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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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nicht weiter als bis zum Rand der
    Lichtung.«
    »Wir waren dazu auserkoren«, sagte Professor Challenger
    mit merkwürdig feierlicher Stimme, »eben eine prähistorische
    Tragödie mit anzuhören. Ein Trauerspiel, wie es sich am Ufer
    einer Tränke im Jurazeitalter abgespielt haben mag, in dessen
    Verlauf der größere Drachen den schwächeren abgewürgt
    hat. Der Mensch kann Gott danken, daß er erst am Ende der
    Schöpfungsgeschichte auf der Bildfläche erschienen ist. In der
    Urzeit waren Mächte am Werk, gegen die er mit seinem Mut
    und seinem Erfindungsgeist machtlos gewesen wäre. Was
    hätten seine Schleuder, sein Speer oder sein Pfeil gegen Kräfte
    ausrichten können, wie sie eben gewütet haben? Selbst mit
    einem modernen Gewehr ist man gegen derartige Monster
    nicht gefeit.«
    »Da tun Sie aber meinem Freund hier unrecht«, sagte Lord
    John und strich liebevoll über den Lauf seiner
    Elefantenbüchse.
    Professor Summerlee hob die Hand.
    »Ps-sst!« zischte er.
    Aus der Stille erklang ein schweres, gleichmäßiges
    Stampfen. Es war der Schritt irgendeines Tieres – der
    Rhythmus weicher, aber schwerer Sohlen, die vorsichtig
    auftraten. Langsam schlich es um unser Lager herum und blieb
    dann nahe beim Eingang stehen. Wir hörten ein leises, an- und
    abschwellendes Zischen, den Atem dieser Kreatur. Nur die
    schwache Hecke trennte uns von diesem schrecklichen
    Nachtgespenst. Wir alle hatten unsere Gewehre gepackt. Lord
    John bohrte ein Guckloch in die Hecke und spähte hindurch.
    »Großer Gott!« flüsterte er. »Ich glaube, ich kann es
    sehen!«
    Ich beugte mich vor und blickte über seine Schulter. Ja, da
    war es. Von den düsteren Baumschatten hob sich eine dunkle
    Masse ab, schwarz, nur angedeutet und unbestimmt – eine
    geduckte Gestalt, nicht höher als ein Pferd, aber die
    undeutlichen Umrisse verrieten Massigkeit und Kraft. Dieser
    fauchende Atem, so regelmäßig und voluminös wie der Dampf
    einer Lokomotive, sprach für einen ungeheuren Organismus.
    Einmal meinte ich, zwei grünliche Augen glitzern zu sehen. Ich
    vernahm ein unheimliches Rascheln, als ob das Tier langsam
    vorwärtskröche.
    »Ich glaube, es will springen!« sagte ich und lud mein
    Gewehr durch.
    »Nicht schießen! Nicht schießen!« flüsterte Lord John. »Ein
    Gewehrschuß ist in dieser stillen Nacht meilenweit zu hören.
    Nur in äußerster Not.«
    »Wenn es über die Hecke kommt, sind wir erledigt«, sagte
    Summerlee und brach in ein nervöses gackerndes Lachen
    aus.
    »Trotzdem – nicht schießen«, sagte Lord John. »Mal sehen,
    was sich da machen läßt.«
    Nie habe ich einen Menschen eine so tapfere Tat vollbringen
    sehen. Er ging zum Feuer, bückte sich und zog einen brennenden
    Ast heraus, schlüpfte in Sekundenschnelle durch die
    Schießscharte in unserer Eingangstür. Das Tier bewegte sich
    mit einem schrecklichen Knurren auf ihn zu. Lord John
    zögerte nicht einen Augenblick, rannte schnell und leichtfüßig
    der Bestie entgegen und stieß ihr das flammende Holz ins
    Gesicht. Für einen Moment erblickte ich eine entsetzliche
    Fratze, wie von einer riesigen Kröte, warzige, schuppige Haut
    und ein weit offenes Maul, über und über mit frischem Blut
    beschmiert. Im nächsten Augenblick krachte es im Unterholz,
    und der furchtbare Besucher war verschwunden.
    »Ich habe mir gedacht, daß er das Feuer nicht mag«, sagte
    Lord John lachend, als er zurückkam und den Ast ins Feuer
    warf.
    »Sie hätten sich nicht in solche Gefahr begeben dürfen«,
    riefen wir.
    »Es war die einzige Möglichkeit. Wenn das Untier hier
    hereingekommen wäre, hätten wir uns beim Versuch, es zur
    Strecke zu bringen, nur gegenseitig über den Haufen
    geschossen. Und wenn wir durch die Hecke auf das Vieh
    geschossen und es verwundet hätten, wäre es erst recht über
    uns hergefallen. Außerdem hätten wir uns durch eine
    Schießerei verraten. Wir können froh sein, daß wir so
    glimpflich davongekommen sind. Wie heißt das Biest
    eigentlich?«
    Unsere Gelehrten sahen sich etwas unschlüssig an.
    »Ich persönlich sehe mich außerstande, diese Kreatur mit
    Sicherheit zu klassifizieren«, sagte Summerlee und zündete
    sich seine Pfeife am Feuer an.
    »Mit Ihrer Vorsicht, sich festzulegen, beweisen Sie
    angemessene
    wissenschaftliche
    Zurückhaltung«,
    sagte
    Challenger. »Ich für meine Person will vorerst ganz allgemein
    feststellen, daß wir es mit großer Wahrscheinlichkeit mit
    irgendeiner Art von fleischfressendem Dinosaurier zu

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