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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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können, den Inka-Würfel zurückzubekommen, oder waren sie seine Feinde, wie Helena glaubte? Die Kriegerinnen hatten zweifellos die Aufgabe, den Würfel zu hüten, das hatte Aclla gesagt. Und offenbar hatten sie darin versagt, weil eine der ihren – Acllas Schwester – das Geheimnis an Corsell Santillana verraten hatte. Und jetzt war er tot, hing gekreuzigt an der Kathedrale. Wilson musste unwillkürlich an die schwarze Zunge denken.
    Plötzlich öffnete sich der dichte Wald, und Wilson gelangte auf einen Pfad, der ins Unterholz getreten worden war. Regenwasser strömte darauf entlang und ins Tal. Wenn es einen Weg nach oben gab, dann musste es dieser sein. Wilson wischte sich die Tropfen von den Augen, zog die Riemen seines Ranzens stramm und steckte sich das Messer so an den Gürtel, dass er es schnell ziehen konnte. So begann er seinen Aufstieg zu der verborgenen Festung Pitcos.
    »Hoffentlich weißt du, was du tust«, murmelte er.
    Er näherte sich einigen Stufen, die in den Granit gehauen worden waren, um ein sehr steiles Stück passierbar zu machen. Wilson hatte keine Ahnung, was noch auf ihn zukam. Doch wenn er den Würfel zurückerlangen wollte, musste er von den Frauen, die ihn fünfhundert Jahre lang gehütet hatten, Informationen einholen. Wenn die ihn töten wollten, würde er sich auf seine Fähigkeit verlassen müssen, sich selbst zu retten. Doch Vorsicht war auf jeden Fall angebracht, denn nicht einmal er würde einen Sturz in zwölfhundert Meter Tiefe überleben. Und er würde denselben Weg zurück nehmen müssen.
    Der Pfad stieg in Serpentinen den Berghang hinauf und nutzte zahlreiche Bruchflächen des Granits, von denen manche nicht mehr als dreißig Zentimeter breit waren. Es war beängstigend, und Wilson dachte, dass ein schneller Abstieg unmöglich war, zumal wenn es so schüttete wie jetzt. In dem Fall gäbe es keine Fluchtmöglichkeit. Darum überlegte er, wie er die Amazonen von seinen friedlichen Absichten überzeugen könnte. Er hatte nur einen Vorteil auf seiner Seite, nämlich dass er allein und ohne Bingham unterwegs war. Alles andere sprach gegen ihn. Wenn sie ihn umzingelten, blieb ihm nichts anderes, als die Arme über den Kopf zu heben, sich in den Staub zu werfen und ihrer Gnade auszuliefern. Das wäre das Beste, was er tun konnte, falls sie ihn in großer Zahl stellten.
    Je höher er kam, desto schlimmer wurde das Wetter. Der Wind war so stark, dass Wilson manchmal selbst das Stehen Probleme bereitete. Hinzu kam, dass er ständig den Regen wegblinzeln musste. Es war unglaublich, dass überhaupt jemand hier oben leben wollte, wo man den Elementen schutzlos ausgeliefert war – selbst jetzt im Sommer. Im Winter gab es sicherlich furchtbare Schneestürme, und der Weg war vereist und unpassierbar.
    Während Wilson sich Stück für Stück auf dem schmalen Felssims entlangbewegte und sich dabei immer wieder mit den Fingernägeln am Granit festhielt, überschlug er, wie hoch er schon gekommen war. Er wusste es nicht genau, aber da er schon seit über einer Stunde kletterte, konnte es nicht mehr lange dauern, bis er das Tor von Pitcos erreichte.
    Endlich wurde der Pfad eben und endete an einem Spalt in der Granitwand von knapp einem Meter Breite. Das war sicherlich der Eingang von Pitcos, dahinter musste die Festung liegen. Müde und nass bis auf die Haut stand Wilson davor und fragte sich, ob die Sonnenjungfrauen seine Ankunft schon bemerkt hatten. Bei allem, was er bisher mit ihnen erlebt hatte, musste er annehmen, dass sie auf sich und ihre Burg aufpassen konnten. Sie wussten, dass er da war, und auch, dass er allein war.
    Durch den breiten Spalt im Gestein war ein freier Platz zu sehen. Instinktiv ging Wilson in die Hocke und legte die kalten Hände an den Fels, während er überlegte, ob er einfach reingehen oder lieber versuchen sollte, sich auf der anderen Seite des Gipfels heimlich über eine Mauer zu schleichen. Es sah nicht schwierig aus, darüberzuklettern. Wenn er diese Stadt verteidigen müsste, würde er die Wachen wahrscheinlich auf diesen Felsen postieren. Wer durch den Spalt eindringen wollte, durch den er jetzt spähte, war ein Selbstmordkandidat oder zumindest vollkommen wehrlos.
    Und wie würde jemand mit friedlicher Absicht die Stadt betreten?, überlegte er.
    Er stand auf, straffte die Schultern und betrat den Felsspalt, den Eingang in die Festungsstadt Pitcos. Von allem, was er in seinem Leben schon getan hatte, schien ihm dies plötzlich die größte Dummheit zu

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