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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Haufen
    durcheinander, aber nichts davon fehlte. Lediglich die
    unverpackten Nahrungsmittel – und ich erinnerte mich, daß
    wir eine ganze Menge davon hatten – waren verschwunden. Es
    mußten also Tiere gewesen sein, keine Menschen.
    Wo aber waren meine Kameraden? Wenn sie von wilden
    Tieren zerrissen worden waren, dann hätten Überreste und nicht
    nur eine Blutlache vorhanden sein müssen. Ein Ungeheuer wie
    jenes, das mich in der Nacht verfolgt hatte, konnte mit
    Sicherheit seine Opfer einfach davontragen. In diesem Falle
    hatten die anderen die Verfolgung aufgenommen, hätten aber
    ganz bestimmt ihre Gewehre mitgenommen. Je länger ich
    mich bemühte, die Zusammenhänge in meinem verwirrten und
    übermüdeten Kopf zu ergründen, desto rätselhafter erschien
    mir alles. Ich suchte den Wald ab, konnte aber keine Spur
    finden.
    Plötzlich kam mir ein Gedanke, der etwas Trost brachte.
    Ich war doch nicht ganz allein auf der Welt. Unten am Fuß der
    Klippen und in Rufweite wartete der treue Zambo. Ich ging zum
    Rand des Plateaus und blickte hinunter. Da hockte er auf seinen
    Decken neben dem Feuer in seinem kleinen Lager. Zu meiner
    Überraschung saß ihm ein zweiter Mann gegenüber. Einen
    Augenblick hüpfte mein Herz vor Freude. Ich dachte schon,
    einer meiner Kameraden wäre heil nach unten gelangt. Aber ein
    zweiter Blick zerstörte diese Hoffnung. Im Schein der
    aufgehenden Sonne leuchtete die Haut des Mannes rötlich
    auf. Er war ein Indianer.
    Ich rief laut und schwenkte mein Taschentuch. Zambo sah
    sofort hoch, winkte mit der Hand und lief zur Felsenzinne. Kurz
    darauf stand er oben nahe bei mir und hörte sich bekümmert
    meine Geschichte an.
    »Bestimmt der Teufel sie alle holen, Mr. Malone«, sagte er.
    »Sie gehen in Teufelsland, und er sie alle holen. Sie auf mich
    hören, Mr. Malone, und kommen schnell runter, sonst er Sie
    auch noch holen.«
    »Aber wie denn?«
    »Sie nehmen Kletterpflanzen von Bäumen und werfen zu
    mir. Ich binden fest an diesen Stumpf, dann Sie haben
    Brücke.«
    »Geht nicht«, rief ich zu Zambo hinüber. »Es gibt hier keine
    Kletterpflanzen, die uns aushallen würden.«
    »Schicken nach Seilen, Mr. Malone. Schicken nach
    Indianerdörfern, viele Lederriemen in Indianerdorf. Indianer
    unten, ihn hinschicken.«
    »Wer ist der Mann?«
    »Einer von unseren Indianern. Die anderen ihn auf den Kopf
    schlagen und nehmen Lohn weg. Er kommen zu uns zurück.
    Jetzt wollen nehmen Brief, bringen Seil – tun alles.«
    Einen Brief abschicken! Warum nicht? Vielleicht konnte er
    Hilfe bringen. Wenn das nicht der Fall war, so war wenigstens
    dafür gesorgt, daß unsere Opfer nicht umsonst waren und die
    Nachricht von unseren Entdeckungen London erreichte. Zwei
    abgeschlossene Briefe hatte ich schon fertig. Ich wollte diesen
    Tag nutzen, noch einen dritten zu schreiben, der meine jüngsten
    Erlebnisse bis zu dieser Stunde enthält.
    Ich wies Zambo an, am Abend wiederzukommen, und
    verbrachte einen trübsinnigen einsamen Tag damit, meine
    Abenteuer seit der vergangenen Nacht niederzuschreiben.
    Außerdem verfaßte ich einen Hilferuf, der an irgendeinen
    weißen Händler oder Dampferkapitän, dem der Indianer
    begegnen mochte, gerichtet war. Ich bat darin, uns Seile zu
    schicken, da unser Leben davon abhinge. Diese Dokumente
    werfe ich Zambo am Abend hinüber, dazu meine Geldbörse
    mit drei Goldstücken. Sie sind für den Indianer bestimmt, und
    ich verspreche ihm doppelt soviel, wenn er mit Stricken
    zurückkommt.
    Sie werden also jetzt verstehen, lieber Mr. McArdle, wie
    diese Botschaft zu Ihnen gelangt, und Sie werden ferner
    wissen, was passiert ist, falls Sie nie wieder etwas von Ihrem
    unglückseligen Korrespondenten hören. Heute abend bin ich zu
    müde und deprimiert, um noch irgendwelche Pläne zu
    schmieden. Morgen muß ich mir eine Möglichkeit einfallen
    lassen, wie ich nach den Spuren meiner unglückseligen Freunde
    suchen kann, ohne die Verbindung mit dem Lager zu
    verlieren.
    #13
    Ein Anblick, den ich nie vergessen werde
    §
    Als an jenem trübseligen Abend die Sonne unterging,
    erblickte ich die einsame Gestalt des Indianers auf der weißen
    Ebene unter mir. Ich beobachtete ihn – unsere einzige schwache
    Hoffnung auf Rettung, bis er in den aufsteigenden
    Abendnebeln verschwunden war.
    Als ich wieder in unser verwüstetes Lager zurückkehrte, war
    es bereits ganz dunkel, und mein letzter Blick galt dem Schein
    von Zambos Feuer, dem einzigen Lichtpunkt in der weiten
    Welt dort

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