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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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die ich
    für Höhlenöffnungen hielt. Als ich nun zu diesen Klippen
    hinaufblickte, sah ich dort überall Lichtkreise, scharf begrenzte,
    rötliche Flecken, die wie erleuchtete Bullaugen eines Dampfers
    bei Nacht wirkten. Im ersten Moment dachte ich an glühende
    Lava, doch dann war mir sofort klar, daß sich jede Art von
    vulkanischer Tätigkeit in einem Krater und nicht an seinen
    Rändern abspielt. Was also dann? Es schien unmöglich und
    dennoch konnte es nicht anders sein: Diese rötlichen Flecken
    waren der Widerschein von Feuern, die in den Höhlen brannten
    – von Feuern, die von Menschenhand entzündet sein mußten.
    Demnach gab es also doch Menschen auf dem Plateau, und
    damit war mein Erkundungsgang gerechtfertigt!
    Ich lag lange auf dem Lavabrocken und beobachtete die
    roten, flackernden Lichtkreise, die an die zehn Meilen von mir
    entfernt waren. Nach einer Weile war mein Blick sogar so
    konzentriert, daß ich es erkennen konnte, wenn jemand vor
    dem Widerschein eines Feuers vorbeiging.
    Was hätte ich darum gegeben, wenn ich zu diesen Höhlen
    hinaufschleichen, hineinspähen und den anderen am Morgen
    hätte berichten können, wie die Lebewesen aussahen, die dort
    oben hausten. Im Moment war daran jedoch nicht zu denken,
    aber Maple-White-Land zu verlassen, ohne sich in diesem
    Punkt Gewißheit verschafft zu haben, daran war erst recht
    nicht zu denken.
    Der Gladys-See – mein See – lag vor mir wie Quecksilber,
    das Spiegelbild des Mondes leuchtete hell aus seiner Mitte. Er
    war flach, an vielen Stellen sah ich niedrige Sandbänke aus dem
    Wasser ragen. Überall auf seiner Oberfläche bemerkte ich
    Lebenszeichen, manchmal nur Ringe und kleine Wellen im
    Wasser, manchmal glitzernd einen großen Fisch mit silbernen
    Flanken durch die Luft schnellend, und zuweilen tauchte der
    gewölbte, schieferfarbene Rücken eines schwimmenden
    Ungeheuers auf. Einmal sah ich auf der gelben Sandbank ein
    Tier, das wie ein riesiger Schwan aussah, mit plumpem Körper
    und langem, biegsamem Hals. Nach einem Moment glitt es
    schon wieder ins Wasser, tauchte unter und war nicht mehr
    zu sehen.
    Bald wurde meine Aufmerksamkeit von diesen fernen
    Erscheinungen abgelenkt und wandte sich dem zu, was sich
    direkt zu meinen Füßen abspielte. Zwei Wesen, die riesigen
    Gürteltieren glichen, waren zur Tränke herabgekommen und
    hockten am Ufer. Ihre langen, geschmeidigen Zungen
    bewegten sich beim Trinken wie rote Bänder. Ein riesenhafter
    Hirsch mit weit verzweigtem Geweih, ein prachtvolles Tier
    von königlicher Haltung, kam mit einer Hirschkuh und zwei
    Kitzen und trank neben den Gürteltieren. Es war ein
    Prachtexemplar von einem Hirsch. Unsere europäischen Elche
    hätten ihm nicht einmal bis zum Blatt gereicht. Er stieß
    plötzlich einen kehligen, warnenden Schrei aus und
    verschwand mit seiner Familie im Schilf. Auch die Gürteltiere
    flohen. Ein Neuankömmling, ein ganz ungeheuerliches Tier,
    stapfte den Pfad herab.
    Einen Augenblick überlegte ich, wo ich dieses abscheuliche
    Untier schon gesehen haben könnte, diesen gewölbten, mit
    dreieckigen Platten besetzten Rücken und diesen seltsamen,
    vogelartigen Kopf, der sich dicht über dem Boden dahinschob.
    Dann fiel es mir wieder ein. Das war der Stegosaurus – die
    gleiche Kreatur, die Maple White in seinem Skizzenbuch
    festgehalten und die Challengers Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Da stand er – vielleicht sogar derselbe, der dem Amerikaner
    begegnet war. Die Erde erzitterte unter seinem unheimlichen
    Gewicht, und sein geräuschvolles Saufen tönte weit in die stille
    Nacht hinein. Fünf Minuten lang stand er so dicht neben
    meinem Felsen, daß ich die scheußlichen, wackelnden Kämme
    auf seinem Rücken beinahe mit der ausgestreckten Hand hätte
    berühren können. Dann schwankte er davon und verschwand
    hinter den Felsen.
    Ich blickte auf die Uhr und stellte fest, daß es schon halb
    drei war und damit höchste Zeit für mich, den Rückzug
    anzutreten. Die Orientierung bereitete keine Schwierigkeiten,
    denn auf meinem Hinweg hatte ich den kleinen Bach immer zu
    meiner Linken gehabt, und dieser mündete keinen Steinwurf
    von meinem Lavablock entfernt in den See. Ich machte mich
    also auf den Weg, zufrieden, daß ich den anderen tolle
    Neuigkeiten berichten konnte. Das wichtigste war natürlich
    die Entdeckung der erleuchteten Höhlen und die Gewißheit,
    daß sie von Menschen bewohnt wurden. Aber darüber hinaus
    konnte ich aus eigener Anschauung über den

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