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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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kein
    Gehirn besaß und sich demzufolge nur durch seine Instinkte
    leiten ließ, mußte das Ungeheuer, das mich verfolgt hatte, seine
    Jagd in dem Moment aufgegeben haben, da seine Beute im
    wahrsten Sinne des Wortes spurlos verschwunden war.
    Nach diesen Überlegungen wagte ich es schließlich, bis an
    den Rand der Grube hinaufzuklettern und darüber
    hinwegzuspähen. Die Sterne waren am Verblassen, der
    Himmel wurde bereits heller, und ein kühler Morgenwind blies
    mir ins Gesicht. Von meinem Feind war nichts zu hören und
    zu sehen.
    Ich kletterte vollends aus der Grube und hockte mich
    daneben auf den Boden, bis ich den Mut aufbrachte, mich über
    den Pfad zurückzustehlen. Ich fand sogar das Gewehr wieder,
    das ich weggeworfen hatte, hob es auf und stieß schließlich auf
    den Bach, der mir die Richtung zum Lager anzeigte.
    Und so machte ich mich auf den Heimweg, wobei ich
    tausendmal ängstlich über die Schulter blickte.
    Plötzlich vernahm ich etwas, das mich an meine fernen
    Gefährten mahnte. Von weither erscholl durch die klare, stille
    Morgenluft der scharfe, peitschende Ton eines einzelnen
    Gewehrschusses. Ich blieb stehen und lauschte, aber es folgte
    nichts weiter. Einen Moment lang erschreckte mich der
    Gedanke, irgendeine akute Gefahr könnte über meine Freunde
    hereingebrochen sein, aber dann fiel mir eine einfachere und
    natürlichere Erklärung ein. Es war schon heller Tag. Sie hatten
    nun ohne Zweifel meine Abwesenheit bemerkt, nahmen an, daß
    ich mich im Wald verirrt hätte, und hatten diesen Schuß
    abgefeuert, um mir die Richtung zu weisen. Wir hatten uns
    zwar strikt gegen jedes Schießen entschieden, wenn sie jedoch
    glaubten, daß ich in Lebensgefahr schwebte, würden sie nicht
    zögern. Ich mußte also so schnell wie möglich zurück und sie
    beruhigen.
    Ich war müde und erschöpft, und so kam ich nicht so rasch
    voran, wie ich gern wollte. Aber endlich gelangte ich in
    bekannte Gefilde. Zu meiner Linken lag der Sumpf der
    Pterodactylen, vor mir war die Iguanodon-Wiese. Wenig später
    war ich im letzten Waldgürtel, der mich von Fort Challenger
    trennte. Mit lauter Stimme rief ich meine Gefährten, um ihre
    Befürchtungen zu zerstreuen. Keine Antwort kam. Diese Stille
    schien mir nichts Gutes zu verheißen. Ich beschleunigte meine
    Schritte und rannte das letzte Stück. Die Schutzhecke erhob sich
    vor mir genau so, wie ich sie verlassen hatte, aber das Tor stand
    offen. Ich stürzte hinein. Ein furchtbarer Anblick bot sich mir
    im kalten Morgenlicht. Unsere Ausrüstung lag in wüstem
    Durcheinander über den Boden verstreut. Meine Kameraden
    waren verschwunden, und neben der verglühenden Asche
    unseres Feuers war das Gras rot gefärbt von einer scheußlichen
    Blutlache.

    Von diesem plötzlichen Schock war ich so betäubt, daß ich
    für kurze Zeit ganz von Sinnen gewesen sein muß. Wie man
    sich auf einen bösen Traum besinnt, erinnere ich mich dunkel,
    daß ich planlos um das verlassene Lager herum durch den
    Wald irrte und immer wieder laut nach meinen Kameraden rief.
    Die schweigenden Schatten aber gaben keine Antwort. Der
    schreckliche Gedanke, daß ich sie nie wiedersehen würde und
    von jetzt an allein und verlassen an diesem entsetzlichen Ort
    wäre, ohne Aussicht, je wieder in die Außenwelt zu gelangen,
    trieb mich zur Verzweiflung. Ich hätte mir die Haare ausreißen
    und mit dem Kopf gegen die Bäume rennen mögen. Jetzt erst
    begriff ich, wie sehr ich mich auf meine Gefährten verlassen
    hatte – auf Challengers unerschütterliches Selbstvertrauen und
    auf Lord Johns überlegene, humorvolle Kühle. Ohne sie war ich
    wie ein Kind im Dunkeln, hilflos und ohnmächtig. Ich wußte
    nicht, wohin ich mich wenden oder was ich zuerst tun sollte.
    Nachdem ich geraume Zeit in Verwirrung dagesessen hatte,
    machte ich mich daran, zu untersuchen, was für ein
    unverhofftes Mißgeschick meine Gefährten ereilt haben
    mochte. Der Zustand des Lagers sprach dafür, daß sie
    angegriffen worden waren, und der Gewehrschuß gab den
    Zeitpunkt an. Da nur ein einziger Schuß gefallen war, mußte
    man annehmen, daß alles in Sekundenschnelle vorüber
    gewesen war. Die Gewehre lagen noch am Boden, und eines
    davon – das von Lord John – enthielt eine leere Patronenhülse.
    Challengers und Summerlees Decken neben dem Feuer
    sprachen dafür, daß sie zur Zeit des Angriffs noch geschlafen
    hatten. Die Kisten mit Munition und Lebensmitteln sowie
    unsere Kameras und Plattenkästen lagen im wüsten

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