geschehen ist. Außer an Windstalker.«
    »Meines hieß Rebell. Eine Zeitlang gab es für mich kaum etwas anderes.«
    Sie nickte und lächelte, weil sie ihn so gut verstand. »Wind ist jetzt zwölf, er ist also im besten Alter.« Ihre Bemerkung ließ wiederum ihn lächeln. Sie erwiderte sein Lächeln und freute sich, dass er nicht mehr so grimmig war. »Ich reite ihn, so oft es geht. Er ist mir der beste Gefährte. Und Ihr - reitet Ihr Euren Rebell noch oft?«
    Ein Schatten huschte über Griffyns Gesicht. »Er starb, bevor er ein Jahr alt wurde.
    Bei einem Stallbrand.«
    Sie wurde ernst. »Das tut mir leid. Wann ist das passiert?«
    »Ich war acht.«
    »Acht«, wiederholte sie. Ein schrecklicher Verlust, zumindest kam es ihr so vor. Dass ein Mann, der so stark und mächtig war wie Pagan, den Verlust eines geliebten Pferds auch nach so langer Zeit noch bedauerte, sagte ihr viel über ihn. Darüber, dass sie ihm vertrauen konnte.
    Wie kam es nur, dass sie nach nur einer Nacht, nach nur einem vertrauensvollen Gespräch mehr über diesen Mann

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