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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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unberechenbaren Verhalten in den Monaten vor ihrem Tod gemunkelt und über die mysteriösen Umstände des tödlichen Unfalles spekuliert.
    Wie immer hätte Cara nicht recht sagen können, warum sie den Artikel überhaupt las. Meist versuchte sie ihre Mutter aus ihrer Erinnerung zu verbannen. Aber im Hinterkopf spürte sie immer noch ein unerklärliches Interesse an der Frau, die sie damals mutterseelenallein gelassen hatte, und dieses Interesse musste von Zeit zu Zeit befriedigt werden. Im Waisenhaus hatte sie bei den samstäglichen Ausflügen ins Kino hin und wieder einen Film mit ihrer Mutter ansehen müssen. Besonders berührt hatte sie das nie. Im Gegenteil, sie hatte sich immer eigenartig losgelöst gefühlt – so als hätte die glamouröse Erscheinung auf der Leinwand nicht das Geringste mit ihr zu tun. Selbst jetzt ging sie hin und wieder ins Kino, wenn ein alter Film mit Frances Fitzgerald gezeigt wurde – aber grundsätzlich allein. Sie erzählte niemandem von ihren Ausflügen, nicht einmal Danny. Sie war nicht sicher, ob er sie verstehen würde. Ehrlich gesagt war sie nicht einmal sicher, ob sie selbst sich verstand. Vielleicht war dies die einzige Möglichkeit, sich mit jener Mutter verbunden zu fühlen, die sie damals im Stich gelassen hatte.
    Cara klappte die Zeitschrift zu und ließ sie auf den Boden fallen. Das reichte. Sie wollte sich von der Erinnerung an ihre Mutter nicht den Tag verderben lassen. Sie hatte den ganzen Vormittag mit Einkaufen verbracht, und nun lag sie auf ihrer neuen weißen Ledercouch, wo ihr die Nachmittagssonne das Gesicht wärmte, und merkte, wie sie allmählich schläfrig wurde. Sie fragte sich, ob ihr noch Zeit für ein Nickerchen blieb, bevor sie mit Danny abends ausging …

Kapitel 43
    1967
    »Verzeihung, Sir?«
    Danny hob den Kopf und sah, dass Nina, eine der Cocktailkellnerinnen im Eclipse, ihn anlächelte. Sie hatte erst vor einer Woche im Club angefangen, aber schon tiefen Eindruck hinterlassen, vor allem, weil sie wie das archetypische Playboy- Model gebaut war. Für Mädchen wie sie war die Korsettuniform des Clubs entworfen worden.
    Sie beugte sich vor und gewährte ihm dabei einen tiefen Einblick in ihren Ausschnitt. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?« Ihre Stimme klang rauchig und einladend.
    Danny lehnte sich in die Couch zurück und sonnte sich in der Aufmerksamkeit der vorwitzigen Blondine. »Mein Glas ist schon voll. Was schwebt dir denn sonst noch vor?«
    Nina ließ die falschen Wimpern flattern. »Also, Ronan sagt immer, wir sollen uns auf alle Wünsche unserer Kunden einstellen.«
    »Ach wirklich?«, knurrte Danny.
    Sie grinsten einander an und tauschten einen vielsagenden Blick.
    »Du stehst mir im Weg«, unterbrach sie eine wütende Stimme.
    Danny und Nina drehten sich zu Cara um, die beide wütend anstarrte. In ihrem kurzen altweißen Spitzenkleid und den flachen Ballerinas wirkte sie groß und gertenschlank, langbeinig und lässig elegant, wie das genaue Gegenteil von Nina in ihrem aufreizenden Pin-up-Aufzug.
    »Entschuldigung.« Nina hatte zumindest den Anstand, rot zu werden, als Dannys Freundin sie zur Rede stellte. Sie nahm ihr Tablett und huschte davon.
    Cara setzte sich wieder, nahm einen Schluck Champagner und fragte erst dann: »Und was war das eben?«
    Danny zuckte mit den Achseln. »Nichts.«
    »Das sah mir aber nicht nach nichts aus.« Sie klang erstaunlich ruhig, trotzdem hörte Danny ihre Anspannung.
    »Ich kann doch nichts dafür, wenn das arme Ding dauernd angelaufen kommt.« Seine Laune verschlechterte sich. Man hielt ihn hier eben für eine Persönlichkeit, und Frauen mochten so etwas. Manchmal fiel es ihm schwer, nein zu sagen. Aber er wollte Cara nicht weh tun; er liebte sie und nur sie allein. Darum beugte er sich zu ihr, legte den Arm um seine Freundin und zog sie an seine Seite. »Komm schon, Kleines. Sei nicht gleich sauer. Du weißt, dass du die Einzige für mich bist.«
    Cara schaute ihn lange an und beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    »Okay.« Sie setzte ein Lächeln auf, um den Abend zu retten, doch zuinnerst war sie nicht überzeugt. Sie war nur kurz auf dem Klo gewesen und hatte bei ihrer Rückkehr sehen müssen, wie Danny mit einer anderen schäkerte. In letzter Zeit hatte sie das allzu oft erlebt. Sie glaubte nicht, dass Danny sie schon betrogen hatte, aber so, wie sie es sah, war das nur eine Frage der Zeit.
    Inzwischen war ein Jahr vergangen, seit sie ihren Job im Club aufgegeben hatte, und anfangs

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