Die Vergessene Welt
Gladys-See
berichten. Ich konnte bezeugen, daß er voller seltsamer
Lebewesen war. Auch hatte ich urzeitliche Geschöpfe
gesehen, denen wir bisher noch nicht begegnet waren.
Ich stapfte den Abhang hinauf und hatte schon etwa den
halben Weg zum Lager zurückgelegt, als meine Gedanken durch
ein sonderbares Geräusch hinter mir wieder in die Wirklichkeit
zurückgeholt wurden. Es klang wie ein Schnarchen oder
Grollen, tief und überaus bedrohlich. Irgendeine absonderliche
Kreatur befand sich offenbar ganz in meiner Nähe, es war aber
nichts zu sehen, und so beeilte ich mich, weiterzukommen. Ich
hatte ungefähr eine halbe Meile zurückgelegt, als das Geräusch
sich plötzlich wiederholte, immer noch hinter mir, aber viel
lauter und noch bedrohlicher als vorher. Bei dem Gedanken,
daß die Bestie hinter mir her sein könnte, stand mir schier das
Herz still. Es überlief mich kalt, und die Haare sträubten sich
mir bei dieser Überlegung. Daß sich diese Ungeheuer
gegenseitig in Stücke rissen, erschien im Rahmen ihres
Daseinskampfes nicht verwunderlich; aber daß sie sich auch
gegen mich wenden könnten, diese Vorstellung war einfach
ungeheuerlich. Wieder fiel mir die blutbeschmierte Fratze ein,
die wir im Schein von Lord Johns Fackel erblickt hatten, gleich
einer Vision aus Dantes Inferno.
Mit schlotternden Knien blieb ich stehen und starrte den
mondbeschienenen Pfad hinter mir entlang. Alles war still wie
in einer Traumlandschaft, silbrige Lichtungen und die
schwarzen Flecke der Büsche waren alles, was ich sah. Doch
dann plötzlich wieder das tiefe, kehlige Krächzen, jetzt noch
lauter und näher als zuvor. Es gab keinen Zweifel mehr. Irgend
etwas war hinter mir her und kam mit jeder Minute näher.
Ich stand wie gelähmt und spähte immer noch durch das
Gelände, das ich durchquert hatte. Und dann sah ich es
plötzlich! Das Gebüsch auf der gegenüberliegenden Seite der
Lichtung geriet in Bewegung. Ein großer, dunkler Schatten
tauchte daraus hervor und hüpfte heraus ins helle Mondlicht.
Ich sagte bewußt ›hüpfte‹, denn das Ungeheuer bewegte sich
wie ein Känguruh und sprang in aufrechter Haltung auf seinen
kräftigen Hinterbeinen vorwärts, wobei die Vorderbeine vor
der Brust angewinkelt waren. Es war größer als ein
ausgewachsener Elefant. Trotz seiner ungeheuren Massigkeit
waren seine Bewegungen jedoch außerordentlich behende. Im
ersten noch hoffnungsvollen Moment glaubte ich, es sei ein
Iguanodon, eines jener abgrundhäßlichen, aber harmlosen
Tiere.
Aber das war nicht der sanfte, rehartige Kopf des großen,
dreizehigen Blattfressers, sondern ein breites, gedrungenes,
krötenartiges Gesicht. Das grausige Schreien und die
unbändige Energie seiner Verfolgung gaben mir vollends die
Gewißheit, daß es sich hier um einen der großen
fleischfressenden Dinosaurier handeln mußte, um eine jener
schrecklichsten Bestien, die es je auf Erden gegeben hat. Mitten
in seinem leichtfüßigen Vorwärtsspringen ließ sich das Untier
alle zwanzig Meter auf die Vorderpfoten nieder und
schnupperte am Boden. Es schnüffelte meiner Spur nach.
Manchmal verlor es sie für ein paar Sekunden. Dann fand es
sie aber wieder und sprang in riesigen Sätzen weiter.
Der Angstschweiß stand mir auf der Stirn. Was sollte ich
tun? Meine Vogelflinte nützte mir wenig. Ich sah mich
verzweifelt nach einem Felsen oder Baum um, aber ich befand
mich ausgerechnet in einem mit Buschwerk bewachsenen
Gelände, wo nichts Höheres zu sehen war. Außerdem wußte
ich, daß die Bestie einen ausgewachsenen Baum wie einen
Strohhalm umreißen konnte. Meine einzige Chance lag in der
Flucht. Auf dem unebenen, rissigen Boden kam ich nicht schnell
vorwärts. Ich sah mich voller Verzweiflung um und entdeckte
einen hartgetretenen Pfad, der den Bach kreuzte. Auf unseren
Erkundungen hatten wir schon mehrere solcher Wildwechsel
angetroffen. Dort konnte ich vielleicht meinen Vorsprung
halten. Ich bin ein guter Läufer und war in ausgezeichneter
Form.
Ich warf die wertlose Flinte fort und rannte um mein Leben.
Mein Glieder schmerzten, mein Atem ging keuchend, meine
Kehle brannte, aber ich rannte weiter, dieses Schreckgespenst
im Nacken.
Schließlich mußte ich anhalten, kaum mehr fähig, mich auf
den Beinen zu halten. Für einen Augenblick dachte ich schon,
ich hätte das Ungeheuer abgeschüttelt. Ruhig lag der Pfad da.
Und dann war plötzlich mit Krachen und Splittern, mit dem
Getrappel
Weitere Kostenlose Bücher